Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

MELDUNG/1477: Stühlerücken im Halbschwergewicht (SB)




Adonis Stevenson muß neue Pläne schmieden

Der 36jährige Kanadier Adonis Stevenson ist Weltmeister des Verbands WBC im Halbschwergewicht. Bernard Hopkins, mit 49 Jahren ältester Champion in der Geschichte des Boxsports, firmiert als Superchampion der WBA und Weltmeister der IBF. Den Gürtel der WBO hat der Russe Sergej Kowaljow in seinem Besitz. Jürgen Brähmer aus dem Berliner Sauerland-Team rangiert als regulärer Weltmeister der WBA gewissermaßen eine Etage unter den drei genannten Titelträgern.

Fast das gesamte Jahr 2013 hatte der Sender HBO darauf verwendet, einen Kampf zwischen Stevenson und Kowaljow auf den Weg zu bringen. Der Kanadier machte schließlich einen Strich durch diese Rechnung, als er von HBO zum Konkurrenzsender Showtime wechselte, um ein Duell mit Bernard Hopkins zu bekommen. Da derzeit kalter Krieg zwischen diesen Sendern herrscht, sind Kämpfe zwischen Boxern aus den beiden Lagern vorerst so gut wie ausgeschlossen.

Stevenson hatte sich jedoch verkalkuliert, da inzwischen ein Kampf zwischen Bernard Hopkins und Sergej Kowaljow am 8. November bei HBO vereinbart worden ist. Nachdem der Kanadier geraume Zeit in dieser Konstellation am längeren Hebel gesessen und Kowaljow als zweitklassig abgetan hatte, ist es dem Russen nun eine besondere Genugtuung, daß sein Dauerrivale mit leeren Händen dasteht, und so verhöhnt er ihn in den sozialen Netzwerken.

Die bislang beste Leistung seiner Karriere bot Adonis Stevenson, als er dem hoch gehandelten US-Amerikaner Chad Dawson den WBC-Titel abnahm. Seither traf er auf keinen Gegner mehr, den man der allerersten Garnitur zurechnen würde. Bei seinem letzten Auftritt kostete es ihn im Mai beträchtliche Mühe, den Polen Andrzej Fonfara in die Schranken zu weisen. Wenngleich er den Außenseiter mit zahlreichen Treffern eindeckte, hielt dieser nicht nur stand, sondern revanchierte sich fleißig und schickte den Kanadier sogar zwischenzeitlich auf die Bretter. Stevenson konnte von Glück reden, daß Fonfara keine allzu große Schlagwirkung aufbot, und so ging ihr Kampf im Bell Centre von Montreal über die volle Distanz von zwölf Runden, bis der Pole schließlich besiegt war.

Eigentlich müßte Stevenson den Gürtel gegen seinen kanadischen Landsmann Jean Pascal verteidigen, der die WBC-Rangliste anführt. Er zieht jedoch eine freiwillige Titelverteidigung am 27. September wiederum in Montreal vor, bei der er höchstwahrscheinlich auf Gabriel Campillo trifft. Der 35 Jahre alte Spanier war von August 2009 bis Januar 2010 WBA-Weltmeister im Halbschwergewicht und hat 24 Kämpfe gewonnen, sechs verloren sowie einen unentschieden beendet. Dank seiner beherzten Kampfesweise ist er zwar durchaus für eine Überraschung gut, doch dürfte er den Zenit seines Könnens schon geraume Zeit überschritten haben.

Im September 2013 verlor er vorzeitig gegen Andrzej Fonfara, so daß er als Herausforderer Stevensons kaum in Frage gekommen wäre, hätte er nicht am vergangenen Wochenende überraschend den bis dahin ungeschlagenen Thomas Williams besiegt. Dieser stieg als klarer Favorit in den Ring und wollte demonstrieren, wie man einen altgedienten Veteranen vorführt. Statt dessen sah er sich beharrlichen Angriffen des Spaniers ausgesetzt, was ihm überhaupt nicht zu behagen schien. Er versetzte Campillo zwar in den ersten vier Runden etliche wuchtige Schläge, wirkte aber insgesamt wenig motiviert und zog sich im fünften Durchgang eine Rißwunde zu, die zum vorzeitigen Abbruch führte. [1]

Stevenson kann mit dem Spanier also einen Herausforderer präsentieren, der sich wieder ins Gespräch gebracht hat, doch wird er sicherlich auf der Hut sein, nicht denselben Fehler wie Williams zu machen. Einen Sieg gegen Campillo vorausgesetzt, will der Kanadier eigenen Angaben zufolge im Dezember oder Januar mit Jürgen Brähmer in den Ring steigen, um ihm den regulären WBA-Titel abzunehmen. [2] Das ist insofern eine erfreuliche Nachricht für den Schweriner, als dieser nicht damit rechnen konnte, in den Erwägungen des Führungstrios aufzutauchen. Allerdings handelt es sich vorerst um eine bloße Überlegung Stevensons weit im Vorfeld ihrer möglichen Umsetzung. Er muß sich früher oder später Jean Pascal stellen, will aber nichts lieber, als gegen den Sieger des Kampfes zwischen Hopkins und Kowaljow anzutreten.

Da die beiden Anfang November aufeinandertreffen, würde ein Kampf gegen Brähmer zum Jahreswechsel zeitlich dazwischenpassen. Gut möglich, daß sich Adonis Stevenson fürs erste mit dem regulären WBA-Gürtel halbwegs schadlos halten will, dem er unter anderen Umständen keine Bedeutung beigemessen hätte. Jürgen Brähmer wäre dieser spektakuläre und wohl auch gut dotierte Auftritt allemal zu wünschen, doch spruchreif ist er natürlich noch lange nicht.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/08/adonis-stevenson-vs-gabriel-campillo-possible-for-september-27th-at-bell-centre-montreal/#more-179963

[2] http://www.boxen-heute.de/artikel/6290-adonis-stevensonerst-braehmer-dann-hopkins-oder-kovalev.html

7. August 2014