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SCHACH-SPHINX/05400: Mythos Bobby Fischer (SB)


Als sich der amerikanische Großmeister Bobby Fischer 1973 aus scheinbar unerfindlichen Gründen aus der Turnierarena zurückzog, meldeten sich kaum eine Woche später die ersten Gerüchte zu Wort, die von einer Geistesverwirrung des damaligen Weltmeisters gehört haben wollten. Nicht wenige seiner Schachkollegen glaubten seinerzeit nichtsdestotrotz nur an eine kurzfristige Verstimmung, hofften, daß Fischer über kurz oder lang wieder zur Besinnung kommen würde. Aber die Wirklichkeit belehrte sie eines Besseren. Vordergründig wurde zwar das Argument hochgehalten, Streitigkeiten mit dem Weltschachbund FIDE hätten zu Fischers strikter Schachverweigerung geführt, doch die Gründe müssen, aus heutiger, kritisch-distanzierter Sicht wohl eher im Persönlichen gesucht werden. Fischer war mit dem Erringen der Weltmeisterschaft in Reykjavik an eine Grenze gekommen. Sein ganzer aufgestauter Groll gegen die widrigen Umstände seines Lebens, dann sein Unmut gegen die aus seiner Sicht erschlichene russische Dominanz in der Turnierwelt, all dies schien nach dem Titelkampf gegen den Russen Boris Spasski verraucht zu sein. Sinnkrise nennt man dies in der Psychologie. Fischer hatte wohl keinen Anhaltspunkt mehr finden können, wogegen sich sein Trotz richten, oder besser gesagt sich aufrichten konnte. Beziehungsreich formulierte Fischer seinen Rücktritt aus der Schachwelt dann auch mit der fast kindlich anmutenden Beschwerde, die Erwachsenenwelt, also die FIDE, erfülle seine Forderungen nicht. Nun, trotz seiner zuweilen recht strapaziösen Gemütsart hatte Fischer der Nachwelt eine solche Fülle an grandiosen Schachkombinationen hinterlassen, daß man noch auf Jahrzehnte hinaus an seinem Werk Freude finden kann. Das Zeitlose seiner Partien ist es, was sie so bezaubernd macht. Im heutigen Rätsel der Sphinx aus der Schacholympiade in Leipzig 1960 gegen den chilenischen Meister Letelier zauberte Fischer mit den schwarzen Steinen einen der schönsten Kombinationssiege seiner Laufbahn hin. Kannst du das Hinlenkungsopfer ergründen, Wanderer, das nach einem kurzen Vorspiel die Partie in wenigen Zügen für Fischer entschied?



SCHACH-SPHINX/05400: Mythos Bobby Fischer (SB)

Letelier - Fischer
Leipzig 1960

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Der Figurengewinn ließ Garry Kasparow nicht übermütig werden. Statt dessen war er, um den gefährlichen weißen Freibauern zu eliminieren, sogar bereit, seine Dame einstweilen ins Geschäft zu stecken, um nach 1...Lb6-a5 2.Tc1-c8 Dg5-b5 3.Tf1-c1 Db5xb7 4.De4-e8 Db7xc8 5.De8xc8 La5-d2! - droht 6...Ld2xc1 7.Dc8xc1 Tf8-b8 - 6.h2-h3 h7-h6! 7.Dc8-c4 Ld2xc1 8.Dc4xc1 Tb2xf2 9.Dc1-c7 a7-a6 10.Dc7-a7 Tf2-f6 11.a3-a4 Tf8-d8 12.a4-a5 Td8-d1+ 13.Kg1-h2 Td1-d2 14.Da7-a8+ Kg8-h7 in ein leicht zu gewinnendes Endspiel überzulenken.


Erstveröffentlichung am 24. März 2002

01. März 2015


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