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AFRIKA/055: Südafrika - AIDS-Kompetenz in den Kirchen aufbauen (ÖRK)


Ökumenischer Rat der Kirchen - Feature vom 23. Juni 2007

Südafrika - AIDS-Kompetenz in den Kirchen aufbauen

Dr. Susan Parry verwirklichte ihre Vision von "HIV-kompetenten Kirchen" und half so tausenden von Menschen im südlichen Afrika und der ganzen Welt, die von HIV betroffen sind.


Parry erläutert die Notwendigkeit, über "AIDS-freundliche Kirchen" hinauszugehen und "AIDS-kompetente Kirchen" zu schaffen, da erstere zwar von Toleranz, Akzeptanz und Offenheit geprägt sind, letztere aber viel weiter gehen.

"Eine HIV- und AIDS-kompetente Kirche ist gut informiert, integrativ und reagiert und begleitet Kirchen aktiv. Um dies zu erreichen sind starke Führungspersonen, genaues und aktuelles Wissen, angemessene Ressourcen und Netzwerke, eine verwandelnde Theologie und mitfühlende Solidarität vonnöten, die Würde und Hoffnung wiederherstellen."

Mit ihrer medizinischen Ausbildung mit Schwerpunkt Hämatologie und Pädiatrie ist Parry gut aufgestellt, um bewährte Methoden der Kirchen in ihrer Antwort auf AIDS zu bestimmen und zu vermitteln. Sie ist Autorin des Buches "Beacons of Hope: HIV-Competent Churches" (Hoffnungträger HIV-kompetente Kirchen) und Regionalkoordinatorin der Ökumenischen HIV/AIDS-Initiative in Afrika (EHAIA). Ihre Region umfasst zwölf Länder sowie einige Inseln.

Parrys gut durchdachte Forschungsarbeit in Verbindung mit ihrem leidenschaftlichen Eintreten für eine ausgeprägtere Antwort der Kirchen auf HIV und AIDS trugen zu der Gründung von EHAIA im Jahr 2001 bei.

1999 vertrat sie den Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) bei einer Konferenz zu gemeindebasierter Pflege in Paris. Der Umgang von konfessionellen Organisationen mit AIDS wurde dort insbesondere mit Blick auf die Prävention scharf verurteilt.

Parry erkannte daraufhin, wie dringend notwendig es war, dass konfessionelle Organisationen in der ganzen Welt sichtbar sind - sowohl als Lernende wie auch als Mitwirkende an der vielen pflegerischen Arbeit, die Kirchen als Antwort auf HIV und AIDS leisten.


Pionierin der kirchlichen AIDS-Arbeit

2000 und 2001 führte Parry für den ÖRK eine Reihe von Studien in verschiedenen Ländern durch, in denen sie die HIV und AIDS-Situation in dem jeweiligen Land, die nationale Antwort auf HIV und AIDS, die Antworten der Vereinten Nationen und anderer Nichtregierungsorganisationen sowie der Kirchen untersuchte. Sie fragte: "Wo gibt es Lücken und was sind Chancen?"

Des Weiteren nahm sie an Konsultationen mit Kirchenleitenden in Afrika teil, auf denen AIDS als eines der neuen wichtigen Themen herausgestellt wurde.

2003 nahm Parry an dem von UNICEF und UNAIDS organisierten Global Partners Forum teil und stellte den Bericht "Responses of Faith Based Organizations to HIV/AIDS in Sub Saharan Africa" (Antworten von konfessionellen Organisationen auf HIV/AIDS im Subsahara-Afrika) vor, der über 52 Länder berichtete. Der Bericht betonte die Glaubwürdigkeit und die Beiträge konfessioneller Organisationen zur Antwort auf HIV und AIDS sowie deren Potential.

Des Weiteren hinterfragte er die Ungleichheit bei der Finanzausstattung und den falschen Glauben, dass man durch die finanzielle Unterstützung einer konfessionellen Organisation die Konfession selbst und nicht die unparteilichen Erbringung eines Dienstes unterstütze.

Seither hat Parrys Fachkompetenz Auswirkungen weit über das südliche Afrika hinaus; sie unterrichtet an der Basis in Ost-, West- und Zentralafrika sowie zum ersten Mal auch in portugiesischsprachigen Ländern in Afrika und anderswo in der Welt und erhält von dort Unterstützung.

Ein Beispiel für Parrys persönlichen Einfluss und die Stärke der Organisation EHAIA ist Madagaskar. Madagaskar ist eine riesige Insel und ein unabhängiger Staat vor Afrikas Ostküste. Nachdem festgestellt wurde, dass keine der "importierten" Lösungen dort Wirkung zeigten, trafen sich Parry und weitere Führungspersonen von EHAIA mit einer großen Gruppe von Führungspersonen der verschiedenen Kirchen in Madagaskar.

Sie hörten einen Vertreter des Gesundheitsministeriums des Landes, der feststellte: "Es ist sehr wichtig, dass die Kirchen untereinander und mit der Regierung zusammenarbeiten, um das Problem HIV anzugehen." Ein Übersetzer fügte im Flüsterton hinzu: "Die Kirchen zusammenarbeiten - das ist unmöglich in Madagaskar!".

Die Meinung des Übersetzers wurde in den kommenden Jahren widerlegt und EHAIA setzt seine komplexe und schwierige Arbeit fort, bietet in verschiedenen Gegenden der Insel Workshops für Kirchenleitende, Jugendleiterinnen und Jugendleiter, Laien, theologische Institutionen und andere an.

Unterdessen beschließt Parry, ihre Arbeit fortzusetzen, da HIV auch weiterhin für Einzelne, für Familien, Kirchen, Gemeinwesen und die ganze Welt eine Herausforderung darstellt. "Es fordert uns heraus, zu überdenken, wer wir sind, welche Verantwortung wir anderen gegenüber haben und was unsere Berufung ist", erklärt sie. "Ein Virus, der sich stets verändert, erfordert sich immer verändernde Antworten. 'Business as usual' funktioniert hier nicht."


Dieser Artikel ist das erste in einer Reihe von Portraits, welche die Arbeit von EHAIA durch die Regionalkoordinatorinnen und -koordinatoren vorstellen. Die Reihe wird im Vorfeld des 10. Jahrestags der Gründung von EHAIA im April 2012 veröffentlicht.

Weitere Informationen zu EHAIA:
http://www.oikoumene.org/index.php?RDCT=2c6385d4f1a57508b86b

Regionalkoordinatoren und theologische Berater von EHAIA:
http://www.oikoumene.org/index.php?RDCT=98eec4897ed01bb621c1


Der Ökumenische Rat der Kirchen fördert die Einheit der Christen im Glauben, Zeugnis und Dienst für eine gerechte und friedliche Welt. 1948 als ökumenische Gemeinschaft von Kirchen gegründet, gehören dem ÖRK heute mehr als 349 protestantische, orthodoxe, anglikanische und andere Kirchen an, die zusammen über 560 Millionen Christen in mehr als 110 Ländern repräsentieren. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit der römisch-katholischen Kirche. Der Generalsekretär des ÖRK ist Pfarrer Dr. Olav Fykse Tveit, von der (lutherischen) Kirche von Norwegen. Hauptsitz: Genf, Schweiz.


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Quelle:
Feature vom 23. Juni 2011
Herausgeber: Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)
150 rte de Ferney, Postfach 2100, 1211 Genf 2, Schweiz
E-Mail: ka@wcc-coe.org
Internet: www.wcc-coe.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juni 2011