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MELDUNG/258: Lautstarker Unmut beim müden Gefecht zwischen Mosley und Mora (SB)



Zu allem Überfluß ein nicht nachvollziehbares Unentschieden

Genau 13.591 zahlende Zuschauer harrten im Staples Center in Los Angeles eines spektakulären Kampfs zwischen Shane Mosley und Sergio Mora, den die veranstaltenden Golden Boy Promotions werbewirksam mit der 200-Jahr-Feier Mexikos verknüpft hatten. Doch was sie zu sehen bekamen, war eine überaus enttäuschende Darbietung, die von den letzten Runden abgesehen fast durchweg von mehr oder minder lautstarken Unmutsäußerungen des Publikums begleitet war. Am Ende gab es keinen Sieger, da sich die Punktrichter dem Niveau der Boxer anschlossen und mit 113:115, 116:112 und 114:114 ein Unentschieden notiert hatten, das den Kampfverlauf keineswegs angemessen wiedergab.

Als Golden-Boy-Geschäftsführer Richard Schaefer unmittelbar nach dem Debakel einen Scherz riskierte und von einer Revanche sprach, lachte keiner der versammelten Reporter. Ernst werdend fuhr er fort, man habe ausgezeichnete Vorkämpfe mit Siegen von Saul Alvarez, Victor Ortiz und Daniel Ponce De Leon gesehen. Der Hauptkampf sei hingegen das gewesen, was er eben war.

Für gewöhnlich tritt Mosley im Weltergewicht an, während Mora im Mittelgewicht boxt. Um dieses Duell über die Bühne zu bringen, hatte man sich auf das Halbmittelgewicht geeinigt. Da Mora jedoch beim offiziellen Wiegen zu schwer war, verdonnerte ihn die kalifornische Sportkommission dazu, 20 Prozent seiner Börse an den Gegner abzutreten. Daher erhielt Mosley neben der vereinbarten Million zusätzlich 57.000 der Mora zugesicherten 285.000 Dollar. Wie das deutliche Gefälle der Gagen zeigt, war der inzwischen 39 Jahre alte "Sugar" Shane Mosley der prominentere der beiden Stars.

Der frühere Weltmeister im Leichtgewicht, Weltergewicht und Halbmittelgewicht hatte vor diesem Auftritt 46 Siege und sechs Niederlagen vorzuweisen. Zuletzt hatte er freilich im Mai gegen Floyd Mayweather keine gute Figur gemacht, der ihn im bislang umsatzstärksten Kampf dieses Jahres klar in die Schranken wies. Sergio Mora war in der Vergangenheit Champion im Halbmittelgewicht und hatte 2005 die Reality-Serie "The Contender" gewonnen. Der 29jährige trat mit einer Bilanz von 21 gewonnenen sowie je einem verlorenen und unentschieden beendeten Kampf an.

Obgleich er größer und schwerer war, zeigte Mora lange Zeit enormen Respekt vor Mosley und boxte viel zu passiv. Wahlweise rannte er weg oder klammerte, so daß Mosley in diesem zähen und langweiligen Gefecht auch nicht zum Zuge kam, aber immerhin aktiver wirkte. Erst in der zweiten Hälfte des Kampfs legte Mora seine Zurückhaltung allmählich ab und traf nun etwas häufiger als zuvor, ohne deshalb zu dominieren. Zwar brachte er mitunter seine Rechte ins Ziel, doch fehlte ihm offensichtlich die Schlagwirkung, um Mosley zu erschüttern, obgleich dieser in den letzten beiden Runden sehr müde wirkte.

Wie Sergio Mora hinterher versicherte, sei er gekommen, um zu gewinnen. Sein Respekt vor Shane Mosley habe ihm jedoch im Weg gestanden. "Ich hätte auf meine Ecke hören sollen, die mir sagte, daß der Kampf eng sei. Ich dachte immer, daß ich führe. Ich bin mit Shane Mosley über zwölf Runden gegangen, das allein ist schon eine gute Leistung. Ehrlich gesagt denke ich aber, daß ich gewonnen habe."

Shane Mosley gab sich im HBO-Interview versöhnlich und erklärte, alle beide hätten hart gekämpft und ein faires Urteil bekommen. Da Mora kein großer Puncher sei, habe man einen eher taktischen Kampf gesehen. Der Gegner sei sehr beweglich gewesen und häufig weggelaufen, was sich auf seine eigene Leistung ausgewirkt habe. Beim nächsten Mal wolle er gegen jemanden kämpfen, der eher seiner Größe und seinem Gewicht entspricht.

Die Mehrzahl der Experten und computergestützten Statistiken stimmen darin überein, daß Shane Mosley den Sieg verdient hätte, da er nicht nur aggressiver zu Werke ging, sondern auch eine deutlich bessere Trefferquote aufwies. Einen Gefallen haben sich mit dem enttäuschenden Auftritt beide nicht getan, wobei Mosley nach der Niederlage gegen Mayweather nun den Eindruck verstärkt hat, daß sein früheres Können inzwischen rapide schwindet. Eigentlich wollte er sich mit einem überzeugenden Auftritt gegen Mora für ein Duell mit Manny Pacquiao oder Rückkämpfe gegen Mayweather und Miguel Cotto empfehlen, doch wie es nun aussieht, wird er keinen der drei vor die Fäuste bekommen.

Cotto hatte Mosley 2007 in einem Titelkampf des Weltergewichts mit hauchdünnem Vorsprung besiegt. Später stieg er ins Halbmittelgewicht auf und entthronte dort im Juni 2010 Yuri Foreman aus New York. Für die erste Titelverteidigung, die am 4. Dezember über die Bühne gehen soll, ist noch kein Herausforderer benannt. Daß Shane Mosley diese Chance bekommt, ist indessen schon deswegen unwahrscheinlich, weil sich die Golden Boy Promotions und Cottos Promoter Top Rank in der Wolle haben. Von grundsätzlichen Revierkämpfen abgesehen, entsprang dieser Streit dem Gezerre um ein Duell zwischen Manny Pacquiao, den Bob Arum unter Vertrag hat, und Floyd Mayweather, den Oscar de la Hoyas Unternehmen vermarktet. Dieser Kampf, in dem beide Boxer bis zu 40 Millionen Dollar verdient hätten, war bereits im Frühjahr anberaumt, dann aber vor allem von seiten Mayweathers unter wechselnden Vorwänden torpediert worden.

25. September 2010