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PRESSE/815: Die Bedeutung von Zazen (Zenshin)


ZENSHIN - Zeitschrift für Zenbuddhismus, Nr. 2/09

Die Bedeutung von Zazen

Von Dorin Genpo Zenji


Immer mehr bemerke ich, wie wichtig Zazen ist. Ohne Zazen gäbe es keinen Buddhismus!

Buddha fand im Hocksitz (im Zazen) zu seinem großen Erwachen. Aus dieser Erfahrung heraus lehrte er die Edlen Vier Wahrheiten und den Edlen Achtfachen Pfad. Buddha Shakyamunis allumfassende Erleuchtung ist die Grundlage für das, was sich heute Buddhismus nennt. Im Laufe der Geschichte haben sich viele verschiedene buddhistische Schulen, Traditionen und Konfessionen entwickelt. Manche Schulen haben sich dabei in Theorie und Praxis sehr weit von den ursprünglichen Lehren entfernt und lehren großteils eigene Schwerpunkte. Es gibt u. a. buddhistische Richtungen, welche Ritual, Zeremonie, Magie und oder Studium betonen und oder sich auf die schriftlichen Aufzeichnungen stützen und oder den Glauben an Buddha verlangen und oder zölibatäres Leben voraussetzen und oder sich auf besondere Worte oder Sutren berufen... usw.

Die Zen-Schulen z.B. legen besonderen Wert auf die Ausübung der Sitzmeditation (Zazen). Dabei sollen Theorie und Praxis im Gleichgewicht sein, sich gegenseitig ergänzen, sowie Weisheit und Mitgefühl entwickelt werden. Der Buddha ist dem Zen-Adepten leuchtendes Vorbild. Denn er ist ein Mensch, der auf der Suche nach der Wahrheit alle Hindernisse überwindet und alles Haften aufgibt. Er ist der Suchende, der nach asketischer Übung die Ursachen ihr das existenzielle Leiden entdeckt. Er ist der Sehende, der den Weg wieder entdeckt, der zum Auslöschen des Leidens führt. Er ist ein Mensch, der zum Buddha erwacht, Satori erfährt und sich deswegen der Welt zuwendet, um allen Wesen die Befreiung vom Leiden zu verkünden.

Wenn wir uns mit den Lehren des Buddha und seiner NachfolgerInnen beschäftigen, können wir entdecken, dass alle buddhistischen Lehrer und Lehrerinnen in ihren Belehrungen ständig die "gleichen Dinge" wiederholen. Es sind dies die Grundlehren des Buddha, die ihr alle buddhistischen Schulen Gültigkeit haben. Die Lehre des Buddha ist zeitlos und allgemein gültig, sie zeigt die Naturgesetze auf und erklärt, wie wir Menschen mit uns und unserer Mitwelt in Harmonie und Glück leben können.

Karma, das Gesetz von Ursache und Wirkung, ist eine Hauptlehre des Buddhismus. Karma ist das universelle Gesetz von Ursache und Wirkung. Karma bedeutet wörtlich übersetzt jedoch: "Handlung/Tat". Karma ist also nicht nur etwas, das wir aus der Vergangenheit mit uns herumtragen, sondern auch etwas, das wir im Hier und Jetzt laufend produzieren und beeinflussen können.

Aufgrund meiner Geistesgifte (Gier, Hass und Ignoranz) erfahre ich Leiden und verursache ich Leiden. Wenn ich das jedoch erkenne und im Hier und Jetzt anfange mich zu ändern, d. h. Gier, Hass und Ignoranz vermindere und im Laufe der Zeit zum Verschwinden bringe, dann ändert sich mein "altes Karma" und auch mein zukünftiges Karma.

Um Selbstwesenschau zu erfahren und Einblick in die Weltzusammenhänge zu erhalten, hat der Buddha alles aufgegeben, hat sich unter den Bodhibaum gesetzt und hat Zazen geübt.

So begann Buddhismus.

Es ist also nicht notwendig, sich mit kulturellem und nichtbuddhistischem Beiwerk anderer Völker und Kulturen den Zugang zu Buddhas Lehre zu erschweren. Es ist sehr hilfreich, sich den Buddha als Vorbild und seine Lehre als Leitlinie zu erwählen. Dann kann es sein, dass man den Edlen Achtfachen Pfad über die Rechte Meditation betritt.

Hakuin Zenji hat uns dazu mit seinem Zazen Wasan einige wichtige Hinweise gegeben:


Hakuin Zenjis Preisgesang des Zazen

Alle Wesen sind im Grunde Buddha
So wie Wasser und Eis
Es gibt kein Eis ohne Wasser
So auch kein Wesen getrennt von Buddha

Nicht wissend, wie nah die Wahrheit suchen die Menschen sie in der Ferne
Welch Jammer!
Sie gleichen denen, die im Wasser stehen und verdurstend nach Wasser schreien
Sie gleichen eines reichen Mannes Sohn der unter den Armen umherirrt

Die Wesen durchwandern endlos die sechs Welten
Da sie verloren sind im Dunkel
Von Unwissenheit und Verblendung

Von Finsternis zu Finsternis wandernd
Wie können sie je frei werden von Geburt und Tod?

Wie Mahayana lehrt
ist das Tor zur Freiheit die Übung von Zazen
Kein Lob kann sein Verdienst erschöpfen
Einhalten der Gebote, Almosengeben und Reue
Rechte Lebensweise, gute Taten und so fort
Anrufung des Buddha-Namens
All das vereint sich im Zazen

Einmal nur im reinen Zazen gesessen
wird schlechtes Karma der Vergangenheit ausgelöscht

Wo sind die Pfade des Übels, die uns verfUhren?
Das Reine Land ist nicht fern

Wer in Demut und Dankbarkeit
Diese Wahrheit hört
Sie ehrt und im Vertrauen befolgt
Erntet endlosen Segen und Glückseligkeit

Kehren wir unsere Augen nach innen
Erleben wir die wahre Natur
Die Wahrheit des Selbstwesens,
Das Selbstwesen, das Nicht-Wesen ist
Erkennen wir dies, überschreiten wir die Grenzen der klugen Worte

Das Tor zur Einheit von Ursache und Wirkung steht offen
Der Weg der Nicht-Zweiheit, Nicht-Dreiheit führt geradeaus

Deine Form ist nun der Nicht-Form Form
Dein Kommen und Gehen geschieht nirgends
Denn da wo du gerade bist, bist du zu Hause

Unser Gedanke ist nun Nicht-Gedankens Gedanke
Unser Tanz und unser Lied ist die Stimme des Dharma

Wie grenzenlos frei ist der Himmel des Samadhi
Wie erfrischend klar der Mond der vierfachen Weisheit

In diesem Augenblick - was mangelt uns?
Nirvana zeigt sich
Dort, wo wir stehen, ist das Land der Reinheit
Dieser Körper ist der Körper Buddhas.


*


Quelle:
ZENSHIN - Zeitschrift für Zenbuddhismus, Nr. 2/09, S. 8-10
Herausgeberin: Hakuin Zen Gemeinschaft Deutschland e.V. (HZG)
Burggasse 15, 86424 Dinkelscherben
Redaktion: Nanshu Susanne Fendler / Bunsetsu Michael Schön
Übelherrgasse 6, 89420 Höchstädt a.d.D.
E-Mail: s-fendler@t-online.de / schoen-bio@gmx.de
Internet: www.shoboji.de

ZENSHIN erscheint halbjährlich.
Einzelheft 7,50 Euro inklusive Versand


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Januar 2010