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SCHACH-SPHINX/05640: Feindschaftsmedizin (SB)


Man soll sich mit Feindschaften nicht lange aufhalten, denn es gibt Wichtigeres zu tun, als sich mit Steinen, die einem den Weg versperren, herumzuplagen. Doch wie räumt man sie aus dem Wege, ohne sich hinterher von einem nicht enden wollenden Prozessieren die Zeit rauben zu lassen? Ein offenes Wort wäre das Einfachste. Nicht immer jedoch ist der andere einsichtig. Es soll ja auch Menschen geben, deren Lebenssinn gerade diese Verzögerungen sind. Das Schwert beendet, was das Wort begann, so ein arabischer Weisheitsspruch, allein unpassend für die heutige Zeit. Was also nimmt man statt dieser antiquierten Waffe? Intrigen dauern zu lange, und nur selten kann man sicher sein, nicht selbst zur Zielscheibe zu werden. Bei aller Grübelei will einem kein vernünftiger Gedanke einfallen. Doch siehe da, der Schriftsteller Herbert George fand einen Ausweg, bequem, sauber und doch restlos alle Konflikte aus der Welt schaffend: "Nehmen Sie einen vielversprechenden Politiker, oder einen aufstrebenden Künstler, den Sie zu vernichten wünschen. Dolch oder Bombe sind viel zu altmodisch und unzuverlässig. Lehren Sie ihn Schach, infizieren Sie ihn damit - es wird ihn auslöschen." Nun hat das Schach für viele Auswüchse den Kopf hinhalten müssen; zur Liebe nun die Feindschaftsmedizin? Nun gut, geleimter Rat, aus Feindschaft Freundschaft wecken, wäre dies nicht ein doppelter Gewinn aus dem Schachspiel? Im heutigen Rätsel der Sphinx ging es zwar auch recht rabiat zu, doch die Blessuren blieben auf dem Brett. Meister Teschner hatte auf der Berliner Meisterschaft von 1954 einmal mehr bewiesen, wozu kapriziöse Züge so alles gut sein können. Jedenfalls hatte sein Kontrahent Delander im heutigen Rätsel der Sphinx mit seinem letzten Zug 1...Sa6-b8 das Nötige dazu getan, um aus der Kaprice eine Karambolage zu machen. Also, Wanderer, was folgte nach dem ungehobelten Zug Delanders?



SCHACH-SPHINX/05640: Feindschaftsmedizin (SB)

Teschner - Delander
Berlin 1954

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
"Das Maß ist hart", so Goethe, und auch für den jugoslawischen Meister Ljubojevic wurde es recht haarig, nachdem er seinem König allen Schutz entzogen hatte. Sein Kontrahent Short, einer von Englands hellsten Schachsternen, nutzte dies auf seine Art und trieb die schwarze Majestät von ihrer Burg bis hin zur gegnerischen Richtstatt mit glänzenden Opferkalkülen: 1.Ld4xg7! Kg8xg7 2.Sg3-h5+ Kg7-g6 - sonst folgt 3.g5-g6! und der schwarze König wird in seinen eigenen Gemächern niedergedolcht - 3.e4-e5+! Kg6xh5 4.Dd2-f4 Le7xg5 5.Df4xf7+ Kh5-h4 6.Df7-h7+ Kh4-g3 7.Dh7-h5 Kg3-h2 - nichts hilft mehr - 8.Dh5xg5 Te8-g8 9.Td1-d2+ Lc6-g2 10.Dg5-f4+ Tg8-g3 11.Ld3-e4 Db7xe4 12.Df4xe4 und Schwarz gab auf.


Erstveröffentlichung am 15. November 2002

27. Oktober 2015


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