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SCHACH-SPHINX/02827: Vorwurf des mütterlichen Instinkts (SB)


Im Leistungssport ganz allgemein haben sich in den letzten Jahren die Grenzen zwischen den Geschlechtern längst aufgehoben. In vielen Bereichen dominieren die Frauen gar ihre männlichen Kontrahenten. Lediglich im Schach scheint diese jahrhundertealte Kluft weiterhin bestehen zu wollen. Nach wie vor sind Großmeisterinnen stark in der Minderheit. Nur wenige Akteurinnen haben die Schwelle zur obersten Riege durchstoßen. Schon die Einteilung des Titels in männliche und weibliche Großmeister besitzt anachronistischen Charakter. Von wenigen Ausnahmen abgesehen sind es Männer, die am Brett das Sagen haben. An den physiologischen Voraussetzungen liegt es ganz sicher nicht. Kein Wissenschaftler, der sich nicht das Kopfschütteln seiner Zunftgenossen zuziehen will, würde behaupten, es gäbe so etwas wie einen weiblichen Denkapparat, ein Gehirn, das sozusagen in der synaptischen Verknüpfung Impulse anders verarbeitet. Man hat in der Vergangenheit zwar häufiger den Versuch unternommen, den Frauen einen geschlechtsspezifischen Schachstil unterzuschieben mit all den bekannten Klischees, daß sie zum Beispiel weniger riskierten und bei der Auswahl der Züge von einem "mütterlichen" Instinkt geleitet würden. Doch erhärten ließ sich dieser "Vorwurf" nie. Von Judit Polgar beispielsweise wird schließlich behauptet, sie spiele "Wildwest-Schach", bevorzuge also einen Stil mit hohem Risiko. Im heutigen Rätsel der Sphinx gelang es ihrer Schwester Zsofia, mit taktisch sehr feinem Gespür die schwarze Stellung aufzubrechen. Dabei ließ sie sich auf die mütterlich-zaghafte Zugfolge 1.Ta1-b1? Lb2-d4+ 2.Kg1-h1 Db8xa8 und schwarzem Vorteil natürlich nicht ein, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/02827: Vorwurf des mütterlichen Instinkts (SB)

Zsofia Polgar - Horvath
Budapest 1993

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Man darf dem indischen Großmeister Viswanathan Anand nicht die Gelegenheit zu einem kombinatorischen Säbelrasseln geben. Meistens unterliegt man dann: 1...f5-f4 2.Lb4xd6! f4xe3 3.f2xe3 Df7-g7 4.Dd1-c2 - plötzlich stehen alle weißen Figuren zum Angriff bereit - 4...Lc8-d7 5.Dc2-c7! Dg7-g5 6.Sh4-f3 Dg5xe3+ 7.Kg1-h1 Lf8-g7 8.Tf1-e1 De3-f4 - oder 8...De3-h6 9.Ld6xe7 - 9.Ld6xe7! Ke8xe7 10.Sf3xe5 und Schwarz gab auf, denn auf 10...Lg7xe5 folgt mit forciertem Sieg 11.Te1xe5+ Ke7-f6 12.Dc7-d6+ Kf6-f7 13.Te5-e7+


Erstveröffentlichung am 27. Juni 1999

15. April 2010