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MELDUNG/1823: Der amerikanische Traum backt kleine Brötchen (SB)



Erislandy Lara hat sich Jan Zaveck ausgesucht

Erislandy Lara verteidigt den WBA-Titel im Halbmittelgewicht am 25. November in Miami gegen Jan Zaveck. Damit hat sich der Kubaner zum zweiten Mal in Folge einen relativ schwachen Herausforderer ausgesucht, den in die Schranken zu weisen ihm nicht sonderlich schwerfallen dürfte. Während für den 32jährigen Weltmeister 21 Siege, zwei Niederlagen und zwei Unentschieden zu Buche stehen, kann der in Magdeburg lebende 39 Jahre alte Slowene mit 35 gewonnenen und drei verlorenen Kämpfen aufwarten. Die Veranstaltung im Rahmen des Formats Premier Boxing Champions wird vom Sender ESPN übertragen.

Seit seiner umstrittenen Punktniederlage gegen Saul "Canelo" Alvarez im Juli 2014 hat Lara gegen Ishe Smith und zuletzt am 12. Juni in Chicago bei seiner ersten Titelverteidigung gegen Delvin Rodriguez gewonnen. Dabei war Rodriguez derart unterlegen, daß er auf den Zetteln der Punktrichter keine einzige Runde für sich entscheiden konnte.

Jan Zaveck, der früher IBF-Weltmeister im Weltergewicht war, wird in der WBA-Rangliste an Nummer acht und bei der WBO an zehnter Stelle geführt. Bei früheren Auftritten gegen namhafte Gegner in den USA unterlag er 2011 Andre Berto in der fünften Runde, der ihm den Titel abnahm. Zwei Jahre später mußte er sich auch Keith Thurman geschlagen geben, der keinerlei Probleme mit ihm hatte und sämtliche Runden gewann. Zuletzt hat Zaveck drei Kämpfe in Folge gegen schwächere Kontrahenten gewonnen.

Der Kubaner ist nicht nur jünger und etwas größer als der Herausforderer, sondern auch technisch klar überlegen und wesentlich schneller. Daher bleibt Zaveck wohl nur der Mut der Verzweiflung, will er in diesem Kampf seinerseits Akzente setzen. Überdies hat Lara früher einige Zeit in Miami gelebt, wo ihn die tonangebende exilkubanische Fangemeinde unterstützen wird. Er wohnt und trainiert zwar inzwischen in Houston, bezeichnet die Metropole Floridas aber als seine Heimat, als habe er seinen Geburtsort Guantánamo, die Kindheit und Jugend in Kuba und insbesondere die sportliche Förderung und Ausbildung zu einem der weltbesten Amateurboxer völlig vergessen. Frei nach dem Motto, die Kosten seiner Karriere zu sozialisieren und deren Gewinn zu privatisieren, steigt er unter dem Kampfnamen "Der amerikanische Traum" in den Ring.

Wie er denn auch erklärt, freue er sich darauf, den Titel in seiner Heimatstadt Miami zu verteidigen. Mit einem früheren Weltmeister und erfahrenen Gegner wie Jan Zaveck den Ring zu teilen, garantiere eine spannende Auseinandersetzung. Er werde den Zuschauern am 25. November erstklassige Unterhaltung bieten und widme diesen Auftritt insbesondere den kubanischen Fans, die seinen Kampf bei ESPN verfolgen könnten.

Der Slowene ist sich natürlich der ihm zugedachten Rolle bewußt, will sich aber nicht ins Bockshorn jagen lassen. Er sei sich im klaren darüber, daß dies einer der schwersten Kämpfe seiner Karriere ist. Er zolle Lara Respekt und wolle beweisen, daß er auf gleicher Augenhöhe mit dem Champion kämpfen könne. Wenngleich er als Außenseiter in Laras Wohnzimmer antrete, wolle er doch in Miami für eine faustdicke Überraschung sorgen und seine Träume Wirklichkeit werden lassen. [1]

Seit der Niederlage gegen Saul Alvarez hat Lara des öfteren eine Revanche gefordert, jedoch mit der Wahl seiner Gegner wenig Anlaß gegeben, das Interesse eines breiteren Publikums wachzurufen und damit auch das Augenmerk des populären Mexikaners ein zweites Mal auf sich zu ziehen. "Canelo" dürfte bewußt sein, daß er den beweglichen Kubaner bei ihrem Duell nicht zu fassen bekam und am Rande einer Niederlage stand. Nicht wenige Kritiker argumentierten damals, daß Alvarez nur deswegen knapp gewonnen habe, weil er aufgrund seiner riesigen Fangemeinde für die Branche viel wichtiger als der Kubaner sei. Ein Rückkampf gegen Lara wäre daher für den Mexikaner allenfalls dann erwägenswert, sollten dabei hohe Einkünfte zu erwarten sein.

Der Kampf zwischen Lara und Zaveck findet an einem Mittwoch statt und könnte dem Bekanntheitsgrad des Kubaners nur aus dem einen Grund zuträglich sein, daß er dank der Übertragung durch ESPN von relativ vielen Zuschauern gesehen werden kann. Um sich jedoch für hochdotierte Duelle mit den hochkarätigsten Rivalen ins Gespräch zu bringen, müßte Erislandy Lara schon mit der Praxis brechen, bei der Wahl seiner Gegner auf Nummer Sicher zu gehen. Namen wie Jermall und Jermell Charlo, Michel Soro, Julian Williams, Joshua Clottey, Liam Smith oder Anthony Mundine stünden in diesem Sinne zur Disposition. [2]


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/13929001/erislandy-lara-defend-junior-middleweight-title-jan-zaveck-nov-25

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/10/erislandy-lara-defends-against-jan-zaveck-on-pbc-on-espn-on-1125/#more-200897

22. Oktober 2015


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