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MELDUNG/1660: Kommt der Champion in die Jahre? (SB)



Deontay Wilder will Wladimir Klitschko ablösen

Deontay Wilder ist der festen Überzeugung, Wladimir Klitschko im nächsten Jahr besiegen und damit alle Gürtel im Schwergewicht zusammenführen zu können. Der in 33 Kämpfen ungeschlagene WBC-Weltmeister hat 32 Gegner innerhalb der ersten vier Runden auf die Bretter geschickt und mußte lediglich bei seinem Titelgewinn gegen den Kanadier Bermane Stiverne über die volle Distanz gehen. Was ihn jedoch vor allem darin bestärkt, sich als künftiger Nachfolger des Ukrainers an der Spitze der Königsklasse zu sehen, ist der Umstand, daß Klitschko am 25. März bereits 39 Jahre alt wird.

Wladimir Klitschko hat 63 Kämpfe gewonnen und drei verloren, wobei seine letzte Niederlage gut zehn Jahre zurückliegt. Diese Erfahrung kann Wilder natürlich nicht wettmachen, der indessen zu seinen Gunsten anführt, er verbessere sich von Kampf zu Kampf. Hingegen könne der Ukrainer das Niveau seines Könnens nicht mehr steigern und werde künftig genauso boxen, wie er das schon seit geraumer Zeit getan habe.

Bei seinem nächsten Auftritt trifft Klitschko am 25. April im New Yorker Madison Square Garden auf den US-Amerikaner Bryant Jennings, der in 19 Kämpfen ungeschlagen ist. Da der Ukrainer dabei alle Vorteile auf seiner Seite zu haben scheint, dürfte er diese Hürde ohne größere Probleme nehmen. Danach käme der ebenfalls unbesiegte Tyson Fury an die Reihe, dem gleichermaßen die Mittel fehlen, den Weltmeister vom Thron zu stoßen. Da der Brite Pflichtherausforderer bei der WBO ist, kann er sein Vorrecht geltend machen. Klitschko steht es jedoch frei, beim Verband einen Aufschub zu beantragen, damit er zwischenzeitlich seine Titel freiwillig verteidigen kann. Fury muß daher unter Umständen noch länger auf seine Chance warten.

Denkbar wäre natürlich ein zwischenzeitlicher Kampf zwischen Tyson Fury und Deontay Wilder, den der Amerikaner bereits angeboten, der Brite jedoch entschieden abgelehnt hat. Wie Fury zur Begründung anführt, sei er schließlich Pflichtherausforderer und Klitschko der namhaftere Gegner. Deshalb wolle er zuerst den Ukrainer besiegen und sich anschließend auch den WBC-Gürtel holen. Diese vollmundige Absichtserklärung kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Brite in beiden Fällen so gut wie chancenlos wäre, auch nur bis zum Schlußgong durchzuhalten.

Fury ist zwar mit 2,06 m sogar noch einige Zentimeter größer als Wilder (2,01 m) und Klitschko (1,98 m), schlägt aber deutlich langsamer und weit weniger wirksam als die beiden Weltmeister. Zudem kann er es in technischer Hinsicht nicht mit ihnen aufnehmen und gilt als Boxer mit fragwürdigen Nehmerqualitäten. Daher dürfte er die absehbare Niederlage gegen Klitschko als das geringere Übel einschätzen, da er dieses Schicksal mit zahlreichen anderen gescheiterten Kandidaten teilen würde. Gegen den vergleichsweise unerfahrenen Wilder zu verlieren, wäre wohl fataler, da dies die Grenzen des Briten in aller Deutlichkeit aufzuzeigen drohte.

Seit Deontay Wilder vor drei Jahren ein Sparringspartner Wladimir Klitschkos bei dessen Vorbereitung auf den Kampf gegen den hochgewachsenen Polen Mariusz Wach war, kennen die beiden einander recht gut. Wie sich der Amerikaner dabei gehalten hat, ist nicht bekannt, da alle Teilnehmer an Trainingslagern des Ukrainers vertraglich zu Stillschweigen verpflichtet sind. Wilder rückte damals jedoch rasch zum bevorzugten Sparringspartner auf, was den Schluß zuläßt, daß seine Größe, Schnelligkeit und Schlagwirkung Klitschko überzeugt haben.

Wie der WBC-Champion für sich ins Feld führt, boxe er heute viel besser als damals. Er habe sich in jeder Hinsicht erheblich gesteigert und nach wie vor viel Raum, seine Entwicklung voranzutreiben. Hingegen sei Klitschko nicht nur älter, sondern habe inzwischen auch eine Familie gegründet, so daß er auf Dauer sicherlich gesetzter zu Werke gehen werde. Vor drei Jahren gab Wilder Aufbaugegnern wie Damon McCreary, Kelvin Price, Kertson Manswell, Owen Beck, Jesse Oltmanns und Marlon Hayes das Nachsehen, die ihn nicht sonderlich forderten. Inzwischen hat der Amerikaner seinen Jab und den linken Haken erheblich verbessert, so daß er auch hochklassige Kontrahenten mit beiden Händen in Mitleidenschaft ziehen kann. [1]

Am 17. Januar forderte Deontay Wilder in der MGM Grand Garden Arena in Las Vegas den amtierenden WBC-Champion Bermane Stiverne heraus. Zwar blieb er dem Publikum den erwarteten Niederschlag schuldig, was darauf zurückzuführen war, daß er sich in der vierten Runde einen Finger der rechten Hand am Eisenschädel des Titelverteidigers gebrochen hatte. In der Folge kontrollierte er den Kampf vor allem mit einem hervorragenden Jab und belegte damit eindrucksvoll, daß ihn mehr als nur eine gefürchtete Schlagwirkung auszeichnet. Kam Stiverne ausnahmsweise doch mit seinem gefährlichen linken Haken durch, steckte Wilder die Treffer ohne ersichtliche Probleme weg, womit er erstmals auch seine guten Nehmerqualitäten unter Beweis stellte. Der US-Amerikaner gehört in der Tat zum engsten Kreis jener Schwergewichtler, die eines Tages die Nachfolge Wladimir Klitschkos antreten könnten.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/03/deontay-wilder-ready-to-defeat-wladimir-klitschko/#more-189411

18. März 2015


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