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PAMPHLET/001: Ein etwas anderer Weihnachtsgruß aus dem Jahr 2007 (Ellen Rohlfs)


"Friede auf Erden!"


Eine neue Art von Weihnachtslied?

"Friede auf Erden!" - So soll es geklungen haben
Vor 2000 Jahren auf dem Hirtenfeld in himmlischen Sprachen -
und dennoch - die ungläubig-gläubigen Hirten verstanden sie
Und "machten sich freudig auf, um die Geschichte zu sehen...."


Nun im Jahre 2007 klingen Glocken der New Yorks Trinitiy Church
und der Kirche von Annapolis: Peace on earth!
Die "Friedenskonferenz" hat gerade dort stattgefunden
George Doubleyou, Condi, Olmert und ihre Marionetten-Herrscher-Kollegen
Lächelten mit Abbas in die Kameras und machten der Welt weis -
Der Frieden sei im Anmarsch - habt nur noch ein bissel Geduld!...


Von Notre Dame in Paris klingt tiefer Glockenklang:
Paix sur terre - La Conference des Donneurs,
die Geberkonferenz fand grade statt - also tönt es im Chor:
wir helfen dem Frieden mit 7.5 Milliarden Dollar auf die Sprünge -
So ist Israels Sicherheit gewährleistet,
Und die Palästinenser können einander ... Ach, wen kümmert das denn?


Von der Westminister Abbey Church in London klingt's auch: Peace on earth!
Sorgt sich Tony Blair vielleicht jetzt
um die 800 und 18 Schwerkranken des Gazastreifens, die im Sterben liegen,
weil sie den Erez-Übergang nicht überqueren dürfen,
um ins nächste Krankenhaus zu gelangen
und um die 1,5 Millionen auf "Hungerdiät" Gesetzten im Gazastreifen?


Vom Berliner und Kölner Dom klingt's um die Wette: Friede auf Erden!
Doch bemüht sich dort einer darum, die Vertreibung von 30 Familien in Kfar Salem
Und die Zerstörung des Aweida-Hauses im Wadi Joz in Jerusalem aufzuhalten?
punktgenau zu Weihnachten -
Und die Zerstörung der Schule im Jordantal
Und die der Moschee in den Hebroner Bergen?

Ach, die Deutschen sind mit ihrem Weihnachtsbaum und -braten beschäftigt.
Was gehn sie die Palästinenser an?
Welch Heuchelei und doubble standard bei den Verantwortlichen in Kirche und Staat!!


Von der Stor Kyrkan in Stockholm hört man: Frid pa jorden!
Aber Bethlehem wird mittels der Mauer abgewürgt und stirbt -
nicht nur der Polizist Mohamed Salah, der einen verdächtigen Wagen anhält
Und prompt von einer Undercovereinheit in diesem erschossen wird -
mitten in Bethlehem am hellerlichten Tag - - einfach so ....


Von der Kathedrale St. Michel in Brüssel klingen sonst Glockenspielkonzerte
Und heute: Vrede op aarde!
Unterdessen wird in Kfar Salamun bei Bethlehem
in eine friedliche Demonstration geschossen - sechs Verletzte ...
Das EU-Parlament ist in Ferien und nimmt wieder nichts wahr ...


Auch die Glocken der St. Jakobskerk in Den Haag klingen: Vrede op aarde!
Aber in den Gefängnissen Israels werden weiter sogar Mütter und Kinder festgehalten
in Zellen voller Ungeziefer und Gefangene weiter gefoltert -
Der Internationale Gerichtshof hat seine Tore weit geöffnet
Und bereitet sich auf Prozesse vor ...


Aus der Cathedrale zu Madrid tönt es laut und mächtig: Pas en la tierra!
Doch die Mauer im Heiligen Land wird nicht nur rund um Bethlehem weitergebaut
Und Oliven- und Obstbäume zu Tausenden vernichtet.
Selbst den Beduinen die Lebensgrundlage genommen ...
Das hörten kürzlich die Teilnehmer einer Konferenz in Madrid
Doch was können sie tun?
Die Welt alarmieren! Denn diese schläft.


Vom Petersdom in Rom klingt schließlich Et in terra pax - pace in terra
Und Tausende jubeln dem Papst zu -
Doch wer kümmert sich drum, dass die Kinder, ja, alle im Gazastreifen
Trinkwasser und Strom bekommen
und die vielen Nieren- und Krebskranken die richtige medizinische Behandlung?


So klingt es urbi et orbi - rund um den Erdball: Friede auf Erden,
Pax, Pas. Paix, Vrede, Salamum und Mir, Pokoj, Pinga, Taikas, Heiwas,
Shakti, Ahoto, Beke
und Salam in unzähligen Sprachen "Frieden!" -
nur eine fehlt ...


*


Wo bleibt das Shalom Jerusalems?
Aus der Knesset schallt unterdessen laut höhnisches Gelächter:
" Ende der Besatzung? Siedlungsstop? Abbau von Checkpoints?
Rückkehr der Flüchtlinge? Jerusalem teilen? Sonst noch was?

"Was denkt ihr eigentlich - wir haben das Sagen und die USA hinter uns.
Wir bauen die Siedlungen weiter, und Straßen "nur für Siedler",
die Mauer auch, wir werden weiter Gefangene nehmen,
Land enteignen - die Leut' da schikanieren -
Was tun die eigentlich hier? - Warum verschwinden die nicht?

"Wir werden also weiter schießen und bomben, wann immer wir Lust haben.
die ethnische Säuberung wird weiter gehn im Negev,
in Jaffa, in Yesha* und Jerusalem
Die Siedler dürfen in Hebron, Maon und Yitzhar und sonst wo randalieren
oder Hirten beim Dorfe Till zusammenschlagen...
Hat jemand 'was dagegen? - ist doch unser Land
Jahwe hat es uns versprochen - uns allein!
Shalom - ja, für uns - und natürlich Sicherheit!
Wollten andere etwa auch Frieden?"



Allerdings protestierten 500 "Frauen in Schwarz"
am 28. Dezember in Jerusalem gegen die Besatzung
Für Frieden und Versöhnung. Ja - es gibt auch das andere Israel -
Und sie wollen SHALOM mit ihren Nachbarn ...
ein kleiner Lichtblick - ein wenig Hoffnung ...


Frieden auf Erden? Im Heiligen Land,
bei den Hirten und ihren Nachfahren?
"Es ist ein Land des Krieges und Konfliktes
und der Demütigungen" sagte Bischof Sabbah
am Heilig Abend in Bethlehem 2007.
"Es sollte aber ein Land für alle sein.."

mit  Shalom und Salam, pax, paix und peace ....


* Yesha = Judäa und Samaria = Westbank: Gideon Levy. Haaretz, 3.1.08 an Weihnachten


Weihnachten 2007 von Ellen Rohlfs



*


Quelle:
Copyright by Ellen Rohlfs
mit freundlicher Genehmigung der Autorin


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Dezember 2008