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SCHACH-SPHINX/05059: Und plötzlich brannte das Hotel (SB)


"Ich bin zu heiß und verbrannt von eigenen Gedanken: oft will es mir den Atem nehmen." Das ließ der Philosoph Friedrich Nietzsche seinen "Zarathustra" sagen. So ähnlich wäre es um ein Haar auch den 385 Turnierteilnehmern beim US Open in New York 1980 ergangen. Völlig unbemerkt von ihnen war ein Brand ausgebrochen. Als die ersten gellenden Rufe sie erreichten, dachte keiner von ihnen daran, aufzustehen und das eigene Leben zu retten. Ganz im Gegenteil saßen sie um so beharrlicher auf den Stühlen, vornübergebeugt, den Blick unverwandt aufs Brett fixiert und überhörten einfach alles, was außerhalb des Spielsaals vor sich ging. Mochte ein Feuer ausgebrochen sein, so ihre Gedanken, zum Löschen war schließlich die Feuerwehr da. So klein war der Brand nun wieder nicht, daß nicht Gefahr bestand, zumindest im dichten Qualm umzukommen. Erst als das Hotelpersonal darauf aufmerksam wurde, daß alles Volk das Hotel mit panischem Schrecken verlassen hatte, nur eben die Schachspieler nicht, schritt es ein, schrie die Spieler und zerrte sie mit sanfter Gewalt von den Brettern weg. Mürrisch nur gaben diese nach und lenkten in die Rettungsaktion ein. Wohl mancher ärgerte sich hinterher, daß er seinen Angriff nicht zu Ende führen konnte. Es hieß, einige "Querköpfe" hätten bei ihrer Flucht sogar das Brett mitgenommen, um die Partie draußen im Freien zu Ende spielen zu können. Was lernen wir von alledem: Es ist schwerer, Schachspieler vorm Feuer zu retten, als mit der Hand Nüsse zu zerknacken! Auch für den russischen Ex-Weltmeister Boris Spasski schien Gefahr im Verzug zu sein, als er seinen letzten Zug 1...Sc6xd4 ausführte, denn immerhin hätte sein Kontrahent Adorjan nun mit 2.De2-f2 und dank des Doppelangriffs auf die beiden schwarzen Springer eine Figur gewinnen können. Hatte sich Spasski im heutigen Rätsel der Sphinx tatsächlich vertan, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/05059: Und plötzlich brannte das Hotel (SB)

Adorjan - Spasski
Moskau 1982

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Die weiße Grundreihe war schwach. Mehr noch: Sie war offen wie ein Scheunentor. Trotzdem mußte der kanadische Meister Suttles erst mit dem richtigen Dreh an die Sache herangehen, um diese Schwäche zu seiner eigenen Stärke zu verkehren. Dies schaffte er jedoch mit 1...Db6-f6!! Parbleu! rief sein Kontrahent Arguna aus und gab sofort auf. Warum? Nun, blieb die schwarze Dame unbehelligt, so ging der weiße Springer verloren, hätte Meister Arguna jedoch 2.Tf1xf6 gespielt, so wäre nicht minder vernichtend 2...Ta8-a1+ 3.Lg4-d1 Lh6xg5 gefolgt mit Rückgewinn der weißen Dame, die nicht zurückschlagen noch das Feld hätte räumen dürfen wegen 4...Te8-e1+ mit Schach und Matt.


Erstveröffentlichung am 14. Juni 2001

25. März 2014





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