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MELDUNG/2103: Zwei Australier begleichen eine alte Rechnung (SB)



Danny Green gewinnt späte Revanche gegen Anthony Mundine

Am 17. Mai 2006 setzte sich der Australier Anthony Mundine einstimmig nach Punkten gegen seinen Landsmann Danny Green durch. Fast elf Jahre später trafen die beiden nun in Adelaide zu einer später Revanche aufeinander. Der inzwischen 43jährige Green, ehemals Weltmeister des kleinen Verbands IBO im Cruisergewicht, behielt diesmal in einem Kampf über zehn Runden knapp die Oberhand gegen seinen zwei Jahre jüngeren Rivalen, der in der Vergangenheit WBC-Champion im Supermittelgewicht gewesen war (94:94, 96:94, 98:90). Während "The Green Machine" nun mit einer Bilanz von 36 Siegen und fünf Niederlagen aufwarten kann, stehen für Mundine 47 gewonnene und acht verlorene Auftritte zu Buche. Beide Akteure haben den Zenit ihres Könnens weit überschritten und werden ihre Karriere wohl in absehbarer Zeit ausklingen lassen. Wenngleich sie längst nicht mehr so agil boxen wie in besseren Tagen, boten sie den gut 20.000 begeisterten Zuschauern doch einen ansehnlichen und phasenweise sehr ruppigen Kampf.

Mundine begann schlichtweg zu langsam und überließ Green lange die Initiative, so daß der Druck, den er von der achten Runde an sichtlich erhöhte, das Blatt nicht mehr wenden konnte. Zudem verlegte er sich wie schon bei ihrer ersten Begegnung auf seinen Jab und einzelne Schläge mit der Rechten, die er jedoch längst nicht mehr so schnell ausführen konnte wie damals. Das führte dazu, daß er den Gegner häufig verfehlte, der fleißiger arbeitete und einen Vorsprung erkämpfte, der gegen Ende nicht mehr aufzuholen war.

Gleich in der ersten Runde wurde Mundine mit einem Punktabzug bestraft, weil er Green auf den Hinterkopf geschlagen hatte. Dieser wirkte benommen, konnte den Kampf aber glücklicherweise fortsetzen und dominierte bald wieder das Geschehen im Ring. In der dritten Runde brachte Green immer wieder den Jab und seine Rechte ins Ziel, während er den Schlägen Mundines zumeist ausweichen konnte. In dieser Phase wühlten und klammerten die beiden des öfteren, was wohl auch damit zu tun hatte, daß sie einander aus der Distanz selten trafen. Der Ringrichter mußte häufig eingreifen und die Kontrahenten ermahnen, sauber zu boxen. Green traf viel häufiger, zumal er seinen Jab fast ungehindert durchbrachte, mußte allerdings im vierten Durchgang nach einem Treffer kurz auf ein Knie gehen.

Ansonsten profitierte er aber von der Kampfesweise Mundines, der kaum Kombinationen schlug, zu abwartend boxte und seine wuchtig ausgeführten Einzelschläge nur spärlich anbringen konnte. Green enteilte ihm auf den Zetteln der Punktrichter, wurde aber in der siebten Runde seinerseits mit einem Abzug bestraft, wenngleich seine unzulässige Aktion längst nicht so eindeutig wie die Mundines zu Beginn des Kampfes war. Dieser machte erst in der achten Runde die bessere Figur, da er endlich häufiger schlug und präziser traf. Green hielt aber weiter mit und wirkte nicht sonderlich müde, wenngleich ihn die Schlagfrequenz seines Gegners in den letzten drei Runden überforderte. [1]

In der letzten Minute der neunten Runde deckte Mundine seinen Gegner mit einem Hagel von Schlägen ein, um ihn vorzeitig zu besiegen, traf ihn aber dabei nicht häufig genug, um einen Niederschlag zu erzielen. Green machte am Ende zwar den schwächeren Eindruck, schlug aber auch im letzten Durchgang energisch mit, worauf beide Boxer nach dem Schlußgong mit hoch erhobenen Armen den Sieg für sich reklamierten. Die Zuschauer verharrten in Ungewißheit, wer gewonnen hatte, bis das Ergebnis schließlich verkündet wurde und ein gewaltiger Aufschrei der Menge durch die Arena rollte. [2]

Wie Danny Green anschließend hervorhob, sei es ihm nicht um Rache gegangen. Er zollte Mundine umgehend Respekt und rief das Publikum dazu auf, seinem Gegner für dessen großartige Leistung noch einmal Beifall zu spenden. Was ihn selber betreffe, sei er ein alter Mann, der sein Bestes gegeben habe. Green dürfte sich im klaren darüber sein, daß er den international führenden Cruisergewichtler nicht mehr gewachsen ist. Gegner wie Oleksandr Ussyk, Murat Gassijew, Denis Lebedew, Marco Huck, Tony Bellew, Mairis Briedis oder Beibut Schumenow wären eine Nummer zu groß für ihn. Seit seinen Niederlagen gegen Antonio Tarver und Krzysztof Wlodarczyk im Jahr 2011 hat er mit keinen Kontrahenten der ersten Garnitur mehr im Ring gestanden.

Für Anthony Mundine war dies die dritte Niederlage in den letzten vier Kämpfen, was ihn dazu veranlassen könnte, die Boxhandschuhe an den Nagel zu hängen. Die Aussichten, auf die Siegerstraße zurückzukehren oder gar seine Karriere noch einmal zum Besseren zu wenden, sind denkbar gering. Ende Januar 2013 mußte er sich seinem Landsmann Daniel Geale nach Punkten geschlagen geben und Anfang April 2014 unterlag er Joshua Clottey auf die gleiche Weise, obgleich dieser damals schon nicht mehr an seine besten Zeiten anknüpfen konnte. Im November 2015 zog er auch gegen Charles Hatley den kürzeren, der ihn in der elften Runde geschlagen auf die Bretter schickte. Bis dahin hatte Mundine des öfteren einen Kampf gegen Floyd Mayweather im Munde geführt, für den er freilich nie ein Thema war. Als er dann das Nachsehen gegen Hatley hatte, der ein guter, aber keineswegs überragender Akteur war, kam Mundine nie wieder auf Mayweather zu sprechen.

Da Anthony Mundine vier seiner letzten sieben Kämpfe verloren hat, steht auch er vor der Grundsatzfrage, wie es mit seiner Karriere weitergehen soll, die ihn wohl auf keinen Gipfel mehr führen wird. Für das Mittelgewicht schlägt er inzwischen zu langsam, weshalb ein erneuter Aufstieg ins Supermittelgewicht ratsam sein könnte. Dort wären seine Probleme womöglich weniger ausgeprägt, aber natürlich nicht ganz vom Tisch. Wie sich in Adelaide gezeigt hat, ist er selbst für einen 43jährigen Cruisergewichtler wie Danny Green nicht mehr schnell genug. Wenngleich seine Schlagwirkung nach wie vor ausreichen dürfte, um Kämpfe vorzeitig zu gewinnen, sehen die Gegner seine Fäuste kommen und können sich rechtzeitig decken oder ausweichen.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2017/02/danny-green-vs-anthony-mundine-2-results/#more-226434

[2] http://www.espn.com/boxing/story/_/id/18611587/danny-green-defeats-anthony-mundine-controversial-verdict

4. Februar 2017


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