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SCHACH-SPHINX/04508: Die vielen Stufen des Hochmuts (SB)


Großmeisterlicher Hochmut kann charmant sein, nur darf man nicht den Fehler machen, jedes einzelne Wort auf seinen Spottwert zu messen. Eine gewisse sprachliche Leichtigkeit im Umgang mit Situationen war in früheren Tagen gang und gäbe. Erst die messerscharfe Empörung der ewig Kleinkarierten sorgte dafür, daß der Witz aus den Turnierhallen verschwand. 1931 bei der Schacholympiade in Prag war noch einiges davon im Schwange, so zum Beispiel bei Savielly Tartakower, der für die polnische Mannschaft stritt und spielte. Nach Ende der achten Runde hatte Tartakower bei fleißiger Figurenschacherei nur einen halben Punkt abgegeben, ansonsten nur Siege errungen. Mit brustgeschwellter Gönnerhaftigkeit besah er sich schließlich die Tabellenliste. Als er so mit wachsamen Augen zu lesen begann, wandte er schließlich den Kopf zur Seite und richtete sein Wort an die Schar hinter ihm: "Unglaublich! Die Mannschaft von Litauen hat schon mehr Punkte als ich!" Ironischer Witz lebt nicht von brüllendem Gelächter. Nicht die derbe Pointe des großen Haufens ist sein Ziel. Der Pfeil, der trifft, ist klein. Man lächelt im Geiste - nur Dreistigkeit verletzt die Ehre. Im heutigen Rätsel der Sphinx konnte Meister Tartakower mit den schwarzen Steinen gegen seinen Kontrahenten Geza Maroczy dank einer langschweifigen Kombination den Sieg davontragen. Nun, Wanderer, die Kombination ist lang, doch schon die ersten kraftvollen Züge zu finden, verspricht delikaten Genuß!

SCHACH-SPHINX/04508: Die vielen Stufen des Hochmuts
Maroczy - Tartakower
Teplitz-Schönau 1922

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Tartakower schickte seine Dame auf Wanderschaft, die weiße Grundreihe zu schwächen. Ihr Gang war leicht, zeigte aber große Wirkung: 1...Db5- c5+ 2.Kg1-h1 Dc5-c4 3.Kh1-g1 Dc4-d4+ 4.Kg1-h1 Dd4-e4 5.De1-c1 De4-d3! - 5...De4-e2 6.Tg5-f5! - 6.Kh1-g1 Dd3-d4+ 7.Kg1-h1 Dd4-d2 und Schwarz gab auf.


Erstveröffentlichung am 17. Dezember 2000

19. September 2012