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MELDUNG/1483: Revanche mit nostalgischer Note (SB)




Mikkel Kessler und Andre Ward planen offenbar einen Rückkampf

Im Sommer 2009 wurde das Super-Six-Turnier aus der Taufe gehoben, das Kalle Sauerland konzipiert hatte und der US-Sender Showtime federführend in Szene setzte. Mit Arthur Abraham, dem Dänen Mikkel Kessler (WBA-Weltmeister) und dem Briten Carl Froch (WBC-Champion) traten drei hochklassige Supermittelgewichtler aus Europa gegen die US-Amerikaner Jermaine Taylor (Exweltmeister), Andre Dirrell (Ranglistenerster WBC) und Andre Ward (Olympiasieger 2004) an. Von Oktober 2009 bis Herbst 2011 sollten die Teilnehmer den wahren Champion ihrer Gewichtsklasse ermitteln, wobei die Titel von WBA und WBC in Händen des Turniersiegers vereint sein würden.

Das finanzielle Gesamtvolumen des Projekts betrug nach Angaben Wilfried Sauerlands rund 50 Millionen Dollar, wobei zur Refinanzierung die Fernsehrechte in alle Welt verkauft wurden. Mit im Boot waren in Deutschland die ARD, in Dänemark Viasat und in Großbritannien Sky. Ungewöhnlich war nicht zuletzt der Umstand, daß mit Lou DiBella, Dan Goossen, Mick Hennessy, Gary Shaw und Wilfried Sauerland fünf namhafte Promoter zusammenarbeiteten.

Noch vor Beginn des Turniers gelang es Sauerland Event, Mikkel Kessler unter Vertrag zu nehmen, so daß der Berliner Promoter zwei Eisen im Feuer hatte. Der Däne war Weltmeister der Verbände WBA und WBC gewesen, bis er sich vor über 50.000 Zuschauern in Cardiff dem Waliser Joe Calzaghe geschlagen geben mußte. Nur ein halbes Jahr später holte sich Kessler den WBA-Titel mit einem Sieg über Dimitri Sartison zurück. Von der einen Niederlage abgesehen, hatte er damals 42 Kämpfe gewonnen und galt als Turnierfavorit.

In der ersten Runde des Turniers mußte Kessler am 21. November 2009 in Oakland gegen Andre Ward antreten. Er verlor überraschend in der elften Runde Kampf und Titel, als der Ringrichter wegen mehrerer Gesichtsverletzungen des Dänen auf Abbruch entschied. Ward, der agiler und beweglicher geboxt hatte, lag zu diesem Zeitpunkt klar nach Punkten in Führung. Insofern konnte man von einem verdienten Sieg des US-Amerikaners sprechen, der sich andererseits diverser Ellbogen- und Kopfstöße bedient hatte, die vom Referee nicht geahndet wurden. Dieser war in Kalifornien ansässig, was in Widerspruch zu den Turnierregeln stand, die einen Ringrichter aus einem neutralen Land vorsahen.

Der ungeschlagene Andre Ward verbesserte damals seine Profibilanz auf 21 Siege und fügte dem Olympiasieg den Gewinn des WBA-Titels hinzu. Seine letzte Niederlage datierte aus den Anfängen seiner Amateurlaufbahn und lag mehr als zehn Jahre zurück. Während sich Kessler später aufgrund einer Augenverletzung aus dem Turnier zurückzog und eine lange Pause einlegte, setzte sich Ward Runde für Runde durch und gewann schließlich auch das Finale gegen Carl Froch.

Aktuellen Berichten zufolge haben Mikkel Kessler und Andre Ward nun eine Revanche vereinbart, die in Dänemark ausgetragen werden soll. Der nach wie vor ungeschlagene US-Amerikaner gilt als führender Akteur im Supermittelgewicht, ist aber aufgrund von Verletzungen und langen Streitigkeiten mit seinem Promoter in jüngerer Zeit mit seiner Karriere nicht recht vorangekommen. Zudem ist er beim US-Publikum nicht sonderlich beliebt und könnte mit diesem Kampf zu Hause keine nennenswerte Quote einfahren. Das dürfte der entscheidende Grund dafür sein, daß der Kalifornier erstmals in Europa antritt. Kessler hat hingegen in Dänemark eine riesige Fangemeinde und kann dort auch eine große Arena füllen.

Allerdings hat Mikkel Kessler seit seiner Niederlage gegen Carl Froch im Mai 2013, bei der der Brite die Titel der WBA und IBF zusammenführte, nicht mehr im Ring gestanden. Daher ist ungewiß, in welcher Verfassung er sich bei seiner Rückkehr präsentieren kann. Ehrgeizig ist er mit Sicherheit, da er nicht nur weiter Geld verdienen, sondern auch sein sportliches Lebenswerk abrunden möchte. Sollte es ihm gelingen, gegen Ward eine gute Figur zu machen, wäre in der Folge ein Titelkampf nicht ausgeschlossen. Kessler würde sich gern ein drittes Mal mit Carl Froch messen, dem gegenwärtig allerdings der Sinn nach einem Auftritt in Las Vegas mit Julio Cesar Chavez jun. steht.

Da Ward nicht nur Superchampion der WBA ist, sondern auch den prestigeträchtigen Gürtel des Magazins The Ring innehat, könnte sich Kessler im Falle eines Sieges als weltbester Boxer seiner Gewichtsklasse fühlen. Würde er jedoch von dem US-Amerikaner vorgeführt, wäre ein endgültiger Abschied vom Boxsport sicher erwägenswert für den Dänen. [1]

Andre Ward hat mit Mikkel Kessler, Arthur Abraham, Sakio Bika und Carl Froch die besten Supermittelgewichtler besiegt, so daß ihm namhafte Gegner ausgehen. Er könnte entweder ins Halbschwergewicht aufsteigen und dort gegen Adonis Stevenson, Bernard Hopkins oder Sergej Kowaljow antreten, die in der Gunst des zahlenden Publikums recht weit oben stehen. Denkbar wäre andererseits auch ein Abstecher ins Mittelgewicht, wo mit Gennadi Golowkin ein Boxer seine Kreise zieht, den der Nimbus der Unschlagbarkeit umgibt. Sollte es tatsächlich zum Rückkampf gegen Mikkel Kessler kommen, mutet diese Option wie eine Mischung aus Notlösung und Befreiungsschlag für Andre Ward an, der die Stagnation seiner Laufbahn zu durchbrechen hofft.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/08/mikkel-kessler-vs-andre-ward-2-in-the-works-for-rematch-in-denmark/#more-180298

13. August 2014