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SCHACH-SPHINX/04676: Schmuckkästchen der Seele (SB)


Siegbert Tarrasch war nicht nur ein außergewöhnlicher Schachmeister, er besaß auch einen ganz speziellen Spleen. So ließ er sich die Springer vor Beginn einer Partie stets so aufstellen, daß deren Köpfe zu ihm gewandt waren. Saß er dann vor dem Brett, stolz wie ein Schulmeister, war es ihm ein heiliges Ritual, die Springer wieder in die andere Richtung blicken zu lassen. Wehe, wenn man ihm diese Lust und Angewohnheit nahm. Dann verzerrte sich sein Gesicht zu einer Maske der Mißbilligung, dann blickte er, als hätte man ihm um sein Liebstes betrogen, finster-strafend in die Runde auf der Suche nach dem schuldigen Zeremonienfeind. Daher sah das Turnierpersonal pflichtschuldigst zu, Tarraschs Springer immer verkehrt herum zu platzieren. Mit tiefer Genugtuung, selig bis in den kleinen Zeh, korrigierte Tarrasch dann wie zum letzten Schliff greifend die Grundposition. Derart zufriedengestellt konnte er im heutigen Rätsel der Sphinx seinen Kontrahenten Schlechter, den zu besiegen, eine echte Meisterleistung war, in vier Zügen zur Kapitulation zwingen. Also, Wanderer, jedem Meister sein Steckenpferd!



SCHACH-SPHINX/04676: Schmuckkästchen der Seele (SB)

Tarrasch - Schlechter
Leipzig 1894

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Réti legte mit 1...Kg4-g5!? eine listige Falle. Natürlich hätte nun 2.Tb4-b5+ Kg5-f6 3.Tb5-b3 oder 2...Kg5-h4 3.Tb5-b4 das Remis sichergestellt. Doch Meister Kostisch ließ sich zu 2.b6-b7? verführen, weil er das drohende Mattnetz nach 2...f4-f3! 3.Tb4-b1 Td2-g2+ 4.Kg1- f1 Tg2-d2 5.Tb1-b5+ Kg5-g4 6.Kf1-e1 Td2-e2+! 7.Ke1-d1 g3-g2 übersehen hatte.


Erstveröffentlichung am 09. Februar 2001

07. März 2013





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