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KIRCHE/1897: Kardinal Marx bei den Salzburger Hochschulwochen (DBK)


Pressemitteilungen der Deutschen Bischofskonferenz vom 07.08.2016

"Europa darf das christliche Menschenbild als Bestandteil der verantworteten Freiheit nicht aufgeben"

Kardinal Marx bei den Salzburger Hochschulwochen


Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat anlässlich der 85. Salzburger Hochschulwochen in einem Festvortrag angesichts der aktuellen Ereignisse in Europa von Umbrüchen gesprochen, die Teil einer epochalen Veränderung sein können. "Nicht nur in der Türkei, sondern auch hier bei uns, in den Familien, höre ich vielfach, dass man über Politik nicht mehr offen reden kann, ohne dass es zum großen Streit kommt. Diese Entwicklung ist höchst beunruhigend. Zwei Tendenzen treten dabei zutage: eine erregte Gesellschaft auf der einen und eine Erkaltung im Miteinander, in der Solidarität - wie in der von Papst Franziskus benannten 'Globalisierung der Gleichgültigkeit' - auf der anderen Seite", so Kardinal Marx. "Neue Leidenschaften, Ungleichheit, Ängste und Aggressionen bewegen unsere Gesellschaft. Was bedeutet die Zivilisation der Verantwortlichkeit heute, die noch in der Zeit des Kalten Krieges unsere Perspektive für die Zukunft war? Dem Projekt Europa mangelt es derzeit am Gedanken des Gefühls, der Liebe und Zugehörigkeit. Es macht mir Sorgen, dass nicht Freiheit und Menschenwürde, sondern Abgrenzung und Angst sowie neue Nationalitäten zum Vorschein kommen."

Notwendig sei daher eine neue Art von öffentlichem Diskurs, in angemessener und durchaus zugleich rationaler und leidenschaftlicher Weise, in den die Kirche sich einbringen solle. "Sich für eine offene Gesellschaft mit Werten einzusetzen, mit einer Entwicklung nach vorne, ist auch Auftrag der Kirche. Wir brauchen nicht Restauration in der Gesellschaft, wir brauchen Renaissance!", betonte Kardinal Marx. "Europa ist gefordert, eine neue kulturelle Synthese zu entwickeln für ein lebendiges Gemeinwesen - eine Fähigkeit, die Europa immer gehabt hat und die Papst Franziskus in seiner Ansprache bei der Verleihung des Karlspreises hervorgehoben hat."

Kardinal Marx erinnerte daran, dass Papst Benedikt XVI., der früher bereits Festredner der Salzburger Hochschulwochen gewesen war, den Glauben stets im Kontext von Vernunft betrachtet und ihn als "vernunftgeleitete Aufklärung" bezeichnet habe. Die Religion solle das Gefühl, die Liebe, die Mystik wiederentdecken, sagte Kardinal Marx. "Wer Jesus Christus kennt, der kann niemals Fundamentalist sein! Die großen Erzählungen aus dem Evangelium wie die Geschichte vom barmherzigen Samariter oder den Seligpreisungen sind Erzählungen, die zur Kulturgeschichte Europas gehören - nicht nur der Christen. Aber die moderne Zivilisation der Freiheit hat keine Bestandsgarantie. Was wir erreicht haben, darf nicht zur Disposition gestellt werden in einer neuen Epoche der Leidenschaften, die vermutlich auf uns zukommt. Wir Christen sollten Teil der Lösung sein und das christliche Menschenbild als Bestandteil der verantworteten Freiheit nicht aufgeben."


Hintergrund

Die Salzburger Hochschulwochen stehen im Jahr 2016 unter dem Thema "Leidenschaften". Sie sind eine 1931 gegründete Sommeruniversität an der Universität Salzburg. Die jährliche Veranstaltung bietet ein Forum für den Dialog zwischen Theologie und anderen Fachrichtungen, auf dem sowohl aktuelle als auch grundsätzliche Fragestellungen thematisiert werden. Dem Präsidium der Hochschulwochen steht Erzbischof Dr. Franz Lackner (Salzburg) vor, weitere beteiligte Institutionen sind neben der Salzburger Theologischen Fakultät die Salzburger Äbtekonferenz der Benediktiner, die Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaften, die Katholischen Akademikerverbände Deutschlands und Österreichs, die Katholische Akademikerarbeit Deutschland und das Forum Hochschule und Kirche e. V. Auch die Deutsche Bischofkonferenz unterstützt die Salzburger Hochschulwochen seit vielen Jahren.

Weitere Informationen unter:
www.salzburger-hochschulwochen.at


Die Deutsche Bischofskonferenz ist ein Zusammenschluss der katholischen Bischöfe aller Diözesen in Deutschland. Derzeit gehören ihr 67 Mitglieder (Stand: August 2016) aus den 27 deutschen Diözesen an. Sie wurde eingerichtet zur Förderung gemeinsamer pastoraler Aufgaben, zu gegenseitiger Beratung, zur Koordinierung der kirchlichen Arbeit, zum gemeinsamen Erlass von Entscheidungen sowie zur Kontaktpflege zu anderen Bischofskonferenzen. Oberstes Gremium der Deutschen Bischofskonferenz ist die Vollversammlung aller Bischöfe, die regelmäßig im Frühjahr und Herbst für mehrere Tage zusammentrifft.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 142 vom 7. August 2016
Herausgeber: P. Dr. Hans Langendörfer SJ,
Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz
Deutsche Bischofskonferenz
Kaiserstraße 161, 53113 Bonn
Postanschrift: Postfach 29 62, 53019 Bonn
Telefon: 0228/103-0, Fax: 0228/103-254
E-Mail: pressestelle@dbk.de
Internet: www.dbk.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. August 2016

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