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PRESSE/915: Hans-Peter Dürr und sein Anliegen (Buddhistische Monatsblätter)


Buddhistische Monatsblätter Nr. 2/2011, Mai - August
Vierteljahreszeitschrift der Buddhistischen Gesellschaft Hamburg e.V.

Hans-Peter Dürr und sein Anliegen

Von Wiebke Jensen


Am 4. Januar 2011 jährte sich der Todestag von Erwin Schrödinger zum fünfzigsten Mal. Ein weiteres Jubiläum im Jahr 2011 ist der 110. Geburtstag von Werner Heisenberg (5. Dezember). Beide Nobelpreisträger zeichneten sich durch ihre Fähigkeit aus, alte Probleme auf bisher ungewohnte Art zu betrachten. Siehe Seite 47 [der Originalausgabe] die Rezension des von Hans-Peter Dürr neu herausgegebenen Sammelbandes durch Jörg Kunze.


Der Buddha pflegte bekanntlich Menschen, die zu ihm kamen, durch die vier "Vorschaltlehren" einzustimmen, bevor er ihnen die Lehre darlegte. Nach dem Geben und der Tugend sprach er von "himmlischen Welten" oder "Götterwelten", was man als die "Gretchenfrage" des Buddhismus' bezeichnen könnte. Materialisten, welche die Existenz von jenseitigen Welten leugneten, waren nicht geeignet, die den Erwachten eigene Lehre von den Vier Edlen Wahrheiten aufzunehmen.

Unter dem Einfluss der mechanistischen, klassischen Naturwissenschaft, die nur gelten lässt, was man zählen, messen und wiegen kann, gibt es in unserer westlichen Welt besonders viele Materialisten, denen der Buddha die dem Erwachten eigene Lehre wohl nicht dargelegt haben würde.

Inzwischen wurde zwar die Physik um die Quantenmechanik erweitert und die Gesetze der klassischen Physik wurden dadurch relativiert, d.h. sie gelten nicht mehr absolut, sondern nur unter einschränkenden Bedingungen. Die Erkenntnisse der Quantenmechanik, später als Quantentheorie bezeichnet, sind aber noch keineswegs in das allgemeine Bewusstsein integriert worden. Das liegt nicht allein daran, dass nur die wenigsten Menschen genügend mathematische Kenntnisse haben, um sie zu verstehen. Professor Hans-Peter Dürr erklärt die Verständnis-Schwierigkeiten auch damit, dass sich unsere Sprache während der Jahrhunderte langen Erfolgsgeschichte der klassischen Mechanik, dank derer wir es so herrlich weit gebracht haben, auf tote Dinge bezieht. So sei Realität (reality) von dem Lateinischen "res" gleich (tote) "Sache" abgeleitet. Das deutsche Wort Wirklichkeit werde dem Geschehen eher gerecht, sagt Dürr, und prägte darum die substantivischen Neuschöpfungen "Wirk" und "Passierchen" für das, was "dazwischen" wirkt, die Kraft, das Dynamische, das einzige, wovon man überhaupt reden kann, denn nichts "ist" oder "besteht", alles wird nur und vergeht. Da haben wir wieder die Vergänglichkeit, anicca, das zentrale der drei Merkmale der fünf Zusammenhäufungen (khandha) in der Lehre des Buddha, aus dem sich die beiden anderen, die Unzulänglichkeit (dukkha) und das Nicht-Selbst (anatta), ergeben.

Professor Dürr ist eine eindrucksvolle Persönlichkeit. Mit seinen über achtzig Jahren erstaunlich vital, reist er und hält Vorträge oder wirkt in Podiumsdiskussionen mit. Durch anschauliche, mit Humor gewürzte Beispiele fordert er seine Zuhörer heraus und verlangt ihnen einiges an Konzentration und Verständnis ab. Man spürt: Dieser Mensch hat eine Mission, eine Vision, ein dringendes Anliegen. Daraus erklärt sich wohl, dass die Menschen zu ihm strömen, wie im Januar 2011 bei einer Podiumsdiskussion im Hamburger Rudolf-Steiner-Haus. Die Zeit drängt, denn in hundert Jahren kann sich unsere Spezies sehr wohl selbst ausgelöscht haben. Die Menschheit hat die Kindheit mit ihrem Gottvertrauen hinter sich gelassen. Sie pubertiert und darauf kann entweder Reifung oder Untergang folgen.

Ein totales Umdenken ist angesagt. Bisher gab es nur das Beweisbare einerseits und den Glauben andererseits. Mit dem Abbröckeln des materialistisch geprägten Weltverständnisses erscheinen Vorgänge, die unlängst noch in den Bereich des Unbegreiflichen verwiesen oder gar geleugnet wurden, zunehmend in einem neuen Licht. Wissenschaft und Spiritualität berühren sich auf der Quantenebene. So schreibt Ramesh Balsekar in "Wo nichts ist, kann auch nichts fehlen, 2. Aufl. 2009, S. 141 f.:

"Die Quantenmechanik sagt ... dass niemand wissen kann, was im nächsten Augenblick passiert. Der Flug eines subatomaren Teilchens - man weiß einfach nicht, wo er hinführt. Das besagt Heisenbergs Unschärferelation. Einstein sagte, er könne keinen Fehler an Heisenbergs Unschärferelation entdecken, aber sein Weltbild lasse es dennoch nicht zu, sie zu akzeptieren - das heißt, die Tatsache zu akzeptieren, dass man im subatomaren Bereich nie genau wissen könne, was passieren wird. Er sagte: »Ich finde an dieser Theorie nichts auszusetzen, aber ich kann die Implikation nicht akzeptieren, dass Gott würfelt.« Niels Bohr antwortete ihm: »Gott würfelt nicht mit seiner Schöpfung. Sie denken, dass Gott würfelt, weil Sie nicht über all die Informationen verfügen, die Gott zu Gebote stehen«.

Allmählich spinnt sich zwischen den beiden Enden der "strengen" Naturwissenschaft - die gar nicht mehr so streng funktioniert (siehe Heisenbergs Unschärferelation) - einerseits und Jahrtausende alten - vom Volk überlieferten - Erfahrungen andererseits ein verbindender Faden an. Immer mehr bislang unbegreifliche Vorgänge erscheinen jetzt vor dem Hintergrund der modernen Physik in einem anderen Licht und werden neu hinterfragt: Quantenheilung, Behandlung von Informationskrankheiten, die man früher als Besessenheit bezeichnete, Homöopathie, Bachblütentherapie, Klangheilung, Kristallbildung des Wassers durch Besprechen (Emoto), Nahtoderfahrungen (Pim van Lommel) aber auch Vermehrung von Reliquien, "wenn der richtige Buddha-Geist herrscht", und umgekehrt.


Literatur:

Emoto, Masaru: Die Antwort des Wassers, S. 176 Band 2, KOHA-Verlag Gmbh , Burgrain, 2. Auflage 2004,

van Lommel, Pim: Endloses Bewusstsein - Neue medizinische Fakten zur Nahtoderfahrung, Verlag Patmos, Düsseldorf, 2. Auflage 2009, S. 287


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Quelle:
Buddhistische Monatsblätter Nr. 2/2011, Mai - August, Seite 23-25
Vierteljahreszeitschrift der Buddhistischen Gesellschaft Hamburg e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Mai 2011