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STANDPUNKT/083: Franziskus hat neue Kardinäle ernannt (Gerhard Feldbauer)


Franziskus hat neue Kardinäle ernannt

Erzbischof Mario Zenari von Damaskus unterstreicht die hohe Bedeutung, die der Papst dem Syrienkonflikt beimißt

Von Gerhard Feldbauer, 22. November 2016


Wie das Blatt des Vatikans Osservatore Romano am Sonntag meldete, hat Papst Franziskus am Vortage, zum Endes des "Heiligen Jahres der Barmherzigkeit" auf einer Vollversammlung der Kardinäle (Konsistorium) 17 neue Mitglieder des höchsten Gremiums der Kurie ernannt: Fünf Europäer, vier Nordamerikaner, zwei Südamerikaner, drei Afrikaner, zwei Asiaten und einen aus Ozeanien. Ihre Herkunft aus elf Ländern bringe die Universalität der Kirche zum Ausdruck. Vier der neuen Kardinäle sind über 80 Jahre alt und damit bei einer Papstwahl nicht stimmberechtigt. Der Papst warnte in seiner Predigt vor "Feindeslogik", in der Immigranten oder Flüchtlinge "als Bedrohung wahrgenommen und als Feind eingestuft" würden. Er wandte sich gegen "das Errichten von Mauern" und mahnte "Frieden und Versöhnung" an.

Das Kölner Domradio hob hervor, dass Franziskus die Zusammensetzung des Kardinalskollegiums internationaler gestalte. Wenn auch die europäische Mehrheit mit 53 von derzeit 121 stimmberechtigten Kardinälen "noch nicht wackelt", durchbreche Franziskus jedoch "die europäische Vorherrschaft". Unter den neu ernannten Purpurträgern rage, wie es weiter heißt, Mario Zenari, der Apostolische Nuntius, also der Botschafter des Vatikan, in Damaskus hervor. Der, was nicht üblich sei, auch noch auf seinem diplomatischen Posten verbleibe. Die Berufung sei "ein Zeichen der Solidarität mit der notleidenden syrischen Bevölkerung".

Mit 20 bereits im Februar 2015 neu ernannten Kardinälen hat der Papst damit seit er im März 2013 sein Pontifikat antrat 37 Stellen des Kardinalskollegiums neu besetzt. Die Gesamtzahl des Gremiums steigt damit auf 228 an, von denen nach dem derzeitigen Stand 121 im Konklave einmal seinen Nachfolger wählen werden. Bei der feierlichen Zeremonie im Petersdom, übergab Franziskus den neuen Würdenträgern das purpurfarbene Birett und den Kardinalsring. Sie gelobten dem Heiligen Vater "Gehorsam und Treue".

Franziskus agiert als der Retter, der die tiefe Krise der katholischen Kirche angeht, in die seine beiden Vorgänger, der polnische Papst Johannes Paul II. und der deutsche Benedikt XVI. sie stürzten. Demagogisch geschickt nimmt er einige Korrekturen vor, spricht strittige Fragen an, übt Kritik am sozialen Elend des Kapitalismus und will bei globalen Problemen auf der internationalen Ebene mitreden. Er weckt Hoffnungen, etwas zu verändern, weicht aber grundsätzlich nicht vom konservativen Kurs seiner Vorgänger ab.

Diese Politik will er mit den jetzigen Ernennungen offensichtlich absichern, wobei sich als ein Schwerpunkt die päpstliche Außenpolitik in Krisengebieten wie dem Nahen Osten sowie Afrika und Asien, aber auch Südamerika und nicht zuletzt Europa abzeichnet, wo er bereits mehrfach seine Distanz zum gefährlichen Kurs der NATO gegen Rußland zeigte. Dafür spricht dass sich unter den neuen Kardinälen fünf Europäer befinden. Die Hervorhebung des Erzbischofs Mario Zenari von Damaskus trifft auch auf den mit 49 Jahren verhältnismäßig jungen Erzbischof von Bangui (Zentralafrikanische Republik), Dieudonne Nzapalainga, und den Erzbischof von Dhaka, Patrick D' Rozario aus dem muslimischen Bangladesch zu. Unter den drei neuen Purpurträgern aus den USA ist der Erzbischof von Chicago, einer Hochburg des nordamerikanischen Katholizismus, vertreten.

Dass Franziskus den Rekord von Karol Wojtyla erreicht, dürfte fraglich sein. Der Pole ernannte während seiner 27jährigen Amtszeit 231 Kardinäle neu, von denen 115 im Konklave wahlberechtigt waren. Am Ende gab es nur noch zwei Purpurträger, die er nicht berufen hatte. Mit Josef Ratzinger wurde 2005 ein von ihm auserkorener Nachfolger gewählt. Bei dem Versuch, seinen Ziehvater noch im erzreaktionären Kurs zu überbieten, scheiterte er und trat 2013 zurück, was man jetzt fälschlich mit Emeritierung umschreibt.

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Quelle:
© 2016 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. November 2016

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