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SCHACH-SPHINX/07164: Zwang zur Gruppenidentifizierung? (SB)


"Ob Schach Sport ist - diese Frage ist noch ungeklärt", erklärte einst Dr. Paul Tröger, "sicher aber ist, daß Turnierschach eine Strapaze ist, eine größere als mancher sportliche Wettkampf". Warum unterziehen sich dann soviele Meister dieser Tortur? Unter Fachleuten herrscht nämlich durchaus die Meinung vor, daß nicht die reale Spielstärke ermittelt wird, sondern nur der Quotient aus Durchhaltevermögen, schlauem Kalkül und Glück. Nicht wenige vermuten ferner, daß irgendwo, vielleicht in einer polnischen Stube oder in einer afrikanischen Strohhütte, Spieler mit weitaus stärkerer Spielstärke zu finden sind, als man glauben möchte. Geschichten über eine zufällige Begegnung zwischen einem namhaften Meister und einem Gelegenheitsschacher, bei der der Prominente vom Nobody empfindlich geschlagen wird, sind selten, aber dies nicht, weil sie in Wahrheit nicht häufiger auftreten könnten. Vielmehr bleiben die Meister in der Regel unter sich, ebenso wie ihre unbekannten Mitstreiter. Psychologen haben darüber hinaus herausgefunden, daß unter Turnierspielern eine starke Neigung zur Gruppenidentifizierung vorherrscht, das heißt, sie haben sich unausgesprochen darauf geeinigt, eine bestimmte Art von Schach, die konventionelle nämlich, zu spielen. Andere Denkachsen werden betulich vermieden, weil sie die Übereinkunft verletzen würden. Es wäre bei einem Spiel, dessen unendliche Möglichkeiten immer wieder hervorgehoben werden, auch verwunderlich, wenn er nur eine einzige grundstrategische Konzeption geben würde. Für die einen mag es ein Märchen sein, Spuren von einem außerhistorischen Schach gibt es in den Legenden freilich einige. Im heutigen Rätsel der Sphinx allerdings traten zwei biedere Schachcharaktere aufeinander. Schwarz hatte zuletzt 1...e6-e5 gespielt und wurde nun von einer feinen Kombination eines Besseren belehrt, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/07164: Zwang zur Gruppenidentifizierung? (SB)

Pliester - Ligterink
Amsterdam 1982

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Die junge Georgierin besaß ein feines Talent für taktische Lösungen. Auf der UdSSR-Juniorenmeisterschaft gewann sie mit 1.Tb1xb6! a7xb6 2.Le2-c4 Lf5-e6 3.Te1xe6! - prächtige Opferfolge - 3...f7xe6?! - ruiniert die schwarze Stellung rascher als nötig getan hätte, mit 3...Te8xe6 war zäherer Widerstand möglich - 4.Dc1-f4 Dc8-d7 - 4...Te8- f8 5.Df4xf8+ Dc8xf8 6.Lc4xe6+ nebst Matt - 5.Lc4-b5! und Schwarz gab auf.


Erstveröffentlichung am 8. Januar 2007

28. Januar 2020


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