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MELDUNG/1356: Wer soll das bezahlen ... (SB)




Randnotiz zur Herkunft des Reichtums

Bei näherem Hinsehen erweisen sich die gebetsmühlenartig repetierten Mythen des Boxsports als Metaphern eben jener gesellschaftlichen Verhältnisse, deren offenkundige Widersprüche mit fadenscheinigen ideologischen Gespinsten verschleiert werden. Wenngleich es zutreffen mag, daß irgendwann ein Tellerwäscher zum Millionär oder ein Boxer aus dem Ghetto zum gefeierten Champion aufgestiegen ist, zeugt das doch keinesfalls von einer durchlässigen sozialen Hierarchie und Entfaltungsmöglichkeiten für alle. So viele Konkurrenten der Tellerwäscher nach oben buckelnd und nach unten tretend zurückgelassen hat, so viele gescheiterte Karrieren befördern den Siegeszug des letztendlichen Weltmeisters. In beiden Fällen thront der vermeintliche Triumphator für eine mehr oder minder kurze Frist auf dem unablässig wühlenden Berg seiner Opfer, die einander im verzweifelten Drang nach oben niedertrampeln, zurückstoßen und zerfleischen.

Der weltbeste Boxer und meistverdienende Sportler führt exemplarisch vor, daß sich die Bereicherung weniger ausschließlich aus der Verarmung vieler speist. Mit den Eintrittspreisen bei seiner Titelverteidigung gegen den Argentinier Marcos Maidana führt Floyd Mayweather jun. die Mißdeutung ad absurdum, daß der erfolgreiche Gladiator ein Parteigänger des Milieus seiner Herkunft sei. So kostet die billigste Karte 350 Dollar (255 Euro), für bessere Plätze sind 1000 bis 1500 Dollar (730 bis 1100 Euro) fällig, für einen Logenplatz läßt das gehobene Publikum 2000 Dollar (1460 Euro) springen. Die beiden Weltmeister kämpfen am 3. Mai in MGM Grand Hotel in Las Vegas gegeneinander, die Eintrittskarten dürften im Handumdrehen ausverkauft sein.

Der 37jährige Floyd Mayweather ist in 45 Profikämpfen ungeschlagen und hat es im Laufe seiner Karriere zum Weltmeister in fünf verschiedenen Gewichtsklassen gebracht. Er steigt an seinem Wohnort Las Vegas als WBC-Champion im Weltergewicht in den Ring, doch hält er zudem noch die Titel der Verbände WBC und WBA im Halbmittelgewicht. Der sieben Jahre jüngere Marcos Maidana ist Weltmeister der WBA im Weltergewicht und tritt mit einer Bilanz von 35 Siegen in 38 Kämpfen an.

Mayweathers Börse für die Titelvereinigung gegen Maidana wird auf 30 bis 40 Millionen Dollar geschätzt. Es handelt sich um den dritten Auftritt eines sechs Kämpfe umfassenden Vertrags mit dem Fernsehsender Showtime, bei dem insgesamt mindestens 200 Millionen Dollar für den Champion herausspringen sollen. [1]

Wer das Schwergewicht noch immer für die Königsklasse des Boxens hält und sich dabei am Beharrungsvermögen und Geschäftssinn der Klitschkos orientiert, übersieht auch hier das Wesentliche. Als Wladimir Klitschko vor 14.000 Zuschauern in Moskau Alexander Powetkin in die Schranken wies, war dieses Prestigeduell mit einer Gesamtbörse von mehr als 17 Millionen Euro ungewöhnlich hoch dotiert. Die Riesensumme hatte der russische Immobilienmagnat und Milliardär Andrej Riabinskij möglich gemacht, indem er bei der Versteigerung der Austragungsrechte die Konkurrenz haushoch überbot. Der Löwenanteil von 75 Prozent ging an Klitschko, der mit 12,88 Millionen Euro die größte Börse seiner Karriere einstrich. Powetkin mußte sich mit 4,3 Millionen Euro zufriedengeben, verdiente aber ebenfalls mehr als je zuvor bei einem Auftritt im Ring.

Vitali Klitschko hat unterdessen andere Sorgen, zog doch der von faschistischen Sturmtruppen herbeigeführte Umsturz in Kiew dem Strohmann der Konrad-Adenauer-Stiftung und anderer konservativer westeuropäischer Gruppierungen den Boden unter den Füßen weg. Was aber die Neubesetzung des endlich freigewordenen Chefsessels als WBC-Weltmeister betrifft, müssen die Kandidaten vergleichsweise kleine Brötchen backen. Inzwischen hat sich der US-Sender ESPN die Rechte am Rückkampf zwischen Bermane Stiverne und Chris Arreola gesichert, die um den vakanten Titel kämpfen.

Der erste Kampf dieser beiden Boxer, in dem sich der Kanadier Stiverne klar nach Punkten durchsetzen konnte, wurde noch von HBO übertragen. Da diesmal ein bedeutender Titel auf dem Spiel steht, ging man davon aus, daß sich dieser Sender erneut die Rechte sichern würde. HBO wurde jedoch von ESPN überboten, dessen Boxexperte Dan Rafael eine Summe von knapp unter 500.000 Dollar nennt. Das sei eine enorme Investition des Senders, dessen übliches Budget für die Veranstaltung "Friday Night Fights" zwischen 50.000 und 60.000 Dollar liege. [2]

Während also die Frage im Raum steht, ob sich ESPN dabei womöglich überhoben hat, weiß man immerhin schon soviel, daß dieser Titelkampf dem sehr viel größeren Sender HBO noch weniger wert war. Bermane Stiverne und Chris Arreola, die sich die Gesamtbörse teilen, nagen natürlich nicht am Hungertuch. Dieses Schicksal ist Millionen verarmten Landsleuten vorbehalten, die im Zuge der Wirtschaftskrise auf die Straße gespuckt werden. Erwähnenswert ist die Differenz ihrer Einkünfte zu denen eines Wladimir Klitschko oder gar Floyd Mayweather nur insofern, als daran die Polarisierung der sozialen Verhältnisse aus einem spezifischen Blickwinkel deutlich wird. Nach langem Hin und Her wurde endlich ein Datum für diesen Kampf gefunden, nämlich der 10. Mai. Der Austragungsort des angeblich wichtigsten Schwergewichtskampfs seit der Klammerarie Wladimir Klitschkos in Moskau steht indessen immer noch fest.


Fußnoten:

[1] http://www.box-sport.de/news/preiswucher-bei-wm-kampf-mayweather-gegen-maidana

[2] http://www.boxen-heute.de/artikel/5614-schwergewichts-wm-stiverne-arreola-am-10-maiespn-sichert-sich-tv-rechte.html

14. März 2014