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MELDUNG/1257: Edwin Rodriguez stellt sich selbst ein Bein (SB)




Von der Waage besiegt - Kein Titelkampf gegen Andre Ward

Daß ein Boxer beim offiziellen Wiegen am Vortag des Kampfs das zulässige Gewicht seines Limits überschreitet, ist so ungewöhnlich nicht. Relativ selten kommt es allerdings vor, daß sich ein Herausforderer ausgerechnet beim wichtigsten Auftritt seiner Karriere auf diese Weise selbst um die Chance eines Titelgewinns bringt. Gelungen ist dies Edwin Rodriguez, der vor seinem Duell mit Andre Ward zwei Pfund über dem Supermittelgewicht liegt, so daß der Gürtel des WBA-Superchampions nicht mehr auf dem Spiel steht. Rodriguez, der in der Vergangenheit schon des öfteren Probleme hatte, das vorgeschriebene Gewicht zu erreichen, muß eine Strafe von zehn Prozent seiner 200.000 Dollar umfassenden Börse bezahlen und darf beim heutigen Nachwiegen maximal 81,6 kg auf die Waage bringen. Sollte er schwerer sein, fällt der Kampf aus.[1]

Sein Promoter Lou DiBella reagierte verständlicherweise frustriert auf diese Hiobsbotschaft und erklärte, er wolle keine Ausreden liefern. Wenngleich er selbst nicht der Boxer sei, der das erforderliche Gewicht erreichen müsse, wolle er sich bei Andre Ward, Virgil Hunter, HBO und allen Beteiligten entschuldigen. Es gebe keine Rechtfertigung für ein solches Verhalten, das man nur als unprofessionell bezeichnen könne.

Der in 24 Kämpfen ungeschlagene Edwin Rodriguez hatte zuletzt mit dem Sieg beim "Monte Carlo Super Four" auf sich aufmerksam gemacht und gehofft, Andre Ward nach dessen langer Zwangspause vom Thron stoßen und sich zur neuen Nummer eins im Supermittelgewicht aufschwingen zu können. Wie immer der Kampf in Ontario, Kalifornien, nun ausgehen mag, so steht das eigentliche Ziel des Herausforderers nicht mehr zur Disposition.

Im Vorfeld des Kampfs hatte der in der Dominikanischen Republik geborene Rodriguez berichtet, daß der Olympiasieger von 2004 früher ein Vorbild für ihn gewesen sei. Zu Amateurzeiten habe er wie viele andere junge Boxer zu Ward aufgeblickt und sei stolz auf ihn gewesen. Inzwischen habe er jedoch keinen Platz mehr für solche Gefühle, da es längst um etwas ganz anderes gehe, nämlich ein Großer zu werden. Dabei stehe ihm Ward im Weg, für den er schon seit einiger Zeit bereit sei.

Andre Ward, der ebenfalls unbesiegt ist und bislang 26 Gegnern das Nachsehen gegeben hat, stand seit seinem klaren Erfolg gegen Carl Froch im Finale des Super-Six-Turniers nur einmal im Ring. Wegen seiner durch Verletzungen und Vertragsstreitigkeiten hervorgerufenen Inaktivität wurde ihm der WBC-Titel aberkannt, so daß er inzwischen nur noch Superchampion der WBA ist. Der Kalifornier kommentierte die Aberkennung des WBC-Titels mit den Worten, es mache ihn noch stärker und zielstrebiger, wenn ihm etwas weggenommen werde. Abgesehen davon habe die lange Pause auch ihr Gutes, da sich nach seiner Schulteroperation die Schlagwirkung verbesserte habe. Er könne nun seine Rechte effektiver als zuvor einsetzen. Wenngleich es sich um keinen Titelkampf mehr handle, wolle er seine Sammlung mit einem weiteren Sieg schmücken.[2]

Obgleich sein Gegner körperlich sehr robust sei, brauche niemand zu befürchten, daß er sich Rodriguez durch ständigen Rückzug entziehen werde. Er kämpfe gern in der Nahdistanz, doch werde das zu seinen Bedingungen geschehen. Es komme eben darauf an, die richtigen Anpassungen vorzunehmen, die Strategie umzusetzen und den Job unter dem Druck des Rampenlichts zu erledigen. Im Unterschied zu vielen anderen Zunftkollegen, deren Mundwerk größer als ihr Können im Ring ist, hat Ward mehr als einmal bewiesen, daß er sich gegen die stärksten Gegner durchsetzen kann.

Im Super-Six-Turnier war er der einzige Teilnehmer, der ohne Niederlage blieb. Im November 2009 nahm er in Oakland dem Dänen Mikkel Kessler Sieg und Gürtel der WBA ab, setzte sich dann gegen Allan Green und Sakio Bika durch und ließ schließlich im Halbfinale dem Berliner Arthur Abraham keine Chance. Im Finale des Turniers, das im Dezember 2011 in Atlantic City über die Bühne ging, dominierte er den britischen WBC-Weltmeister Carl Froch, gewann verdient nach Punkten und führte damit die beiden Titel zusammen.

Im Jahr 2012 bestritt Andre Ward nur einen einzigen Kampf, doch der hatte es in sich. Der Kalifornier unterstrich im September sein herausragendes Können, als er sich nach überlegen geführtem Kampf durch Abbruch in der zehnten Runde gegen den WBC-Champion im Halbschwergewicht, Chad Dawson, durchsetzte. Wenngleich Ward bei diesem Prestigeduell den Heimvorteil und die gewohnte Gewichtsklasse auf seiner Seite hatte, war an seiner überzeugenden Leistung doch nicht zu rütteln.

Eigentlich wollte der bei Promoter Dan Goossen unter Vertrag stehende und von Virgil Hunter trainierte Kalifornier in diesem Jahr mehr Kämpfe bestreiten und insgesamt dreimal in den Ring steigen. Eine Schulterverletzung durchkreuzte jedoch diese Pläne, so daß ein vorgesehener Kampf gegen Kelly Pavlik zunächst zweimal verschoben und schließlich komplett abgesagt werden mußte. Nun kehrt Andre Ward nach langer Pause zurück und mutet sich dabei mit Edwin Rodriguez sofort einen anspruchsvollen Gegner zu.


Fußnoten:

[1] http://www.boxen.de/news/rodriguez-um-zwei-pfund-zu-schwer-duell-gegen-ward-kein-titelkampf-mehr-30073

[2] http://www.boxen.de/news/erster-kampf-seit-14-monaten-ward-bereit-fuer-rodriguez-30013

16. November 2013