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MELDUNG/1772: Puertoricanisch-mexikanisches Armdrücken (SB)



Miguel Cotto und Saul "Canelo" Alvarez endlich handelseinig

Nach monatelangen zähen Verhandlungen zwischen Roc Nation Sports und den Golden Boy Promotions ist der Kampf zwischen Miguel Cotto und Saul "Canelo" Alvarez unter Dach und Fach. Der Puertoricaner verteidigt den Titel des Verbands WBC im Mittelgewicht am 21. November im Mandalay Bay in Las Vegas gegen den Mexikaner, der früher Weltmeister zweier Verbände im Halbmittelgewicht war. Für den 34jährigen Cotto stehen 40 gewonnene und vier verlorene Kämpfe zu Buche, während der neun Jahre jüngere Herausforderer mit 45 Siegen, einer Niederlage sowie einem Unentschieden aufwarten kann. Der Titelkampf wird vom Sender HBO im Bezahlfernsehen übertragen und dürfte eine beachtliche Quote einfahren.

Damit steuert die traditionelle Rivalität zwischen Boxern aus Puerto Rico und Mexiko einem Höhepunkt entgegen, der alle früheren Duelle in den Schatten zu stellen verspricht. Denkt man an Salvador Sanchez gegen Wilfredo Gomez, Julio Cesar Chavez sen. gegen Hector Camacho, Felix Trinidad gegen Oscar de la Hoya oder die beiden Kämpfe zwischen Miguel Cotto und Antonio Margarito, unterfüttert dies die Vorfreude auf eine weitere Auseinandersetzung, an die man sich noch lange erinnern wird. Jose Reynoso, der Manager des Mexikaners, geht jedenfalls davon aus, daß dies angesichts der Popularität der beiden Boxer das bedeutendste Duell in diesem Kontext sei, das man derzeit über die Bühne bringen könne.

Er gebe den Fans, was sie sehen wollten, erklärt Miguel Cotto. Er habe es stets so gehalten, sich mit den besten Konkurrenten zu messen, und wolle ein neues Kapitel in seiner Karriere aufschlagen. Den Zuschauern könne er eine klassische Schlacht in Aussicht stellen, wie man sie lange nicht mehr erlebt habe. Außergewöhnliche Kämpfe kämen zustande, weil die Boxfans es verlangten, stößt Saul Alvarez ins gleiche Horn. Er sei hocherfreut, dieses spektakuläre Ereignis nun auch offiziell ankündigen zu können, und werde seine Anhänger nicht enttäuschen.

Zur Bewerbung des Kampfs ist eine Tour durch mehrere Städte geplant, deren Einzelheiten in Kürze bekanntgegeben werden sollen. Das Duell wird nicht im regulären Limit des Mittelgewichts von 160 Pfund (72,57 kg), sondern bei maximal 155 Pfund (70,31 kg) ausgetragen, das keinen von beiden bevorteilen dürfte. Damit nimmt die Unsitte prominenter Akteure ihren Lauf, sich nicht wie alle anderen Boxer im Rahmen der festgelegten Gewichtsgrenzen zu bewegen, sondern maßgeschneiderte Limits zu vereinbaren. Wieso Cotto einen Titel verteidigen oder Alvarez ihn gewinnen darf, obwohl sie unter Sonderkonditionen gegeneinander antreten, erklärt sich einzig und allein aus ihrem Status als Publikumsmagneten. Floyd Mayweather jun., gegen den beide verloren haben, und Gennadi Golowkin, den sie fürchten wie der Teufel das Weihwasser, nehmen solche Extrawürste nicht für sich in Anspruch.

Miguel Cotto wog 155 Pfund, als er dem invaliden Argentinier Sergio Martinez den Gürtel abnahm, und 153,5 Pfund bei seiner ersten und bislang einzigen Titelverteidigung gegen den Australier Daniel Geale. Alvarez trat gegen Alfredo Angulo, Erislandy Lara und zuletzt James Kirkland jeweils bei vertraglich vereinbarten 155 Pfund an. Als Cotto im Juni 2014 gegen Martinez gewann und damit als erster puertoricanischer Boxer Weltmeister in vier verschiedenen Gewichtsklassen geworden war, dürfte dies seine Eintrittskarte in die Hall of Fame gewesen sein. Danach legte er eine fast einjährige Pause ein, bis er am 6. Juni den früheren Weltmeister Daniel Geale in der vierten Runde besiegte.

Cotto, der einen zweiten Frühling zu erleben scheint, seit ihn Freddie Roach trainiert, machte gegen den Australier eine glänzende Figur. Obgleich der Kampf gegen Saul Alvarez schon zuvor so gut wie vereinbart gewesen war, dauerte es danach noch weitere zwei Monate, bis sämtliche Wünsche des Puertoricaners erfüllt waren. Saßen bei Cottos Auftritt Repräsentanten der Golden Boy Promotions am Ring, um dem künftigen Gegner die Daumen zu drücken, so hatte das einen Monat zuvor umgekehrt für Abgesandte von Roc Nation Sports gegolten, die "Canelos" furiosen Schlagabtausch mit James Kirkland vor Ort in Houston verfolgten, der bereits nach drei Runden zu Ende war.

Cotto gegen "Canelo" sei schlichtweg der bedeutendste Kampf, den der Boxsport derzeit zu bieten habe, verkündet David Itskowitch, Geschäftsführer von Roc Nation Sports. Ziehe man die beiderseitigen Kampfesweisen in Betracht, sei mit einem spektakulären Duell zu rechnen, das man sich keinesfalls entgehen lassen dürfe. Hinzu komme die enorme Popularität der Kontrahenten, die zwei traditionell konkurrierende Fangemeinden mobilisieren werde. Alles in allem habe dieser Kampf das Format eines außergewöhnlichen Ereignisses, das als Sternstunde in die Geschichte des Boxsports eingehen werde.

Über den Kampf wurde bereits Anfang des Jahres verhandelt, doch zögerte Cotto die Entscheidung immer weiter hinaus, da er auf den großen Wurf mit Floyd Mayweather hoffte. Alvarez beendete schließlich die leidige Wartezeit, um seinen Wunschtermin im Mai nicht zu versäumen, und suchte sich dafür Kirkland als Gegner aus. Miguel Cotto trennte sich unterdessen von seinem langjährigen Promoter Top Rank, obgleich Bob Arum ihn zu einem letzten Kampf unter seiner Regie zwingen wollte. Nach dem Wechsel zu Roc Nation Sports nahmen die Verhandlungen mit den Golden Boy Promotions endlich Fahrt auf, deren Ergebnis nun auf dem Tisch liegt.

Wenngleich Cotto und Alvarez keineswegs die allerbesten Mittelgewichtler sind und von Gennadi Golowkin böse Prügel beziehen würden, ist ihr Duell doch ausgesprochen attraktiv. Nach dem finanziell nicht zu übertreffenden, aber sportlich enttäuschenden Kampf zwischen Floyd Mayweather und Manny Pacquiao im Mai ist dies der zweite Höhepunkt des Jahres. Beide Akteure favorisieren eine aggressive Kampfesweise, beide haben in bedeutenden Auftritten im Bezahlfernsehen Furore gemacht, beide können eine riesige Fangemeinde aufbieten. Wenngleich sie gegen Mayweather den kürzeren gezogen haben, zählten diese Duelle doch zu den lukrativsten in der Geschichte des Boxsports.

Dies ist der Kampf des Jahres, der zwei der größten Stars der Gegenwart zusammenführe und von zahllosen Fans herbeigesehnt worden sei, verkündet Oscar de la Hoya, Präsident der Golden Boy Promotions. Cotto gegen Alvarez sei eine epische Schlacht im Ring, die vom ersten Gongschlag an spannungsgeladenes Boxen verspreche. Dieses Duell sei beispielhaft für das unablässige Streben seines Unternehmens, die besten Kämpfe zwischen den namhaftesten Akteuren zu präsentieren. [1] Nach einer solchen Fülle von Superlativen steht zu befürchten, daß der letztendliche Abschluß einer monatelangen Werbekampagne im Ring nur hinter den überzogenen Erwartungen zurückbleiben kann.


Fußnote:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/13430463/miguel-cotto-defend-middleweight-title-canelo-alvarez-nov-21

19. August 2015


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