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MELDUNG/1048: Nächste Station auf Karo Murats Odyssee (SB)




Stellt sich Bernard Hopkins seinem Pflichtherausforderer?

Die lange Reise des Halbschwergewichtlers Karo Murat zu einem Kampf um die Weltmeisterschaft gleicht einer Odyssee. Der 29jährige aus dem Sauerland-Boxstall, für den 25 Siege, eine Niederlage und ein Unentschieden zu Buche stehen, wartet nun schon seit Ende 2011 auf den ihm zustehenden Titelkampf bei der IBF. Im Jahr zuvor war Murat am 18. September 2010 in einem Ausscheidungskampf der WBO in Birmingham an Nathan Cleverly gescheitert. Der Waliser setzte sich durch, da der Ringrichter den bis dahin ungeschlagenen Intercontinentalchampion des Verbands auf Anraten des Arztes vor der zehnten Runde aus dem Kampf nahm. Damit war Cleverly nächster Pflichtherausforderer des damaligen Weltmeisters Jürgen Brähmer, während Murat einen neuen Anlauf nehmen mußte.

Am 1. Oktober 2011 traf Karo Murat in Neubrandenburg auf den früheren WBA-Champion Gabriel Campillo aus Spanien. Dem Sieger des Kampfs winkte das Vorrecht, IBF-Weltmeister Tavoris Cloud herauszufordern. Wie schon bei ihrer ersten Begegnung im September 2008 lieferten die beiden einander einen erbitterten Kampf, der diesmal unentschieden endete. Damit wurde Murat als amtierender Intercontinentalchampion der IBF neuer Pflichtherausforderer des Weltmeisters Tavoris Cloud, gegen den er Anfang 2012 antreten sollte.

Daraus wurde jedoch nichts, da Cloud einen Kampf gegen Gabriel Campillo vorzog, der ihn seiner Außenseiterrolle zum Trotz vor enorme Probleme stellte und umstritten gegen den Champion verlor. Nach Angaben von Clouds Trainer Al Bonanni war die Wahl des Spaniers nur möglich gewesen, weil man der IBF zugesagt hatte, mit Murat zu verhandeln. Der war jedoch auch in der Folge noch immer nicht an der Reihe, da Tavoris Cloud nun plante, seinen Titel im Sommer gegen Exweltmeister Jean Pascal zu verteidigen. Al Bonanni zufolge führte Promoter Don King entsprechende Verhandlungen, während Sauerland einer Vereinbarung zugestimmt habe, daß der Sieger gegen Karo Murat antritt.

So blieb dem in Kitzingen und Berlin lebenden Halbschwergewichtler nichts anderes übrig, als sich erneut vertrösten zu lassen und darauf zu hoffen, später im Jahr endlich zum Zuge zu kommen. Als Jean Pascal den Kampf gegen Cloud wegen einer Verletzung absagen mußte, versuchte sein Promoter Yvon Michel, einen Termin im Spätherbst zu finden. Daraufhin machte Murat seinen Anspruch geltend, worauf Michel mit Bedauern einräumen mußte, daß der Deutsche schon seit geraumer Zeit auf seine Chance gewartet habe. Murat war jedoch noch längst nicht am Ziel, da Cloud eine für den 24. November geplante Titelverteidigung gegen ihn aufgrund von Problemen mit seinem Promoter Don King absagte.

Statt dessen vereinbarte der Weltmeister einen Kampf gegen Bernard Hopkins, der am 9. März im New Yorker Barclays Center über die Bühne ging. Der Sieger dieses Duells, hieß es wie so oft in der Vergangenheit, müsse gegen den Pflichtherausforderer Karo Murat antreten. Nachdem der 48jährige Hopkins nun seinen Landsmann Tavoris Cloud als Champion der IBF entthront hat, fragt sich Murat natürlich, ob er endlich den langersehnten Titelkampf bekommt. Er habe Hopkins regelrecht die Daumen gedrückt, so Murat: "Jetzt soll er bloß nicht auf die Idee kommen zu kneifen!" Bernard Hopkins, der mit 48 Jahren der älteste Boxer ist, der jemals einen bedeutenden Titel gewinnen konnte, nötigt Murat Respekt ab. Der Amerikaner sei eine lebende Legende, doch vor Ehrfurcht erstarren werde er deswegen nicht, wenn man einander im Ring gegenüberstehe.

Bernard Hopkins ist sich durchaus im klaren darüber, daß er gegen den Pflichtherausforderer Karo Murat antreten muß. Die IBF hat den Promotern beider Boxer 30 Tage Zeit gegeben, sich freiwillig zu einigen, ansonsten kommt es zur Versteigerung der Austragungsrechte. Wie Hopkins mitgeteilt hat, sei es aus Respekt vor der IBF seine Absicht, der Verpflichtung nachzukommen, wie er dies in den 25 Jahren seiner Karriere stets getan habe. Allerdings hätten ihm die Fans deutlich zu verstehen gegeben, daß sie ihn nur noch in außergewöhnlichen Kämpfen sehen wollten. Die 12.300 Zuschauer in Brooklyn und über eine Million auf HBO hätten eine klare Botschaft gesendet. Er freue sich darauf, in den Ring zurückzukehren und sein Vermächtnis weiterzuführen, so Hopkins.

Als neuem Weltmeister stehen ihm verschiedene Möglichkeiten offen, den Kampf gegen Murat zu verschieben, ohne sich mit der IBF anzulegen. Er könnte einen Vereinigungskampf gegen WBO-Champion Nathan Cleverly bestreiten, WBA-Titelträger Beibut Schumenow zum Duell fordern oder zum dritten Mal mit WBC-Weltmeister Chad Dawson in den Ring steigen. Zuvor müßte die IBF einer Titelvereinigung zustimmen, die dann jedoch Vorrang gegenüber einer anstehenden Pflichtverteidigung genießen würde. Karo Murat, so scheint es, wird also weiter vor verschlossenen Türen stehen.

16. März 2013