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KIRCHE/784: Ökumenischer Rat - Zentralausschuß fällt zukunftsweisende Entscheidungen (ÖRK)


Ökumenischer Rat der Kirchen - Pressemitteilung vom 7. September 2007

ÖRK-Zentralausschuss fällt zukunftsweisende Entscheidungen


Die Wahl des neuen ÖRK-Generalsekretärs und die Entscheidung über den Tagungsort der nächsten Vollversammlung gehörten zu den Höhepunkten der Tagung des Zentralausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), die am 2. September in Genf zu Ende ging.

Der Zentralausschuss, das höchste Leitungsgremium des ÖRK zwischen den Vollversammlungen, gab eine Reihe von Erklärungen und Protokollpunkten zu einem breiten Spektrum religiöser, politischer und sozialer Fragen heraus, die für die Mitgliedskirchen des Rates von Bedeutung sind. Ferner wurde über Leitungsfragen und finanzielle Angelegenheiten diskutiert.

Der ÖRK ist eine Gemeinschaft von 349 Kirchen in mehr als 110 Ländern. Zu den Mitgliedern des Rates gehören die meisten orthodoxen Kirchen in der Welt sowie anglikanische, baptistische, lutherische, methodistische, reformierte, vereinigte und unabhängige Kirchen, deren Mitgliedschaft sich insgesamt auf mehr als 560 Millionen Gläubige beläuft.

Pfarrer Dr. Walter Altmann, der Vorsitzende des Zentralausschusses, erklärte auf einer Pressekonferenz zum Abschluss der Tagung, er sei trotz der sehr vollen Tagesordnung mit dem Ergebnis der geleisteten Arbeit zufrieden. Die Tagung "hat das Zeugnis der Kirchen gestärkt und der Gemeinschaft der Kirchen Ausdruck verliehen."

Der ÖRK-Generalsekretär, Pfarrer Dr. Samuel Kobia, schloss sich Altmanns Eindruck von der Tagung an: "Auf diesem Zentralausschuss ist die Gemeinschaft des ÖRK über das Geschäftliche hinaus sehr sichtbar gelebt worden - in Gottesdienst, Kommunikation und der Art und Weise, wie die Mitglieder des Zentralausschusses sich gegenseitig gestärkt haben."

Wahl des neuen Generalsekretärs

Der norwegische Theologe und Pastor, Pfarrer Dr. Olav Fykse Tveit (48 Jahre), wurde zum 7. Generalsekretär des ÖRK gewählt. Er wird die Nachfolge von Generalsekretär Pfarrer Dr. Samuel Kobia antreten, der sein Amt noch bis Ende 2009 fortführen wird. Tveit wird der jüngste Generalsekretär seit Willem A. Visser 't Hooft sein, der während der Aufbaujahre und bei der Gründungsvollversammlung vor 61 Jahren an der Spitze des ÖRK stand.

Tagungsort der 10. Vollversammlung

Die Stadt Busan in der Republik Korea wurde zum Tagungsort der 10. Vollversammlung des ÖRK im Jahr 2013 ausgewählt. "Es ist für uns wirklich eine große Freude, die ÖRK-Vollversammlung nach Korea einladen zu können", erklärte Pfarrer Dr. Park Jong-Wha, der Vorsitzende des Internationalen Ausschusses des Nationalen Kirchenrats in Südkorea. Er gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Präsenz des ÖRK in Korea "sehr viel zur friedlichen Versöhnung und Wiedervereinigung (der gespaltenen Halbinsel) beitragen kann". Der ÖRK-Zentralausschuss richtete auch einen Planungsausschuss für die Vollversammlung ein.

Programme und Finanzen

Der Zentralausschuss prüfte die Programmarbeit des ÖRK und würdigte die seit seiner letzten Tagung geleistete Arbeit. Er erkannte an, dass die gegenwärtige Programmstruktur unhaltbar ist, und empfahl eine Umstrukturierung. Statt sich jedoch für eine pauschale Reduzierung der Aktivitäten des Rates auszusprechen, betonte er die Notwendigkeit einer deutlichen Schwerpunktsetzung und rief zu mehr Bescheidenheit, Begrenzung und Nachhaltigkeit in der Programmarbeit auf. Als Kriterium für die Schwerpunktsetzung empfahl er die Fokussierung auf den einzigartigen Beitrag, den der ÖRK als globale Gemeinschaft von Kirchen leisten kann.

Der Zentralausschuss nahm auch eine Reihe von Empfehlungen zum Haushalt 2010 an. "Wir erwarten ein weiteres Absinken der Beiträge in der zweiten Hälfte des Jahres 2009", erklärte Dekan Anders Gadegaard, der Vorsitzende des ÖRK-Finanzausschusses. Nach Ansicht von Gadegaard muss 2010 mit weiteren Einnahmeausfällen von 5 bis 10 Prozent gerechnet werden. Der Haushalt 2010 beläuft sich gegenwärtig auf 35,5 Millionen Schweizer Franken und wird vom Exekutivausschuss auf seiner Tagung im Februar 2010 endgültig genehmigt werden.

Erklärungen zu öffentlichen Angelegenheiten

Der ÖRK-Zentralausschuss hat eine Reihe öffentlicher Erklärungen und Protokollpunkte angenommen:

Blasphemiegesetz in Pakistan. Der Ausschuss rief die Regierung Pakistans auf, "die Rechte aller religiöser Minderheiten im Land zu garantieren". Ferner stellte er fest, Pakistans Blasphemiegesetz sei "zu einer wichtigen Quelle der Diskriminierung und Verfolgung von Minderheiten geworden", die in "Angst und Schrecken" lebten.

Israelische Siedlungen. Der Ausschuss rief die israelische Regierung auf, den Siedlungsbau einzustellen und mit einer Auflösung der Siedlungen in den besetzen palästinensischen Gebieten zu beginnen. Er rief auch zu Gewaltverzicht und Friedensverhandlungen auf und bekräftigte die Notwendigkeit eines internationalen Boykotts von Waren und Dienstleistungen aus den Siedlungen.

Demokratische Republik Kongo (DRK). Der Ausschuss rief die ÖRK-Mitgliedskirchen nachdrücklich auf, "Gewalt gegen Frauen (in der DRK) öffentlich zu verurteilen". Er appellierte an alle Konfliktparteilen, "allen Akten sexueller Gewalt gegen Frauen und Mädchen in der DRK ein Ende zu setzen" und unterstützte die an die Regierung gerichteten Forderungen nach "einem Ende der Straflosigkeit für Vergewaltigung und der Entwicklung einer wirksamen Strategie für das Vorgehen gegen sexuelle Gewalt".

Diskriminierung aufgrund von Kastenzugehörigkeit. Der Ausschuss rief die ÖRK-Mitgliedskirchen auf, anzuerkennen, dass die andauernde "Diskriminierung und Ausgrenzung von Millionen Menschen aufgrund ihrer Kastenzugehörigkeit ...die Glaubwürdigkeit der Mitgliedskirchen in ihrem Zeugnis für den christlichen Glauben ernsthaft in Frage stellt". Weltweit gelten bis zu 260 Millionen Menschen in ihrer eigenen Gesellschaft als "unberührbar". Dies verstößt gegen die christliche Lehre, dass alle Menschen nach dem Bild Gottes geschaffen sind.

Gerechtes Finanzsystem und eine Wirtschaft, die dem Leben dient. Der Ausschuss stellte fest, das globale Finanzsystem habe zwar "einigen Menschen Reichtum gebracht, einer weitaus größeren Anzahl von Menschen jedoch geschadet und ihnen Armut, Arbeitslosigkeit, Hunger und Tod" gebracht und habe die "Kluft zwischen Arm und Reich noch breiter werden lassen". Er forderte die Mitgliedskirchen dazu heraus, "sich nicht aus ihrer prophetischen Rolle zurückzuziehen", und schlug neue "Fortschrittsindikatoren" für die Wirtschaft vor.

Darfur, Sudan. Der Ausschuss verurteilte "die gegen unschuldige Zivilpersonen in Darfur in großem Umfang begangenen Gräueltaten". Er rief die sudanesische Regierung dringend auf, "die vollständige Verantwortung für den Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger zu übernehmen, unabhängig von deren ethnischer, religiöser oder politischer Zugehörigkeit" und "ununterbrochene humanitäre Hilfe für alle leidenden Menschen in Darfur zuzulassen".

Öko-Gerechtigkeit und ökologische Schuld. Der Ausschuss stellte fest, dass Christen eine moralische Verpflichtung haben, sich für ökologische Gerechtigkeit einzusetzen. Bei der ökologischen Schuld handelt es sich vor allem um eine Schuld, die die Industrieländer des Nordens gegenüber den Ländern des Südens tragen im Zusammenhang mit der früheren und gegenwärtigen Plünderung der Ressourcen, der Umweltzerstörung, dem Ausstoß von Treibhausgasen sowie der Entsorgung von Giftmüll.

Plädoyer für eine atomwaffenfreie Welt. Der Ausschuss forderte die Kirchen dazu auf, im kommenden Jahr verschiedene viel versprechende Gelegenheiten zu ergreifen, um für eine atomwaffenfreie Welt einzutreten. Er rief Staaten, die Atomwaffen besitzen, auf, "ihre Atomwaffenarsenale vollständig zu beseitigen", und ersuchte die Kirchen, ihre Regierungen bei der Einrichtung regionaler atomwaffenfreier Zonen zu unterstützen.

Gewalt gegen Christen. Der Ausschuss forderte die ÖRK-Mitgliedskirchen auf, die Stimmen aller "Brüder und Schwestern in Christus zu hören, die in aller Welt Gewalt erleiden und bedroht und eingeschüchtert werden, "teure Solidarität" mit ihnen zu üben und Regierungen aufzufordern, das Leben ihrer Bürger zu schützen. Er beobachte auch, so der Zentralausschuss, ein Abnehmen der Religionsfreiheit in vielen Teilen der Welt und eine Zunahme religiöser Intoleranz.

Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen. Der Ausschuss bekräftigte die Unterstützung des ÖRK für das Recht auf Kriegsdienstverweigerung und rief die Mitgliedskirchen auf, wo immer möglich "das Recht auf die Weigerung, Waffen zu tragen oder einzusetzen, zu bekräftigen". Kirchen sind an vielen Orten mit Problemen der Kriegsdienstverweigerung konfrontiert. Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung eröffnet denjenigen, die aus Gewissensgründen den Militärdienst verweigern, die Möglichkeit eines Ersatzdienstes.

Dialog zwischen Kirche und Regierung in Fidschi. Der Ausschuss forderte die Methodistische Kirche in Fidschi auf, mit der Interimsregierung von Fidschi in Dialog zu treten. Er würdigte die überlegte und maßvolle Reaktion der Kirche auf die Maßnahmen, die die Interimsregierung gegen sie ergriffen hatte. Diese war durch einen Militärputsch im Dezember 2006 an die Macht gekommen, hatte mehrere Aktivitäten der Kirche verboten und neun ihrer Pfarrer festgenommen.

Leitungsfragen

Der Zentralausschuss diskutierte über einen umfassenden Bericht zu Leitungsfragen, in dem es auch um die Rolle des Zentralausschusses und des Exekutivausschusses sowie die Beziehung des Generalsekretärs zu diesen Ausschüssen, den leitenden Amtsträgern/innen und den Präsidenten/innen geht. In dem Bericht wird die Notwendigkeit einer Leitung bekräftigt, die effizient, flexibel und auf eine Vision ausgerichtet ist. Ferner werden Fragen der Rechenschaftspflicht und Personalpolitik behandelt.

Abschied von Samuel Kobia

Der Zentralausschuss verabschiedete Kobia, der sein Amt als Generalsekretär noch bis Ende 2009 fortführen wird, und seine Frau Ruth im Rahmen eines Gottesdienstes im Ökumenischen Zentrum und einer Feier im Ökumenischen Institut Bossey in der Nähe von Genf. Lieder aus einer Vielfalt von Kulturen und Sprachen von Aramäisch bis Suaheli gaben dem Gottesdienst wie auch der Feier ein internationales Gepräge.

Weitere Informationen zur Tagung des ÖRK-Zentralausschusses:
http://www.oikoumene.org/cc2009

Der Ökumenische Rat der Kirchen fördert die Einheit der Christen im Glauben, Zeugnis und Dienst für eine gerechte und friedliche Welt. 1948 als ökumenische Gemeinschaft von Kirchen gegründet, gehören dem ÖRK heute mehr als 349 protestantische, orthodoxe, anglikanische und andere Kirchen an, die zusammen über 560 Millionen Christen in mehr als 110 Ländern repräsentieren. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit der römisch-katholischen Kirche. Der Generalsekretär des ÖRK ist Pfr. Dr. Samuel Kobia, von der Methodistischen Kirche in Kenia. Hauptsitz: Genf, Schweiz.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 7. September 2009
Herausgeber: Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)
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E-Mail: ka@wcc-coe.org
Internet: www.wcc-coe.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. September 2009