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SCHACH-SPHINX/05945: Der Menschlichkeit das Wort gesprochen (SB)


War es Feigheit oder sprach doch die Stimme der Vernunft, als sich der deutsche Großmeister Eduard Hübner 1994 beim PCA-Blitzturnier in München strikt weigerte, gegen das Schachprogramm "Pentium Fritz 3" zu spielen? Man erinnerte sich an alte unrühmliche Tage zurück, als Hübner ebenfalls die Kurve kratzte und seine Anhänger beschämt zurückließ. Doch Feigheit war sicherlich nicht sein Motiv, als er dem Rechenmonster kampflos einen Punkt überließ. Die Verhältnismäßigkeit war ins Wanken geraten. Bei 100.000 berechenbaren Zügen pro Sekunde haben nur noch die allerwenigsten Blitzmeister eine Chance. Daß der menschlichen Entschlußkraft natürliche Grenzen gesetzt sind, muß man nicht erst beweisen müssen. Man kann mit Sicherheit eine Maschine konzipieren, in New York ist es ja geschehen, die jeden Schachspieler in den Boden stampft. Außer daß die Computerbrance einen riesigen Werbefeldzug inszenierte, ereignete sich nichts Weltbewegendes. Der Aussagewert des Treffens war ohnehin Makulatur. Daß Computer denken können, welcher Wahnwitz, wenn man in Rechnung stellt, daß selbst die gescheitesten Köpfe der Wissenschaft dem Phänomen des Denkens weitestgehend ratlos gegenüberstehen. Wer Computer mit Menschen unbedingt vergleichen will, der muß erst eine Brücke bauen, wo beide Systeme unter annähernd gleichen Bedingungen getestet werden können. Hübners Nein in München war im Grunde ein Kassandraruf. Später wird man vielleicht darin eine vorausblickende Prophetie erkennen, bis dahin jedoch diktieren die Marktinteressen die menschliche Urteilskraft. Doch nun zurück zum heutigen Rätsel der Sphinx, und menschlich soll es hier zugehen, irrtumsschwanger also, und im Irrtum befand sich Meister Thomas Meier, der seine schwarze Königsburg kaum hinreichend gegen den Sturmangriff der weißen Figuren abgesichert hatte. Also, Wanderer, bediene dich der Menschlichkeit!



SCHACH-SPHINX/05945: Der Menschlichkeit das Wort gesprochen (SB)

Berezjuk - Meier
Passau 1993

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Mit Seneca geht alles leichter, sagte sich Kasparow und grübelte darüber nach, warum er während der Partie nicht 1.Dd5-a8+! Sd7-b8 2.Lg5-f4 Da6-b7 3.Da8xb7+ Kc8xb7 4.Kg1xf1 gefunden hatte, denn was hätte Kramnik gegen 5.Tb1-d1 gefolgt von 6.Se4-d6 dann noch ausrichten können?


Erstveröffentlichung am 13. September 2003

01. September 2016


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