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MELDUNG/1791: Abstecher nach Monte Carlo (SB)



Jürgen Brähmer trifft in Monaco auf Thomas Oosthuizen

Jürgen Brähmer verteidigt den Titel des regulären Weltmeisters der WBA im Halbschwergewicht am 7. November in Monte Carlo gegen den Südafrikaner Thomas Oosthuizen. Dies teilte Team Sauerland mit, das den Kampf gemeinsam mit Oosthuizens Promoter Rodney Berman (Golden Gloves) veranstaltet. Beide Seiten hatten über ihre laufenden Verhandlungen Stillschweigen gewahrt, da der Schweriner am letzten Samstag gegen seinen früheren Sparringspartner Konni Konrad angetreten war, den er durch Abbruch zu Beginn der achten Runde besiegte. Dennoch bleibt das ungute Gefühl eines von vornherein höchst ungleichen Kampfs zurück, dessen Ausgang offenbar so sicher schien, daß man unterdessen bereits mit dem nächsten Herausforderer handelseinig wurde. Brähmer, der als Champion eine Etage unter dem Superchampion der WBA, Sergej Kowaljow, rangiert, muß sich daher den Vorwurf gefallen lassen, wie schon in den vorangegangenen vier Titelverteidigungen erneut gegen einen relativ schwachen Gegner angetreten zu sein.

Während der 36jährige Schweriner 47 Auftritte gewonnen und zwei verloren hat, kann der neun Jahre jüngere Südafrikaner mit 25 Siegen und zwei Unentschieden aufwarten. Brähmer tritt erst zum zweiten Mal in seiner 16 Jahre währenden Profilaufbahn im Ausland an, wobei sein einziger früherer Ausflug von 2009 nach Ungarn schon lange zurückliegt. Auch dies zeugt davon, daß sich seine Karriere im wesentlichen vor heimischen Publikum abgespielt hat und wohl auch auf diesem Nebengleis fern der international führenden Szene enden wird. Wenngleich Promoter Kalle Sauerland versichert, man sei an Kämpfen gegen die beiden anderen Weltmeister Sergej Kowaljow (WBA-Superchampion, WBO, IBF) und Adonis Stevenson (WBC) interessiert, erinnert das doch eher an ein lautes Pfeifen im finsteren Wald.

Wenigstens scheint der bislang ungeschlagene Oosthuizen ein etwas gefährlicherer Gegner als seine an dem Schweriner gescheiterten Vorgänger zu sein. Der Herausforderer hat viermal im Ausland gekämpft, davon zweimal in den USA. Wie er erklärte, freue er sich auf den Kampf in Monte Carlo, wo sein Promoter Berman mit einem Casino zusammenarbeitet, um regelmäßig Boxveranstaltungen zu präsentieren. Dies sei eine wunderbare Gelegenheit, sein Können unter Beweis zu stellen und sich den Gürtel zu holen, legt der südafrikanische Herausforderer den obligatorischen Optimismus an den Tag.

Brähmer schlage sehr schnell, weshalb er sein Bestes geben müsse, um den Champion zu besiegen. Der Schweriner sei wie er selbst ein Konterboxer, der aus häufig wechselnden Vektoren angreife. Er könne sich jedoch darauf einstellen und werde jederzeit die passende Antwort geben, so Oosthuizen. Im übrigen trete er gern außerhalb seines Heimatlandes an, da ihn das zusätzlich motiviere, die Ehre Südafrikas zu verteidigen. Dafür trainiere er sehr hart, denn er werde Brähmer den Titel abnehmen, um dann auf die großen Nummern des Halbschwergewichts wie Sergej Kowaljow und den Rest Jagd zu machen.

Auch Brähmer zeigte sich von einem Auftritt in Monte Carlo angetan und versicherte, er werde die ganze Welt wissen lassen, daß er für jede Herausforderung bereit sei. Oosthuizen habe zweifellos Qualitäten, doch treffe der Südafrikaner auf einen Gegner, wie er ihn nie zuvor kennengelernt habe. Er freue sich zu hören, wie gründlich sich sein Gegner vorbereite, da dies die beste Voraussetzung sei, den Zuschauern vor Ort und bei der Fernsehübertragung ein spektakuläres und spannendes Duell zu präsentieren. Davon abgesehen könne der Herausforderer noch so ausgiebig trainieren, zum Titelgewinn werde es nicht reichen, gibt sich der Schweriner zuversichtlich, seinen Gürtel auch in Monte Carlo erfolgreich verteidigen zu können.

Wie Kalle Sauerland beteuerte, sei Brähmer noch nie einem Herausforderer aus dem Weg gegangen. Als sich dann die Gelegenheit geboten habe, in Monaco gegen Thomas Oosthuizen anzutreten, habe der Weltmeister nicht eine Sekunde gezögert, so Sauerland weiter. Dieser Auftritt im Ausland eröffne dem Schweriner die Chance, seine Regentschaft als Champion fortzusetzen und einmal mehr unter Beweis zu stellen, warum er zu den führenden Akteuren im Halbschwergewicht gehört. [1]

Aus dem Munde eines Promoters, der ja die Gegner für den Boxer aussucht und in Repräsentation des Weltmeisters am längeren Hebel als das Lager des Herausforderers sitzt, klingt diese Aussage schon recht verschroben. Die insbesondere von britischen und US-amerikanischen Kommentatoren formulierte Einschätzung, Brähmer sei ein sogenannter Papierweltmeister, der in der deutschen Nische gehegt und mit schwachen Gegnern gefüttert werde, richtet sich zwangsläufig auch an die Adresse Kalle Sauerlands, der schließlich die Marschrichtung für Jürgen Brähmer vorgibt.

Das Ärgernis beginnt damit, daß der Verband WBA mit dem Superchampion und dem regulären Weltmeister zwei Titelträger führt, endet aber nicht bei dieser Zweiklassigkeit. Da dem breiteren Publikum dieser absonderliche Sachverhalt entweder gar nicht oder nicht im Detail bekannt ist, herrscht vielfach Verwirrung oder blanke Unkenntnis vor. So wird Brähmer von seinem Boxstall in der Regel als WBA-Weltmeister ausgewiesen, was die hiesigen Medien nicht selten ohne nähere Erläuterung übernehmen. Viele deutsche Zuschauer erfreuen sich schlichtweg daran, den Schweriner boxen und siegen zu sehen, ohne sich um die Politik der Verbände zu scheren. Diese Einstellung hat viel für sich, sitzt aber leicht dem Trugbild auf, ein Weltmeister sei der anerkannt beste Boxer seiner Gewichtsklasse und habe die gefährlichsten Konkurrenten aus dem Feld geschlagen.


Fußnote:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/13603695/juergen-braehmer-defend-light-heavyweight-belt-thomas-oosthuizen

9. September 2015


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