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MELDUNG/933: WBA kürt Gennadi Golowkin zum alleinigen Weltmeister (SB)




Verband erkennt Daniel Geale den Rang des Superchampions ab

Genugtuung im Lager Gennadi Golowkins, Enttäuschung für Daniel Geale und Aufatmen beim Boxpublikum - so könnte man die jüngste Entscheidung auf dem Konvent der WBA in Indonesien zusammenfassen. Der Australier Daniel Geale ist Champion der IBF und hatte Felix Sturm als Superchampion der WBA im Mittelgewicht entthront. Dabei erbte er allerdings die Auflage, diesen Titel bis Ende des Jahres gegen den Pflichtherausforderer Gennadi Golowkin zu verteidigen. Da Geale jedoch lieber in Australien gegen seinen Landsmann Anthony Mundine antritt, hat ihm der Verband nun den Gürtel des Superchampions am grünen Tisch aberkannt und Golowkin zum alleinigen Weltmeister ernannt.

Damit ist der in Stuttgart lebende Kasache nach Jahren vergeblicher Jagd auf Sturm oder irgendeinen anderen Weltmeister eines maßgeblichen Verbands endlich am Ziel. Tom Loeffler von K2 Promotions begrüßte natürlich das Machtwort der WBA, da dieses die leidige Situation im Mittelgewicht geklärt habe. Gennadi sei stolz, nicht nur Champion der IBO, sondern nun auch der WBA zu sein und freue sich schon auf seinen nächsten Auftritt im Ring. Zugleich äußerte Loeffler Verständnis für die Entscheidung Daniel Geales, lieber in seiner Heimat einen leichteren Kampf zu bestreiten. Vorwerfen könne man ihm das nicht, wenngleich er natürlich von seiner Verpflichtung schon vor dem Sieg über Sturm gewußt habe. Der Australier bleibe indessen Weltmeister der IBF, was die Möglichkeit eröffne, in absehbarer Zeit einen attraktiven Vereinigungskampf zu vereinbaren.

Mit Gennadi Golowkin hat die WBA nun einen alleinigen Weltmeister im Mittelgewicht, der zu den weltbesten Akteuren dieses Limits gehört und sich seine neue Position zweifellos hart erarbeitet hat. Für das Boxpublikum ist diese Konstellation erfrischend, nachdem insbesondere die WBA mit einem Sammelsurium verschiedener Titel, die außer Experten und eingefleischten Fans niemand mehr verstand, die Vernebelung ins Extrem getrieben hatte. Daß der Verband Felix Sturm so lange gewähren ließ, aber seinen Nachfolger Daniel Geale binnen weniger Wochen abstraft, dürfte sich nicht zuletzt dem Kalkül verdanken, den international nicht allzu attraktiven Australier loszuwerden und dafür Golowkin an entscheidender Stelle zu plazieren. Dem Kasachen winken hochkarätige Duelle in den USA, die auch die Kasse des Verbands klingeln lassen sollen, der bei den Auftritten eines Weltmeisters mitverdient.

Von einem grundsätzlichen Sinneswandel der WBA zugunsten übersichtlicherer Verhältnisse ist daher noch längst nicht auszugehen. Eher muß man befürchten, künftig mit weiteren Superchampions, Interimsweltmeistern, Silbergürtelträgern beim WBC und dazwischen regulären Weltmeistern traktiert zu werden, mit deren Schöpfung und Verwertung die Verbände das Pulver um so heftiger verschießen, je knapper es angesichts schwindenden Publikumsinteresses wird. Daß einige Superstars immense Einkünfte verbuchen, ist kein Zeichen des Aufschwungs, sondern ein klassisches Phänomen der Krise im Kapitalismus: Es geht steil bergab, während zugleich die wenigen Reichen immer reicher und die zahllosen Armen immer ärmer werden.

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Kampf zwischen Fury und Boitsow offenbar beschlossene Sache

Sieht man von David Haye ab, der allenfalls für einen Kampf gegen Vitali Klitschko aus dem sportlichen Ruhestand zurückkehren will, heißt der beste britische Schwergewichtler derzeit Tyson Fury. Der in 19 Profikämpfen ungeschlagene Hüne hat die nationale Konkurrenz, darunter auch Dereck Chisora, fast ausnahmslos besiegt und strebt im Jahr 2013 die Herausforderung eines Weltmeisters an. Mit einer Größe von 2,06 m und einer Reichweite von 2,16 m ist der Brite von imposanter Statur, wobei man ihm attestieren kann, sich in jüngerer Zeit auch technisch verbessert zu haben. In seiner Heimat ist er beliebt, weil seine Auftritte durchweg spektakulär sind: Er handelt sich nicht selten schwere Treffer ein, trägt aber am Ende - ob mit Brachialgewalt oder eleganteren Mitteln - stets den Sieg davon.

So kann es natürlich nicht weitergehen, vor allem was die noch ergänzungsbedürftigen Defensivqualitäten betrifft. Gegner von Weltklasse würden solche Schwächen erbarmungslos bloßlegen. Da Fury auf dem Weg ganz nach oben jedoch hochkarätigen Rivalen nicht mehr aus dem Weg gehen kann, schickt er sich an, die namhaftesten Schwergewichtler unterhalb der Klitschkos ins Visier zu nehmen. Mit dem in 31 Kämpfen ungeschlagenen Denis Boitsow von der Hamburger Universum Box-Promotion trifft er aller Voraussicht nach am 1. Dezember in der nordirischen Stadt Belfast auf seinen bislang wohl gefährlichsten Gegner.

Nachdem sich Fury zuletzt gegen den US-Amerikaner Vinny Maddalone durchgesetzt und den vakanten Intercontinentaltitel der WBO gesichert hat, führt ihn dieser Verband jetzt an Nummer acht seiner Rangliste. Denis Boitsow steht an erster Stelle, so daß der Sieger gute Aussichten hat, der nächste Pflichtherausforderer Wladimir Klitschkos bei der WBO zu werden.

3. November 2012