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BUNDESLIGA/517: Herren - 4. Runde (SB)



Kein Weckruf für Dresden

Während die vierte Bundesliga-Runde ein weiteres Mal die Favoriten und Tabellenführer Solingen, Baden-Baden und Hockenheim mit Siegen beschenkte, nutzten die Schachfreunde Berlin die Gunst des Augenblicks, um sich endgültig aus dem Dunkel des Tabellenkellers zu befreien. Ansonsten waren Überraschungen rar gesät. Die Routine gewann im Gegensatz zum Vortrag die Oberhand. Nur daß mit Pentala Harikrishna ein weiterer Topstar der Liga und Publikumsliebling ein Malheur erlitt, wird im Gedächtnis noch eine Weile haftenbleiben. Baden-Baden, Solingen und Hockenheim sind nach wie vor ohne Punktverlust. Nichts Neues im Westen, könnte man meinen, wenn man einmal davon absieht, daß der SV Mülheim Nord gegen Bremen endlich seine Krisenanfälligkeit überwand. Doch nun der Reihe nach.

Dresdens Niederlage gegen Speyer-Schwegenheim in der Runde zuvor hätte ein Weckruf werden können, wenn der nächste Gegner nicht ausgerechnet Baden-Baden gewesen wäre. So jedoch hatten die Sachsen dem gegnerischen Staraufgebot nicht viel entgegenzusetzen. Immerhin konnten sie an den vier Spitzenbrettern Remisen einfahren, was gegen ein starkes Team wie Baden-Baden schon etwas bedeutet, aber in der Sache wird man das zweite Spielwochenende aus Dresdner Sicht wohl als Totalverlust verbuchen müssen. Eine kleine Pikanterie am Rande: Die beiden Großmeister Pavel Eljanov und Peter Svidler, die am Samstag regelrecht unter die Räder gekommen waren, trafen am Sonntag am Spitzenbrett aufeinander. Nun wird in solchen Fällen gerne die Frage aufgeworfen, wie sich Meister ihres Formats von solchen Niederlagen erholen. Die Antwort gaben sie selbst mit einem einvernehmlichen Kurzremis. Die Entscheidung zum 5:3-Sieg der Badener fiel an den letzten vier Brettern. Wie schon in der gestrigen Begegnung gegen Speyer-Schwegenheim gelang auch diesmal lediglich Bartosz Socko ein Dresdner Siegpunkt gegen Etienne Bacrot. Zu wenig, um die Erfolge von Rustam Kasimdzhanov, Alexei Shirov und Arkadij Naiditsch wettzumachen.

Was es heißt, gegen Schlachtschiffe der Liga unterzugehen, erfuhr die SG Speyer-Schwegenheim mit allen Konsequenzen. Nur zwei Remisen an den beiden letzten Brettern konnten die Pfälzer gegen den SK Schwäbisch Hall heimholen, zu deutlich war der Klassenunterschied, und das nicht nur, weil man sich in der vorangegangenen Runde gegen Dresden angeblich verausgabt hatte.

Daß die SG Solingen eine Klasse für sich ist, wußte man in Hamburg schon vorher. Gegen den amtierenden Deutschen Meister den kürzeren zu ziehen, ist keine Schande, höchstens ärgerlich. Trotzdem leisteten die Hanseaten gegen den klaren Favoriten erheblichen Widerstand und fanden in der Fachpresse gar anerkennendes Lob. Zurückzuführen war dies in erster Linie auf Rasmus Svane. Der Hamburger Jungstar, der beim Lübecker Schachverein sein Talent entwickelt und ausgebaut hatte, brachte nämlich am Spitzenbrett keinen Geringeren als den indischen Großmeister Pentala Harikrishna zu Fall - übrigens der einzige Sieg der Hamburger an diesem Tag. In komplizierter Stellung hatte sich der Inder zu einem riskanten Damenmanöver entschlossen und bekam dafür prompt die Rechnung serviert. Doch ein Team wie Solingen kann Fehltritte dieser Art locker verschmerzen, zumal Predrag Nikolic, Jan Smeets und Markus Ragger ihre Partien gewannen und Solingen so den 5,5:2,5-Endstand sicherten.

Die Niederlage vom Vortag gegen Hamburg im Rücken bewies der SV Mülheim Nord gegen Bremen, nichts von seiner Bißfestigkeit eingebüßt zu haben. Vielleicht sollte man lieber sagen: Ihr Top-Spieler David Navara machte Nägel mit Köpfen, wo Solingens Spitzenmann gescheitert war. Der Tscheche holte den einzigen Siegpunkt in einer Begegnung mit ansonsten sieben Remisen. Daß sich die Mühlheimer auf ihren Fahnenträger verlassen können, zeigt sich auch daran, daß Navaras Erfolg gegen den Engländer Luke McShane den vierten Sieg aus vier Partien in dieser Saison markiert. McShane hatte sich mit Weiß, wie es seine Art ist, auf eine Nebenvariante gegen die Sizilianische Verteidigung verlegt. Pechlicherweise ließ er dabei seinen König unbewacht, so daß der tschechische Großmeister mit seiner ganzen Streitmacht über den weißen Monarchen herfiel und den 4,5:3,5-Sieg der Mühlheimer besiegelte. Für Bremen eine herbe Niederlage und die zweite des Spielwochenendes dazu. Der 12. Platz in der Tabelle ziert nicht gerade ein Ruhmesblatt.

Gastgeber Trier hatte für die beiden Runden Vassily Ivanchuk extra für das Spitzenbrett einfliegen lassen. Und der Einsatz des Ukrainers zahlte sich voll und ganz aus. Bereits gegen Hockenheim hatte Ivanchuk seine Partie glanzvoll gewonnen, und so auch am Sonntag gegen den Griesheimer Spitzenspieler Jaroslaw Krassowizkij, der nach nur 24 Zügen resigniert aufgab, weil der von Ivanchuk kraftvoll gegen den schwarzen König geführte Angriff nicht mehr einzudämmen war. Auch wenn Felix Graf an Brett 4 gegen Lukasz Jarmula das Nachsehen hatte, sicherten die Siege von Lukasz Cyborowski und Pawel Jaracz den letztendlichen 5:3-Erfolg gegen Griesheim.

Die Begegnung SV Hockenheim gegen Aufsteiger Aachen war von einseitigem Charakter. Hockenheim will Baden-Baden und Solingen im diesjährigen Meisterschaftsrennen Konkurrenz machen, und ein Gegner wie Aachen stellte da keine wirkliche Herausforderung dar. Ivan Saric, Csaba Balogh und David Baramidze holten drei Siege für Hockenheim, der vierte kam von Arik Braun am Schlußbrett, der das Eröffnungsexperiment seines Gegenspielers Lucas van Foreest 1.d2-d4 h7-h6 gekonnt nach 22 Zügen widerlegte. Mit dem 6:2-Erfolg gegen Aachen schob sich Hockenheim an Solingen vorbei auf den 2. Tabellenrang hinter Baden-Baden. Zum großen Kräftemessen in der Liga kommt es am 3. Dezember zur 5. Runde, wenn Hockenheim im Heimspiel gegen Baden-Baden antritt. Und wer weiß, vielleicht wird Teamchef Blerim Kuci für dieses Treffen Verstärkung aus seinem Starkader - Karpov, Tomashevsky, Vitiugov, Jobava - heranziehen.

Die Schachfreunde Berlin konnten sich doppelt freuen. Nach dem 6:2 gegen Zugzwang München gelang den Hauptstädtern das gleiche Ergebnis am Sonntag gegen Bayern München. Der 6. Platz in der Tabelle ist auf jeden Fall verdient und jenseits aller Abstiegsgefahr. Gegen Bayern München setzten die Schachfreunde einmal mehr den Armenier Hrant Melkumyan ans Spitzenbrett, der gegen Klaus Bischoff einen der vier Berliner Siege holte. Nur der Pole Kacper Piorun mußte Tribut an Michael Fedorovsky leisten.

Das Duell der beiden Aufsteiger SK König Tegel und MSA Zugzwang endete mit einem versöhnlichen 4:4. Für die Hauptstädter, die in der Vorrunde gegen Bayern München ebenfalls ein Mannschaftsremis erspielt hatten, bleibt die Bewertung, ob es ein gutes oder schlechtes Ergebnis war, offen. Ein Nichtabstiegsplatz muß auf jeden Fall noch erkämpft werden. Dagegen hatte die MSA Zugzwang allen Grund zum Feiern, bedeutete das 4:4 gegen König Tegel doch den ersten Punktgewinn in ihrer Bundesliga-Geschichte.

Die 5. und 6. Runde der Saison 2016/17 wird am 3. und 4. Dezember in Aachen, Hockenheim, Dresden und Mülheim ausgespielt, und dann wird sich zeigen, ob Hockenheim Baden-Baden das Fürchten lehrt.


Runde 4, am 20.11.2016

SK Schwäbisch Hall - Speyer-Schwegenheim 7:1

Inarkiev, Ernesto - Neiksans, Arturs 1:0
Jakovenko, Dmitry - Kantans, Toms 1:0
Rodshtein, Maxim - Meskovs, Nikita 1:0
Postny, Evgeny - Shytaj, Luca 1:0
Cornette, Matthieu - Bratanov, Zsivko 1:0
Le Roux, Jean-Pierre - Commercon, Simon 1:0
Raykhman, Alexander - Kraemer, Enrico 0,5:0,5
Zpevak, Pavel - Mager, Denis 0,5:0,5


USV Dresden - OSG Baden Baden 3:5

Eljanov, Pavel - Svidler, Peter 0,5:0,5
Almasi, Zoltan - Wojtaszek, Radoslaw 0,5:0,5
Nisipeanu, Liviu-Dieter - Adams, Michael 0,5:0,5
Bartel, Mateusz - Vallejo Pons, Francisco 0,5:0,5
Gajewski, Grzegorz - Kasimdzhanov, Rustam 0:1
Socko, Bartosz - Bacrot, Etienne 1:0
Maiwald, Jens-Uwe - Shirov, Alexei 0:1
Loxine, Jakov - Naiditsch, Arkadij 0:1


SG Solingen - Hamburger SK 5,5:2,5

Harikrishna, Pentala - Svane, Rasmus 0:1
Ragger, Markus - Huschenbeth, Niclas 1:0
Van Kampen, Robin - Hansen, Sune Berg 0,5:0,5
Predojevic, Borki - Ernst, Sipke 0,5:0,5
Smeets, Jan - Ftacnik, Lubomir 1:0
Sandipan, Chanda - Lampert, Jonas 0,5:0,5
Nikolic, Predrag - Heinemann, Thies 1:0
Andersen, Mads - Sebastian, Dirk 1:0


SV Mülheim Nord - SV Werder Bremen 4,5:3,5

Navara, David - McShane, Luke 1:0
Tregubov, Pavel - Bluebaum, Matthias 0,5:0,5
Fridman, Daniel - Hracek, Zbynek 0,5:0,5
Landa, Konstantin - Nyback, Tomi 0,5:0,5
Berelowitsch, Alexander - Babula, Vlastimil 0,5:0,5
Levin, Felix - Werle, Jan 0,5:0,5
Feygin, Michael - Smerdon, David 0,5:0,5
Hausrath, Daniel - Markgraf, Rolf-Alexander 0,5:0,5


SV Hockenheim - DJK Aachen 6:2

Buhmann, Rainer - van Foreest, Jorden 0,5:0,5
Saric, Ivan - Donchenko, Alexander 1:0
Balogh, Csaba - Nijboer, Friso 1:0
Wagner, Dennis - Dambacher, Martijn 0,5:0,5
Moiseenko, Alexander - Burg, Twan 0,5:0,5
Banusz, Tamas - Zaragatski, Ilja 0,5:0,5
Baramidze, David - Braun, Christian 1:0
Braun, Arik - van Foreest, Lucas 1:0


SV Griesheim - SG Trier 3:5

Krassowizkij, Jaroslaw - Ivanchuk, Vassily 0:1
Grabarczyk, Miroslaw - Gledura, Benjamin 0,5:0,5
Tazbir, Marcin - Bobras, Piotr 0,5:0,5
Jarmula, Lukasz - Graf, Felix 1:0
Walter, Stefan - Haslinger, Stewart 0,5:0,5
Grimm, Julius - Cyborowski, Lukasz 0:1
Koehler, Ronald - Jaracz, Pawel 0:1
Spitzl, Vinzent - Seger, Ruediger 0,5:0,5


MSA Zugzwang - SK König Tegel 4:4

Bromberger, Stefan - Stern, Rene 1:0
Mons, Leon - Rabiega, Robert 0,5:0,5
Hertneck, Gerald - Richter, Michael 0,5:0,5
Schramm, Christian - Moreno Tejera, Emilio 0,5:0,5
Zysk, Robert - Muse, Mladen 0,5:0,5
Hoffmeyer, Falk - Bruedigam, Martin 0,5:0,5
Eichler, Christoph - Fruebing, Stefan 0:1
Lammers, Markus - Muse, Drazen 0,5:0,5


FC Bayern München - Schachfreunde Berlin 2:6

Bischoff, Klaus - Melkumyan, Hrant 0:1
Fedorovsky, Michael - Piorun, Kacper 1:0
Dragnev, Valentin - Vocaturo, Daniele 0:1
Johansson, Linus - Kraemer, Martin 0,5:0,5
Lindgren, Philip - Dvirnyy, Daniyyl 0,5:0,5
Belezky, Alexander - Sprenger, Jan Michael 0:1
Ribli, Zoltan - Jakubowski, Krzysztof 0:1
Schneider, Stefan - Baldauf, Marco 0:1


 Stand nach der 4. Runde: 
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
OSG Baden Baden
SV Hockenheim
SG Solingen
SV Mülheim Nord
SK Schwäbisch Hall
Schachfreunde Berlin
SG Trier
Hamburger SK
Speyer-Schwegenheim
USV Dresden
FC Bayern München
SV Werder Bremen
DJK Aachen
SK König Tegel
MSA Zugzwang
SV Griesheim
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
4
8
8
8
6
5
4
4
4
4
3
3
2
2
2
1
0
24  
22  
22  
17,5
18  
18  
16,5
16  
13,5
14,5
13  
15  
14  
11,5
10,5
10  

23. November 2016


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