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MELDUNG/1107: Riesenbörse lockt Tyson Fury vor die Fäuste David Hayes (SB)




Brite geht Europameister Kubrat Pulev aus dem Weg

Die im Rahmen einer Generalversammlung der European Boxing Union (EBU) in Wien anberaumte Versteigerung des Kampfs zwischen dem Europameister im Schwergewicht, Kubrat Pulev, und dessen Pflichtherausforderer Tyson Fury fand nicht statt. Der Brite und sein Promoter Mick Hennessy waren gar nicht erst angereist und haben auf ihr Vorrecht verzichtet. Schwerer noch als der Verzicht auf den Kampf um den europäischen Titel, der für viele Boxer ohnehin nur eine Durchgangsstation ist, wiegt der Umstand, daß Fury zugleich die Option preisgegeben hat, einen Ausscheidungskampf der IBF gegen den Bulgaren zu bestreiten, dessen Sieger Pflichtherausforderer Wladimir Klitschkos geworden wäre. Diese Entscheidung dürfte den Briten, der gegenwärtig hinter Pulev an Nummer zwei der IBF-Rangliste steht, aller Voraussicht nach auch die gute Plazierung kosten. [1]

Zwangsläufig schossen sofort Spekulationen ins Kraut, was Fury und Hennessy zu diesem überraschenden Schritt bewogen haben könnte. Die beiden hatten erst kürzlich ein offenbar recht lukratives Angebot des Promoters Frank Warren für einen Kampf gegen Dereck Chisora mit der Begründung ausgeschlagen, man wolle Kubrat Pulev auf die Bretter schicken und danach Klitschko dieselbe Lektion erteilen. Kursierende Gerüchte, man habe ein Duell mit David Haye im Sinn, wies Hennessy dabei als "Unfug" zurück. Ein aktueller Bericht der britischen Boulevardzeitung "The Sun" läßt indessen darauf schließen, daß ein Kampf zwischen Haye und Fury so gut wie sicher ist. Dieses spektakuläre Kräftemessen der beiden führenden britischen Schwergewichtler soll demnach im Herbst über die Bühne gehen.

Der Kampf könnte in einem Fußballstadion ausgetragen werden und würde mit Sicherheit auf enormen Zuspruch der britischen Boxfans treffen. Wie es heißt, könnten die Kontrahenten jeweils mit einer Börse von etwa fünf Millionen Pfund und damit weit mehr rechnen, als sie für ihre abgesagten Duelle mit Manuel Charr respektive Kubrat Pulev erhalten hätten. Als größtes Hindernis gelten vorerst die Fernsehverträge, da Fury für Channel 5 boxt, während Haye einen Vertrag mit Sky Sports hat. [2]

Zweifellos wäre ein Kampf zwischen dem in 21 Profikämpfen ungeschlagenen Tyson Fury und seinem britischen Landsmann David Haye, der 26 Auftritte gewonnen und zwei verloren hat, weit über England hinaus eine vielbeachtete Weichenstellung im Schwergewicht. Haye hat Abstand von seinem Rücktritt genommen und will sich schnellstmöglich zu einem erneuten Kampf um die Weltmeisterschaft hochboxen. Er hat bei seiner Niederlage gegen Wladimir Klitschko eine gewaltige Summe eingestrichen und nach dem Erfolg gegen Dereck Chisora noch einmal kräftig kassiert. Nun könnte er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Wiederum mehrere Millionen verdienen und mit einem Sieg über Fury einen Sprung weit nach vorn machen.

Tyson Fury hingegen scheint auf den ersten Blick die Aussicht auf viel Geld der Gelegenheit vorzuziehen, zum Herausforderer Wladimir Klitschkos aufzusteigen. Indessen dürfte es eine weise Entscheidung des Briten gewesen sein, Kubrat Pulev aus dem Weg zu gehen. Allem Wortgetöse zum Trotz ist Fury noch längst nicht soweit, einem derart gefährlichen Gegner gegenüberzutreten. Der riesenhafte Brite hatte bei seinem Debüt in den USA große Probleme, mit dem wesentlich kleineren und leichteren Steve Cunningham fertig zu werden, der aus dem Cruisergewicht kommt. Einmal lag Fury sogar am Boden, ein zweites Mal war er schwer angeschlagen, bis er sich schließlich dazu entschloß, Cunningham im Infight zu erdrücken, zu entkräften und schließlich auszuschalten. Während der US-Amerikaner als exzellenter Techniker, doch keineswegs als Boxer mit außergewöhnlicher Schlagwirkung gilt, hat Kubrat Pulev bereits zwei körperlich weit überlegene Kontrahenten vorzeitig besiegt. Unter diesen Voraussetzungen konnte man durchaus damit rechnen, daß Tyson Fury der dritte Riese wäre, der dem Bulgaren zum Opfer fiele.

Nach der Absage Tyson Furys muß sich der in 17 Profikämpfen ungeschlagene Kubrat Pulev wie schon so oft in der jüngeren Vergangenheit wiederum in Geduld üben. Der Bulgare ist internationaler Meister der IBF, seit seinem Sieg über Alexander Dimitrenko im vergangenen Jahr Europameister und hat diesen Titel am 29. September 2012 durch K.o. in der elften Runde gegen den 140 Kilo schweren Koloß Alexander Ustinow erfolgreich verteidigt. Seither wartet er auf seine nächste Aufgabe. Eigentlich sollte er gegen Tomasz Adamek antreten, doch der in New Jersey lebende Pole zog es nach seinem umstrittenen Punktsieg im IBF-Ausscheidungskampf gegen Steve Cunningham im Dezember 2012 vor, sich dem Bulgaren nicht zu stellen. Ob Pulev vor einem möglichen Titelkampf gegen Klitschko noch einmal in den Ring steigt, ließ Sauerland-Sportdirektor Hagen Doering vorerst offen. Man sei durchaus bereit, sofort gegen den Weltmeister zu kämpfen, müsse allerdings erst einmal die Reaktion der EBU abwarten.

Freuen kann sich Kubrat Pulev, der bereits in Bulgarien als Sportler des Jahres geehrt wurde, unterdessen über eine weitere Würdigung seiner herausragenden Leistungen. Gemeinsam mit dem belgischen Bantamgewichtler Stephane Yamoye hat ihn die EBU als Boxer des Jahres 2012 ausgezeichnet. Beide Sportler waren bei der EBU-Generalversammlung in Wien persönlich anwesend, um die Ehrung entgegenzunehmen. Damit würdigte der in Rom ansässige europäische Boxverband den 32jährigen für seine dominanten Ringauftritte, die ihn in die Nähe eines Kampfs um die Weltmeisterschaft gebracht haben. Wie der von Otto Ramin trainierte Bulgare bei der Preisverleihung sagte, freue er sich sehr, daß ihm diese Ehre zuteil geworden ist. Die EBU sei ein renommierter und traditionsreicher Verband, und er trage den Titel des Europameisters mit großem Stolz. [3]

Fußnoten:

[1] http://www.boxen.de/news/kampfversteigerung-abgesagt-fury-drueckt-sich-vor-pulev-26839

[2] http://www.boxen.de/news/britische-zeitung-haye-vs-fury-so-gut-wie-sicher-26850

[3] http://www.boxen.com/news-archiv/newsdetails/article/pulev-champion-des-jahres/23.html

2. Juni 2013