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PRESSE/990: Treffen der Theravada AG (DMW)


Der Mittlere Weg - Nr. 1, Januar - April 2015
Zeitschrift des Buddhistischen Bundes Hannover e.V.

Treffen der Theravada AG

von Michael Funk



Das Herbsttreffen der Theravada Arbeitsgemeinschaft vom 5.-7. September 2014 stand ganz unter dem Thema Bodhisatta/Bodhisattva. Franz-Johannes Litsch berichtete uns von den Forschungsergebnissen, die er und Hans-Günter Wagner zu diesem Thema inzwischen gewonnen haben.

Ausgehend von einer Analyse der gesellschaftlich-kulturellen Entwicklungen im Mittleren und Fernen Osten, bei der schon ab 3000 v. Chr. recht enge Handels- und Kulturbeziehungen zwischen Ägypten, Mesopotamien, Persien und China bestanden, legte er die Entwicklung im indischen Raum dar. Nachdem im Hindukusch erstmals Bronze hergestellt wurde, d.h. der Übergang von der Steinzeit zur Bronzezeit erfolgte, wanderten Stämme wie die Dorer, Hethiter, Perser, Indoarier in neue südlich gelegene Siedlungsgebiete und unterwarfen die dortigen Einheimischen. Dabei brachten sie ihre eigene Kastenordnung und Religion mit, die sie etablierten. In Indien waren das die mündlich übertragenen Veden mit ihrer Atman-Vorstellung. Die alten drawidischen Traditionen verschwanden aber nicht vollkommen, sondern wurden allmählich in die neue indische Kultur integriert.

Mit dem Aufkommen von Geld um 600 v. Chr. in Lydien/ Griechenland und dessen Verbreitung über Persien in Indien fand ein gesellschaftlicher Umbruch statt, denn bald verfügten einige Mitglieder unterer Kasten über mehr Geld und Macht als die übergeordneten Krieger und Brahmanen, was von erheblichen Spannungen begleitet war. In den Lehrreden erfahren wir von etlichen reichen Händlern, die dem Buddha und seinem Orden vorzügliche Ländereien (Haine zum Übernachten) schenkten und die Versorgung und medizinische Betreuung sicherstellten.

Durch den Eroberungsfeldzug Alexanders I. entstanden in Westindien Satrapenreiche, die ganz Indien kulturell und politisch hellenistisch beeinflussten. Überliefert sind die Gespräche des Griechenkönigs Menandros mit dem buddhistischen Mönch Nagasena, die belegen, dass die östlichen Gebiete der Satrapenreiche nach 200 v. Chr. schon buddhistisch waren. Parallel dazu bildeten sich unter den Mönchen verschiedene Schulrichtungen aus, die zu einzelnen Lehraspekten bzw. Ordensregeln andere Meinungen vertraten.

Bereits in den Lehrreden ist im Zusammenhang mit dem Erwachen Gotamas vom Bodhisatta die Rede. Er selbst sprach über sich rückblickend "...als ich noch ein Bodhisatta war..." und meinte damit seine Zeit des Suchens und Studierens. Sinngemäß war mit dem Begriff also ein Buddha vor dem Erwachen gemeint.

Hinsichtlich des Erwachens lehrte der Frühbuddhismus drei Typen des Heilsweges - den vollkommen, selbst Erwachten, der vielen Wesen als Lehrer dient, den Einzelerwachten, der aus sich selbst erwacht, aber kaum lehrt und den Arhat, der durch Hören der Lehre erwacht, so dass es einen kurzen und einen langen Weg zum Erwachen gibt. Dies findet seinen Niederschlag in den Jatakas (Wiedergeburtsgeschichten), die von früheren Leben des Boddhisatta berichten.

Ab Christi Geburt kamen zunehmend Einflüsse aus dem Hinduismus in den Buddhismus. So wurde nun der Erwachte als schon immer erleuchtet betrachtet, nur zum Schein geboren, nur zum Schein erwacht und zum Schein erloschen. Man sprach nun von transzendenten Buddhas.

Durch griechische, persische und römische Einflüsse wurden der Erwachte und die Bodhisattvas immer mehr zu Erlösern umstilisiert, da alle anderen Religionen postulierten, dass der Mensch allein nicht fähig wäre, sich selbst zu erlösen. Infolgedessen gingen mehr und mehr gebildete Laien den Bodhisattva-Weg unter Beibehaltung ihrer Berufe. Insbesondere viele Landesfürsten, Könige und Kaiser (in China) sahen sich nun als Bodhisattvas.

Durch die Erhebung des Buddhismus zur Staatsreligion im Kuschanreich und in China gelangten umgekehrt auch zahlreiche Mönche in Staatsämter.

Im 2.-5. Jh., in der Zeit des klassischen Mahayana, entstand dann die Idee, dass jeder Buddhanatur habe und darum jeder den Bodhisattva-Weg zur Buddhaschaft gehen solle und könne. Padmasambhava steht mit einem Mal über dem Buddha und seinen Anhängern und der Bodhisattva wird zur "Mutter aller Buddhas". Auch wurde jetzt aus politischen Gründen Gewalt als sog. "geschicktes Mittel" (unter dem grotesken Deckmantel des Mitgefühls) legitimiert. Dies führte später (im Mittelalter bis zur Neuzeit) zu Mönchsarmeen in China und Japan und zu politischen Morden und Selbstmorden insbesondere in Japan.

Ansonsten: Wir freuen uns, dass nun das Visuddhimagga eingescannt ist und ab Anfang Oktober in Buchform vorliegen wird. Derzeit ist es bereits auf der Theravada-Webseite als Download verfügbar. Leider gingen die Buchverkäufe und damit Einnahmen dadurch zurück, dass diese nicht mehr über die Geschäftsstelle der DBU abgewickelt werden können. Weiterhin suchen wir noch einen geeigneten, längerfristigen Stellplatz für unsere Bücher (derzeit auf zwei Paletten).


Das nächste Treffen findet vom 27.-29.03.2015 im Wat Dhammavihara, Am Ahlemer Turm 3, in 30453 Hannover statt.

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Quelle:
Der Mittlere Weg - majjhima-patipada
46. Jahrgang, Januar - April 2015, Nr. 1, Seite 28-29
Herausgeber: Buddhistischer Bund Hannover e.V.
Drostestr. 8, 30161 Hannover,
Tel. und Fax: 05 11/3 94 17 56
E-mail: info@buddha-hannover.de
Internet: www.buddha-hannover.de
 
"Der Mittlere Weg - majjhima-patipada" erscheint
nach Bedarf und ist für Mitglieder kostenlos.


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Februar 2015


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