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SCHACH-SPHINX/04553: Das Dilemma mit der Menschlichkeit (SB)


War es Feigheit oder sprach die Stimme der Vernunft, als sich der deutsche Großmeister Eduard Hübner 1994 beim PCA-Blitzturnier in München strikt weigerte, gegen das Schachprogramm "Pentium Fritz 3" zu spielen? Man erinnerte sich da plötzlich an alte unrühmliche Turniertage zurück, als Hübner ebenfalls die Kurve kratzte und seine Anhänger beschämt zurückließ. Doch Feigheit war sicherlich nicht sein Motiv, als er dem Rechenkobold kampflos einen Punkt überließ. Vielmehr war die Verhältnismäßigkeit ins Wanken geraten. Gegen hunderttausend Rechenzüge pro Sekunde haben nur noch die allerwenigsten Blitzmeister eine Chance. Daß der menschlichen Entschlußkraft natürliche Grenzen gesetzt sind, muß nicht erst bewiesen werden. Man kann mit Sicherheit eine Maschine konzipieren, die jeden Schachspieler in den Boden stampft, wie in New York geschehen. Außer daß die Computerbrance einen riesigen Werbeerfolg einheimste, hatte sich nichts Weltbewegendes ereignet. Der Aussagewert des Treffens war ohnehin Makulatur. Daß Computer denken können, welcher Wahnwitz, wenn man sich vor Augen führt, daß selbst die gescheitesten Köpfe der Wissenschaft dem Phänomen des Denkens ratlos gegenüberstehen. Wer Computer mit Menschen unbedingt vergleichen will, muß erst einen Maßstab schaffen, um beide Systeme unter annähernd gleichen Bedingungen testen zu können. Hübners Nein in München war ein Kassandraruf. Später wird man darin vielleicht eine vorausblickende Prophetie erkennen, bis dahin jedoch wird die menschliche Urteilskraft weiterhin von Marktinteressen dominiert. Zurück zum heutigen Rätsel der Sphinx. Menschlich soll es hier zugehen, irrtumsschwanger also, und im Irrtum befand sich Meister Thomas Meier, der seine schwarze Königsburg kaum hinreichend gegen den Sturmangriff der weißen Figuren abgesichert hatte. Also, Wanderer, bediene dich der Stärken der Menschlichkeit!



SCHACH-SPHINX/04553: Das Dilemma mit der Menschlichkeit (SB)

Berezjuk - Meier
Passau 1993

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Mit Seneca geht alles leichter, sagte sich Kasparow und grübelte darüber nach, warum er während der Partie die Gewinnfolge 1.Dd5-a8+! Sd7-b8 2.Lg5-f4 Da6-b7 3.Da8xb7 Kc8xb7 4.Kg1xf1 nicht gefunden hatte, denn was hätte Kramnik gegen 5.Tb1-d1 gefolgt von 6.Se4-d6 noch ausrichten können?


Erstveröffentlichung am 30. Dezember 2000

04. November 2012





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