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PRESSE/739: Schild(er)-Bürger (DMW)


Der Mittlere Weg - Nr. 1, Januar - April 2009
Zeitschrift des Buddhistischen Bundes Hannover e.V.

Schild(er)-Bürger

Von Axel Rodeck


Sicherlich haben auch Sie es schon oft bei der Durchfahrt durch fremde Ortschaften mit Erstaunen festgestellt: Am Ortseingang machten zwei Blechschilder, einträchtig auf einem gemeinsamen Gerüst montiert, auf evangelischen Gottesdienst und katholische Heilige Messe aufmerksam, unter Angabe der sonntäglichen Veranstaltungszeiten. Es sind wohl Zweifel erlaubt, ob so aus dem Verkehrsstrom einer Bundesstraße gelegentlich der religiösen Einkehr bedürftige Seelen herausgefiltert und ins jeweilige Gotteshaus geleitet werden können. Ortsansässige benötigen solche Tafeln sowieso nicht. Ob der brave Schilderproporz früher mal einen Sinn hatte, sei dahingestellt - heute jedoch im Zeitalter digitaler Informationsmöglichkeiten vergrößert er nur unnötig den Schilderwald. Zeit also, an einen Abbau der religiösen Hinweisschilder zu denken? Keineswegs. Im Gegenteil: Mit deutscher Gründlichkeit geht das "Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung" daran, die Beschilderungen politisch korrekt an die vermeintlichen Bedürfnisse unserer Multikulti-Gesellschaft anzupassen. Die bisherige amtliche Richtlinie, die sich bei der Aufstellung von Hinweisschildern nur auf Veranstaltungen der evangelischen und der katholischen Kirche bezog, wird dahingehend ergänzt, dass sie auch alle sonstigen Kirchen und sonstigen Religionsgemeinschaften umfasst, "soweit diese nicht bekanntermaßen oder erkennbar verfassungsfeindlich sind". Damit, so heißt es, werde den Grundrechten auf Gleichbehandlung und Glaubensfreiheit Rechnung getragen.

Statt den Schilderwald zu lichten, werden ihm also weitere (eventuell juristisch schwer abzugrenzende) Elemente auch für andere Straßen als Bundesstraßen zugefügt. Hierüber könnte man kopfschüttelnd zur Tagesordnung übergehen, wenn nicht buddhistischer Aktivismus zu weiterer Stellungnahme herausforderte. Denn erfreut begrüßte die Deutsche Buddhistische Union (DBU) die neue Regelung, da mit ihr endlich auch für buddhistische Gemeinschaften dem Grundrecht auf Gleichbehandlung und Glaubensfreiheit Rechnung getragen werde.

Die Buddhisten verankern sich im abendländischen Wertesystem - wie schön.

Natürlich wird niemand den Buddhistenvertretern ein unbuddhistisches Habenwollen, gar eine Gier auf Teilnahme an den Vergünstigungen bei der Inanspruchnahme öffentlichen Straßenraums zu Werbezwecken, unterstellen wollen. Doch sei gefragt, ob sie nicht in ihrer Eigenschaft als Bürger und Verkehrsteilnehmer dem Schildbürgerstreich einer Ausweitung religiöser Beschilderungen hätten widersprechen sollen. Nicht mehr, sondern gar keine Schilder hätte die Lösung sein sollen, denn den Religionsgemeinschaften braucht keine Sonderstellung in unserem säkularen Staat eingeräumt zu werden. Wenn keine Religionsgemeinschaft öffentlichen Straßenraum für Hinweiszwecke nutzen darf, ist auch der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt.

Buddhistische Beschilderungen werden sich wohl bundesweit in bescheidenem Rahmen halten. Dagegen wird eine bisher ausgeschlossene monotheistische Religion von der neuen Freiheit sicherlich optimal Gebrauch machen, hat sie doch inzwischen in fast allen Orten ihre Gemeinden und Moscheen.


"Zu viele Schilder lenken ab. Die Autofahrer sind irritiert oder ärgern sich, vor allem, wenn die Schilder nutzlose Informationen enthalten. Ich will, dass es übersichtlicher wird, damit die Fahrer sich mehr auf die Straße konzentrieren."

Verkehrsminister Tiefensee


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Quelle:
Der Mittlere Weg - majjhima-patipada
41. Jahrgang, Januar - April 2009/2553, Nr. 1, Seite 34
Herausgeber: Buddhistischer Bund Hannover e.V.
Drostestr. 8, 30161 Hannover,
Tel. und Fax: 05 11/3 94 17 56
E-mail: info@buddha-hannover.de
Internet: www.buddha-hannover.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Januar 2009