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MELDUNG/717: Voreiliger Abgesang auf Paul Williams? (SB)



US-Amerikaner will seine Kritiker Lügen strafen

Paul Williams kann ein Lied davon singen, wie rasch ein ehemals gerühmter Boxer nach ersten Rückschlägen von denselben Experten und Medienvertretern verächtlich zum Verlierer abgestempelt und für ausgemustert erklärt wird. Der frühere WBO-Weltmeister im Weltergewicht hatte 39 Kämpfe gewonnen und nur einen verloren, als er im November 2010 im Mittelgewicht auf Sergio Martinez traf. Der Argentinier hatte im Frühjahr in der Boardwalk Hall von Atlantic City überraschend Kelly Pavlik durch einen einstimmigen Punktsieg als Weltmeister der Verbände WBC und WBO entthront. Nach diesem Erfolg gegen den zuvor als weltbesten Mittelgewichtsboxer gehandelten Champion aus Youngstown in Ohio sprachen viele von einer einmaligen Sternstunde des Argentiniers, der bald ein Absturz folgen werde. Martinez machte jedoch allen Zweifeln ein Ende und bereitete dem favorisierten Williams eine schwere Niederlage in der zweiten Runde, die den US-Star jäh aus seinem Höhenflug riß.

Nach diesem Debakel ging es für Paul Williams darum, sich mit seinem nächsten Auftritt zu rehabilitieren und seine Zugehörigkeit zur Weltspitze zu untermauern. Am 9. Juli 2011 traf er im Halbmittelgewicht auf Erislandy Lara, für den 15 Siege und ein Unentschieden zu Buche standen. Der Kubaner hatte zu Amateurzeiten herausragend geboxt und sich auch im Profilager ausgezeichnet gehalten, jedoch zuletzt gegen Carlos Molina nicht überzeugt. Daher stand für beide Kontrahenten eine Wiedergutmachung an, die Lara trotz einer Niederlage weit besser als Williams gelingen sollte.

Der US-Amerikaner trug nach zwölf Runden einen knappen Punktsieg davon, den ein Experte des Senders HBO als "unbeschreiblich schlimm" und ein Produkt inkompetenter Punktrichter geißelte. Nachdem sich der Kubaner über weite Strecken besser in Szene gesetzt hatte, signalisierte Williams' Ecke ihrem Boxer, daß er weit zurückliege. Um so größer war die Überraschung, als das Resultat den Verlauf des Kampfs auf den Kopf stellte. Lautstarke Unmutsäußerungen des erbosten Publikums quittierten die krasse Fehlentscheidung, worauf der Ruf nach Konsequenzen laut wurde.

Da Paul Williams in seinen letzten vier Kämpfen eklatante Deckungsschwächen gezeigt hatte, schwenkte die Stimmung endgültig um: Man fürchtete zu Recht um seine Gesundheit, verband dies jedoch mit einer kaum verhohlenen Verachtung für den gestürzten Star, dem man höhnisch zur baldigen Abdankung riet. Daher steht Williams ein schwerer Gang bevor, wenn er in einer Woche im texanischen Corpus Christi seine Kritiker zum Schweigen bringen will. Der 30jährige trifft auf Nobuhiro Ishida, der zwar nur eine durchwachsene Bilanz vorzuweisen, aber immerhin einen renommierten Gegner wie James Kirkland bezwungen hat.

Am 18. Februar will Williams den Zuschauern im Saal und beim übertragenden Sender Showtime eine überzeugende Leistung bieten, die seinen Fans das Herz erwärmt und allen Skeptikern Hochachtung abnötigt. Am Ende sei er noch lange nicht, und wer ihn kurzerhand abschreibe, motiviere ihn um so mehr. Er habe von 40 Kämpfen nur zwei verloren und solange er mit seinem Trainer einer Meinung sei, was seine gute Verfassung betreffe, werde er hinausgehen und allen eine erstklassige Show bieten. Promoter Dan Goossen erinnert in diesem Zusammenhang daran, daß man auch den Puertoricaner Miguel Cotto voreilig abgeschrieben habe, der inzwischen wieder zu den höchstgehandelten Akteuren zähle. Es sei eine Schande, daß man einem Boxer wie Paul Williams mit nur zwei Niederlagen attestiere, daß er am Ende sei, verwahrte sich Goosen gegen die um sich greifende Häme. Williams werde 18. Februar zeigen, warum ihn einst alle Gegner gefürchtet haben.


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Denis Lebedew gegen Guillermo Jones oder Steve Cunningham

Denis Lebedew will nach Stuttgart reisen, um seinem Landsmann Alexander Powetkin bei dessen Titelverteidigung gegen Marco Huck den Rücken zu stärken. Mit letzterem hat der Interimsweltmeister der WBA im Cruisergewicht noch eine Rechnung offen, seit er sich ihm umstritten nach Punkten geschlagen geben mußte. Danach werde er mit der Vorbereitung auf seinen nächsten Kampf beginnen, der Anfang April stattfinden soll. Offen ist derzeit noch, gegen wen Lebedew antreten wird. Sein Manager verhandelt sowohl mit WBA-Champion Guillermo Jones aus Panama als auch dem früheren IBF-Titelträger Steve Cunningham aus den USA. Jones ist insofern ein Kapitel für sich, als er seinen Gürtel nur selten verteidigt. Deshalb dürfte Cunningham, der am 4. Februar die Revanche gegen IBF-Weltmeister Yoan Pablo Hernandez einstimmig nach Punkten verloren hat, der wahrscheinlichere Kandidat sein. Der 32 Jahre alte Denis Lebedew hat bei seinem letzten Auftritt den Veteranen James Toney klar nach Punkten besiegt.

14. Februar 2012