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SCHACH-SPHINX/06007: Karpows Schande (SB)


Anatoli Karpow hatte gerade ein Jahr zuvor kampflos den Titel des Weltmeisters zugesprochen bekommen, weil der Amerikaner Bobby Fischer nach einem Zank mit der FIDE das Dasein eines der Welt absagenden Eremiten gewählt hatte, als er in Leningrad 1977 auf seinen Landsmann Mark Taimanow traf. Dieser war in den Jahren zuvor von Fischer viele Male unsanft auf das 64feldrige Brett geworfen worden. Da sich Taimanow nun schon nicht mehr an Fischer rächen konnte, war es ihm eine rechte Genugtuung, sich stellvertretend an Karpow zu halten. Ohnehin hatte Karpow mit dem unrühmlichen Ruf zu kämpfen, sich den Titel gewissermaßen durch die Hintertür erschlichen zu haben. Ein Sieg über Karpow 1977 galt viel und um so mehr, als sich der Moskauer Meister durch ein halbherziges Auftreten in der Öffentlichkeit nicht gerade Sympathien erworben hatte. Karpow zog den Königsbauern und Taimanow verteidigte erwartungsgemäß sizilianisch. Bis zum 37. Zug spielte Karpow eines Weltmeisters würdig. Taimanow, der arg in Zeitnot geraten war, hatte die Partie innerlich schon abgeschrieben, als Karpows 37.b5-b6? zog. Taimanow nutzte nun die wenige Bedenkzeit, um den Thron des Weltmeisters tüchtig ins Wanken zu bringen. Blitzschnell erwiderte Taimanow 37...Ta8-a1 - 38.Tb3-b1 war erzwungen, und so haben wir die letzten Züge im heutigen Rätsel der Sphinx rekapituliert. Was noch fehlt, ist das große Feuerwerk, mit dem Taimanow dem Weltmeister die größte Schlappe des Jahres 1977 bereitete, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/06007: Karpows Schande (SB)

Karpow - Taimanow
Leningrad 1977

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Königszüge müssen wohlbedacht sein, doch der Schweizer Jungmeister hatte nach 1...Tb8-c8+ keinen Sinn für diese Mahnung und lieferte sich nach 2.Kc5-b5?? eigenhändig ans Messer: 2...Lf5-d7+ 3.Kb5-a6 Dc2-f5 4.Ka6-a5 Sb6xc4+ 5.Ka5-b4 Df5-e6 6.Sc3-e4 De6-b6+ 7.Kb4-c3 Db6-d4+ 8.Kc3-b3 Tc8-b8+ 9.Kb3-c2 Sc4-a3+ und Weiß gab auf.


Erstveröffentlichung am 11. November 2003

02. November 2016


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