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SCHACH-SPHINX/02860: Das alte Läuferspiel (SB)


Es hat sich eingebürgert, daß nach 1.e2-e4 e7-e5 ein Springerzug zu erfolgen habe, also 2.Sg1-f3 oder 2.Sb1-c3. Vom Läuferspiel 2.Lf1-c4 will man kaum noch etwas wissen. Interessanterweise verläuft eine alte Streitfrage durch diese Eröffnung. Zu gewissen Zeiten stand nämlich der Springerzug 2.Sg1-f3 in einem schlechten Ruf, weil sich die alte Schule der Theorie sagte, daß dadurch die Möglichkeit genommen werde, mittels f2-f4 Einfluß auf das gegnerische Zentrum auszuüben. Diese Lehrmeinung setzte sich freilich nicht durch. Sie wurde im Zuge des Schwindens des altromantischen Königsgambits nahezu völlig verdrängt. Man favorisierte den Springerzug, weil sich das Risiko so beträchtlich herabmindern ließ. Das Kampfmittel f2-f4 erschien den modernen Strategen in einer frühen Phase der Eröffnung als zu gefahrvoll und verbindlich. Hin und wieder greifen jedoch selbst namhafte Großmeister zum Läuferspiel, wenngleich aus dem Kalkül heraus, den Kontrahenten an einer Schwachstelle der Vorbereitung zu treffen. Im heutigen Rätsel der Sphinx wählte kein Geringerer als Garry Kasparow den Zug 2.Lf1-c4 in Verbindung jedoch mit 3.d2-d3, was solider ist und in positionelle Fahrwasser überleitet. Sein Landsmann Barejew hatte zuletzt 1...Sf6- g4? gespielt und damit sein Ende besiegelt, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/02860: Das alte Läuferspiel (SB)

Kasparow - Barejew
Linares 1993

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Nach 1.d7-d8D? wäre der ganze weiße Vorteil wie Sand unter den Fingern zerronnen wegen der Antwort 1...Dh6xh2+ 2.Kf2-e1 Dh2-h1+ 3.Ke1-d2 Tf8xd8 und Schwarz gewinnt. Also spielte Schirow 1.h2-h3!, worauf die Umwandlung des Bauern in eine Dame tatsächlich drohte. Kramnik verteidigte sich mit 1...Lb7-a6, doch nach 2.Kf2-g1! Dh6-h4 - 2...Dh6xh3 3.Dd4-f6+! - 3.Dd4xf4 überschritt er die Bedenkzeit. Seine Lage war jedoch schon hoffnungslos geworden, zum Beispiel 3...Tg8-g7 4.Lc3xf6 oder 3...Tg8-g6 4.Te7-e8 usw.


Erstveröffentlichung am 07. Juli 1999

26. April 2010