Der russische Großmeister Paul Keres ist mit Sicherheit der größte Pechvogel, den es in der Geschichte der Schachturniere je gegeben hat. Seit er sich in den 30er Jahren mit einer Reihe glanzvoller Turniersiege mit an die Spitze der Weltklassespieler katapultiert hatte, schaffte er es in einer Handvoll Kandidatenturnieren bis kurz vor die Herausforderung des Weltmeisters. Diese letzte Tür konnte er jedoch nie aufschlagen. Stets kam ihn ein anderer Konkurrent zuvor, so daß man ihm in der Fachpresse schließlich den Spottnamen 'Der ewige Zweite' anhängte. Das Pech, so erklärte einer seiner Großmeisterkollegen, verfolge ihn wie ein Schatten. Daß er dennoch zu den versiertesten Meistern der frühen Russischen Schule zu zählen ist, daran bestand nie ein Zweifel. Sein Eifer richtete sich nicht nur auf das Gewinnen von Schachturnieren. Auch auf literarischem Gebiet erwarb er sich einen verdienstvollen Namen. Insbesondere als Theoretiker und Erforscher neuer Wege in der Eröffnungstheorie trat er in den 50er und 60er Jahren in Erscheinung. Im heutigen Rätsel der Sphinx kreuzte er die Klingen mit seinem holländischen Freund und Meisterkollegen Max Euwe. Mit den schwarzen Steinen verschaffte er sich das Läuferpaar sowie einen Mehrbauern. Das einzige, was er unbedingt verhindern mußte, war, daß Euwe seinen Läufer auf e6 befestigte. Wenn ihm das gelungen wäre, hätte sich Euwe durchaus gute Remischancen ausrechnen können. Der Läufer durfte also auf keinen Fall zu einem Pfahl in der schwarzen Stellung werden. Kannst du ergründen, Wanderer, mit welcher geschickten Opferkombination Keres zwei Probleme auf einen Schlag löste, nämlich den weißen Läufer zu beseitigen und die schwarze Streitmacht zu einem siegreichen Angriff zu mobilisieren?
Euwe - Keres
Beverwijk 1940
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Wolfgang Unzickers Gespür für die Erfordernisse einer Stellung ließ
ihn leicht erkennen, wie der schwarze Bauernwall zu sprengen war, und
zwar mit dem Bauernopfer 1.e4-e5! Das Schlagen mit dem Bauern verbot
sich nun wegen 1...f6xe5 2.f5-f6! g7xf6 3.Dd3-g6+ Dc7-g7 4.Dg6xg7+
Kg8xg7 5.e6-e7 bzw. 3...Kg8-f8 Dg6-f6+ Kf8-g8 4.e5-e6 mt jeweils
bequemem Sieg. Dückstein mußte also 1...Dc7xe5 ziehen, aber nach 2.Dd3-
d8+ Kg8-h7 3.e6-e7 De5-f5+ 4.Kf3-g2 Df5-e4+ 5.Kg2-h2 stand er auf
verlorenem Posten und gab auf, denn nach eigenen weiteren Racheschachs
wäre Schluß gewesen: 5...Df5-c2+ 6.Kh2-g1 Dc2-c1+ 7.Kg1-f2 Dc1-c2+
8.Lb5-e2 Dc2-f5+ 9.Kf2-g1 Df5-b1+ 10.Le2-f1.
Erstveröffentlichung am 26. März 2002
03. März 2015
Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang