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MELDUNG/1685: Navigieren in seichten Gewässern (SB)



Amir Khans Wahl ist auf Chris Algieri gefallen

Der britische Weltergewichtler Amir Khan trifft am 29. Mai im New Yorker Barclays Center auf den US-Amerikaner Chris Algieri. Nachdem der ehemalige Weltmeister zweier Verbände im Halbweltergewicht vergeblich versucht hat, einen hochdotierten Kampf gegen Floyd Mayweather oder Manny Pacquiao herbeizureden, dürfte die Wahl dieses Gegners beträchtlichen Unmut und erneut harsche Kritik auf den Plan rufen. Auch Algieri war früher Champion im niedrigeren Limit, bis er den Titel niederlegte, um sich von Pacquiao im Weltergewicht vermöbeln zu lassen. Das Duell in Brooklyn wird im Rahmen des Formats "Premier Boxing Champions", das der Berater Al Haymon bei diversen Sendern untergebracht hat, von Spike TV übertragen.

Für den 28 Jahre alten Amir Khan stehen 30 Siege und drei Niederlagen zu Buche. Er hat zuletzt vier Kämpfe in Folge gewonnen und dabei am 13. Dezember 2014 in Las Vegas gegen Devon Alexander einen guten Eindruck hinterlassen. Der 31jährige Algieri aus Huntington auf Long Island kann mit 20 gewonnenen Kämpfen und einer Niederlage aufwarten. Seit dem Debakel im November, bei dem ihn der Philippiner in Macau sechsmal niederschlug, hat der US-Amerikaner nicht mehr im Ring gestanden.

Amir Khan tritt zum zweiten Mal in New York auf. Dort hatte er 2010 den populären Lokalmatador Paulie Malignaggi in einem einseitigen Kampf vorzeitig besiegt. Natürlich denkt der Brite gern an sein erfolgreiches Debüt in den USA zurück, dem durchwachsene Jahre folgten. Er lobt Chris Algieri als hochklassigen Boxer, der mit herausragenden Gegnern im Ring gestanden habe und ihm alles abverlangen werde. Wie immer in seinen Kämpfen werde er dank seiner Schnelligkeit und technischen Reife für ein wahres Feuerwerk im Ring sorgen, so der Brite.

Zuvor hatte Amir Khan einen Ausscheidungskampf gegen den ehemaligen Champion Tim Bradley abgelehnt, dessen Sieger Pflichtherausforderer des IBF-Weltmeisters Kell Brook werden sollte. Überdies wies er das Angebot seines Landsmanns zurück, sofort mit ihm in den Ring zu steigen, obgleich dieses Duell für eine Rekordkulisse in London gut gewesen wäre. Daß Khan sowohl den möglichen Titelgewinn als auch die beträchtlichen Einnahmen ausschlug, nährte zwangsläufig den Verdacht, er schätze Brook als zu gefährlich ein.

Algieri, der sich nach der verheerenden Niederlage gegen Pacquiao von seinem langjähriger Trainer Tim Lane trennte und seither von John David Jackson betreut wird, hat im Barclays Center den größten Triumph seiner Karriere gefeiert. Im Juni 2014 ließ er sich gegen den favorisierten Ruslan Prowodnikow von zwei Niederschlägen in der ersten Runde nicht ins Bockshorn jagen und gewann am Ende knapp nach Punkten Kampf und Titel. Er freut sich auf die Rückkehr an die Stätte seines damaligen Triumphs, der ihm überraschend die Tür zu Pacquiao geöffnet hatte. Khan, der ein bewährter Champion sei, werde das Beste in ihm wachrufen, so Algieri.

Veranstaltet wird der Kampf samt Vorprogramm von dem New Yorker Promoter Lou DiBella, der eng mit Al Haymon zusammenarbeitet. Nach dem klaren Sieg über Devon Alexander erwarte Amir Khan ein künftiger Kampf der Superlative, da er zu den führenden Akteuren seiner Gewichtsklasse gehöre, erklärt DiBella. Zuvor müsse er sich freilich mit Algieri auseinandersetzen, der den Heimvorteil auf seiner Seite habe. Auch für diesen sei es ein Wunschkampf, da er am Schauplatz seines denkwürdigen Sieges über Ruslan Prowodnikow aller Welt zeigen wolle, wo sein Platz unter den besten Weltergewichtlern ist.

Am vergangenen Wochenende ging mit dem spektakulären Duell zwischen Danny Garcia und Lamont Peterson erstmals eine Veranstaltung der Serie "Premier Boxing Champions" im Barclays Center über die Bühne, das sich einen Namen als Austragungsstätte hochklassiger Boxkämpfe gemacht hat. Der Geschäftsführer der Arena, Brett Yormark, hebt hervor, daß sich das Barclays Center in weniger als drei Jahren seit seiner Errichtung landesweit in die Spitzenklasse derartiger Veranstaltungen katapultiert habe. [1]

Die Strategie Amir Khans, hartnäckig ein Duell mit Mayweather oder Pacquiao einzufordern und solange nicht allzu gefährliche Gegner zu besiegen, bis endlich der große Zahltag kommt, hat seinem Ruf nicht gerade gutgetan. Sich Algieri unmittelbar nach dessen desaströser Niederlage in Macau vorzuknöpfen, bevor er in einem Aufbaukampf wieder Tritt fassen kann, wird dem Briten schon vorab als durchsichtiges Manöver angekreidet, gefährlichen Kontrahenten aus dem Weg zu gehen. Seit seiner Niederlage gegen Danny Garcia im Jahr 2012 navigiert Khan in seichten Gewässern und sucht sich Gegner aus, die ihn nicht auf die Bretter schicken können. Das galt zuletzt für Devon Alexander, dem er dank seiner schnellen Kombinationen keine Chance ließ, und dürfte auch bei Chris Algieri nicht anders sein. [2]

Daß Khan und sein Berater Al Haymon auf Nummer Sicher gehen, ist durchaus verständlich, bringt den Briten in seiner Karriere aber nicht wirklich voran. Mit bald 30 Jahren ist er längst kein junger Boxer mehr, der sich mit Hilfe handverlesener Gegner hocharbeiten möchte. Floyd Mayweather hat jüngst angekündigt, daß er nach seinem Duell mit Manny Pacquiao am 2. Mai nur noch einen weiteren Kampf im September bestreiten und danach seinen Rücktritt erklären werde, da er die Freude am Boxen verloren habe. Für dieses Finale kommt Amir Khan keinesfalls in Frage, so daß er sich künftig wohl allein dem Philippiner andienen muß.


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/12696839/amir-khan-chris-algieri-set-welterweight-bout-29

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/04/khan-faces-algieri-on-529-at-barclays-center-brooklyn-new-york/#more-190888

17. April 2015


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