Schattenblick →INFOPOOL →SCHACH UND SPIELE → SCHACH

SCHACH-SPHINX/04168: Prahlerei unter französischer Perücke (SB)


Der französische Kaffeehausspieler Deschapelles war eine umstrittene Persönlichkeit. Viele seiner Zeitgenossen hielten ihn lediglich für einen Aufschneider, und auch heute ist man sich über den Wert seiner Kunst und seines Verständnisses nicht einig. Daß er sich ins rechte Licht zu setzen verstand, darin besteht allerdings nicht der geringste Zweifel. Aber hören wir ihn selbst, was er über seine ersten Schachlektionen zu berichten hatte: "Ich ließ mir den zeigen, der für den Adler galt, und folgte aufmerksam während zwei Stunden seinem Spiel. Seine Geheimnisse, mir zuerst unerfaßlich, enthüllten sich doch schnell meinem Geiste, und ich glaube ohne die vorgerückte Zeit wäre ich so verwegen gewesen, gleich mit Herrn Bernard anzubinden, den ich damals spielen sah." Wegen der fortgeschrittenen Zeit mußte das Spiel allerdings auf den nächsten Abend verschoben werden. "Ich schied mit einer Verbeugung, und muß zu meiner Schande bekennen, daß ich bis zur bestimmten Stunde an meine Herausforderung auch nicht einen Augenblick dachte. Doch war ich pünktlich, und fand die Versammlung in lebhafter Diskussion. Alles hörte gleich auf, als ich Herrn Bernard gegenüber Platz genommen hatte, der mir am Schachbrett zuvorgekommen war. Ich muß erklären, daß mir die ersten Züge gar nicht leicht vorkamen. Ohne Zweifel machte ich einen schlechten Plan, und mein Spiel war schnell genug verloren. Ich bitte um Revanche, wobei Herr Bernard als Gewinnender wieder den Zug hat, nach damaliger Regel. Aber nun verbesserte ich, was mir im ersten Spiel mangelhaft geschienen hatte, es wurde ein langer lebhafter Kampf, indessen ich verlor wieder. Am folgenden Tage aber war die Rache glänzend. Mit Ausnahme einer Remispartie verlor Herr Bernard sie alle, ich konnte ihm einen Bauer und zwei Züge vorgeben. Seit dieser Zeit habe ich keinen Fortschritt gemacht und konnte es nicht. In drei Sitzungen höchstens muß man im Schach wissen, was man lernen und werden kann. Mehr Zeit daran zu wenden wäre läppisch." Nun, Wanderer, bilde dir selbst eine Meinung über diesen Menschen. Die Lösung des heutigen Rätsel der Sphinx hätte Deschapelles möglicherweise auch für läppisch gehalten. Wie läßt sich der weiße Angriff forcieren?



SCHACH-SPHINX/04168: Prahlerei unter französischer Perücke (SB)

Tschigorin - N.N.
Ostend 1907

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Sicherlich, die weiße Dame war bedroht, aber da sie zum Siegen nicht unbedingt erforderlich war, opferte sie Weiß mit 1.Te1xb1! und setzte so erfolgreich auf die Kraft seines Freibauern: 1...Ld4xe3 2.Lh6xe3 Dd8-c8 3.Le3-b6 Dc8-a6 4.c6-c7 Da6-c4 5.Lb6-c5! und Schwarz gab sogleich auf.


Erstveröffentlichung am 04. September 2000

14. Oktober 2011