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MELDUNG/1511: Vor dem Kampf darf jeder Boxer träumen (SB)




Chris Algieri will die Landschaft völlig neu gestalten

Am 22. November verteidigt der Philippiner Manny Pacquiao den Titel der WBO im Weltergewicht im Venetian Casino & Resort in Macao gegen den US-Amerikaner Chris Algieri. Dieser hatte sich im Juni knapp nach Punkten gegen Ruslan Prowodnikow durchgesetzt und ihn überraschend als WBO-Weltmeister im Halbweltergewicht entthront. Wenngleich es kein mitreißender Kampf war, machte der Herausforderer seine Sache gut und boxte den recht unbeweglich zu Werke gehenden Favoriten fleißig aus. Algieri, der in 20 Profikämpfen ungeschlagen ist, brachte sich mit diesem Erfolg ins Gespräch und bekam dadurch die Chance, sich mit Pacquiao zu messen, für den 56 Siege, fünf Niederlagen und zwei Unentschieden zu Buche stehen.

In diesem Kampf, der vom Sender HBO im US-Bezahlfernsehen übertragen wird, gilt der US-Amerikaner als Außenseiter. Man rechnet nicht damit, daß er sich mit einer Kampfesweise wie der gegen Prowodnikow aus der Affäre ziehen kann, da der Philippiner mobiler boxt und energisch nachsetzt. Im Grunde genommen hatte Algieri schon bei seinem Titelgewinn eine gehörige Portion Glück auf seiner Seite, den wuchtigen Schlägen Prowodnikows zu entgehen, der sich zu sehr darauf verließ, den Gegner früher der später mit einem Volltreffer zur Strecke zu bringen.

Chris Algieri, der im bislang bedeutendsten Kampf seiner Karriere auf eine Legende des Boxsports trifft, gibt sich dennoch zuversichtlich, diese schwere Aufgabe meistern zu können. Er denkt sogar über den bevorstehenden Kampf hinaus und sieht ein Duell mit Floyd Mayweather als möglichen nächsten Schritt, der die Titel der Verbände WBA und WBC im Weltergewicht in seinem Besitz hat. Sollte es ihm gelingen, Pacquiao zu besiegen, würde das die Landschaft des Boxens komplett ändern, so daß in der Folge ein Kampf gegen Mayweather durchaus eine Option wäre, träumt Algieri vom denkbar größten Wurf. Andererseits weiß er um die Gefahr, den zweiten Schritt vor dem ersten anzupeilen, und will sich natürlich auf den 22. November konzentrieren.

Da der US-Amerikaner bei seinen 20 Siegen nur acht Gegner vorzeitig besiegt hat, dürfte ihm dieses Kunststück gegen Manny Pacquiao erst recht nicht gelingen. Beim Boxen könne alles passieren, denn wenn man den Gegner trifft und verletzt, könne man ihn auch stoppen, will Algieri aber selbst diese vage Möglichkeit nicht ausschließen. [1]

Rückendeckung erhält der Außenseiter von dem ehemaligen Weltmeister Chris Byrd, der als relativ kleiner und leichter Schwergewichtler langjährige Erfahrung im Umgang mit körperlich überlegenen Gegnern vorzuweisen hat. Er ist der Auffassung, daß Manny Pacquiao mit Chris Algieri einen zu großen Brocken abgebissen hat, der ihm im Halse steckenbleiben wird. Er sagt dem Philippiner gravierende Probleme mit der Größe dieses Gegners wie auch dessen Jugend und Defensivqualitäten voraus. Algieri sei nicht nur hochgewachsen, sondern könne auch sehr gut boxen. Er habe es riskiert, gegen den hoch gehandelten Prowodnikow anzutreten, und diese Aufgabe mit Bravour gelöst. Pacquiao sei in die Jahre gekommen und laufe Gefahr, in diesem Kampf gegen einen agilen und technisch versierten Kontrahenten ausgeboxt zu werden. [2]

Bei so viel Zuspruch sollte man nicht vergessen, daß Algieri vor seinem sensationell anmutenden Sieg über einen Schützling des renommierten Trainers Freddie Roach weithin unbekannt war. Dieser versteifte sich damals auf die Einschätzung, daß sein Boxer der bessere gewesen sei und zu Unrecht verloren habe, was aber unter den Fans und Experten auf wenig Zustimmung stieß. Roach warnte Pacquiaos Promoter Bob Arum, da Algieris defensive Kampfesweise seines Erachtens Gift für den Philippiner ist. Arum ließ sich von diesem Einwand jedoch nicht beirren und brachte den Kampf wie geplant unter Dach und Fach.

Nun ist Freddie Roach bekanntlich auch der Trainer Manny Pacquiaos, was zwangsläufig zu der Frage führt, ob er die Verpflichtung Algieris tatsächlich für einen verhängnisvollen Fehler hält. Roach ist für seine Einstellung bekannt, daß er nur dann einen Kampf seiner Schützlinge befürwortet, wenn er restlos davon überzeugt ist, daß sie diesen auch tatsächlich gewinnen können. Andererseits weiß man, daß der Trainer einen Kampf Pacquiaos gegen Prowodnikow auch nach dessen Niederlage vorgezogen hätte, was freilich unter dem Gesichtspunkt einer erfolgreichen Vermarktung kaum zu realisieren gewesen wäre. Der Philippiner hätte mit Prowodnikow ein relativ statisches Ziel vor sich gehabt, während er Algieri unter Umständen zwölf Runden lang hinterherlaufen muß. Insofern haben die Bedenken Roachs durchaus Hand und Fuß, doch ist Pacquiao zuzutrauen, dem Herausforderer den Weg abzuschneiden und den Ring damit so klein zu machen, daß das Punktehamstern aus der Distanz an seine Grenze stößt.


Fußnoten:

[1] http://www.boxen-heute.de/artikel/6491-chris-algierinachdem-ich-pacquiao-geschlagen-habe-wird-sich-die-boxlandschaft-aendern.html

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/09/algieri-is-all-wrong-for-pacquiao-says-byrd/#more-182136

22. September 2014