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MELDUNG/2282: Halbschwergewicht - die Erntezeit rückt näher ... (SB)



Dimitri Biwol wünscht sich einen Kampf gegen Eleider Alvarez

Wie nicht anders zu erwarten, wünscht sich Dimitri Biwol noch vor Ablauf des Jahres einen Kampf gegen Eleider Alvarez. Beide haben am letzten Wochenende ihre Auftritte in Atlantic City gewonnen. Doch während der Russe den WBA-Titel im Halbschwergewicht im Hard Rock Hotel erfolgreich gegen Isaac Chilemba verteidigt hat, stieß der gebürtige Kolumbianer auf sensationell anmutende Weise den favorisierten WBO-Champion Sergej Kowaljow vom Thron. Nachdem dessen Promoterin Kathy Duva von Matchroom Boxing bereits Gespräche mit Biwol über einen Kampf im Dezember geführt hatte, nimmt es nicht wunder, daß dieser anstelle des alten nun den neuen Weltmeister zum Duell fordern möchte, um die beiden Titel zusammenzuführen.

Der 27jährige Dimitri Biwol bot zwar keine Glanzleistung, dominierte den bekanntermaßen zähen Chilemba jedoch in souveräner Manier und baute seine Bilanz auf vierzehn gewonnene Auftritte aus. Für den sieben Jahre älteren und ebenfalls ungeschlagenen Eleider Alvarez stehen 24 Siege zu Buche, da er den nach Punkten in Führung liegenden Sergej Kowaljow mit drei Niederschlägen in der siebten Runde zu Fall gebracht hat. Wollte man eine Prognose wagen, wie ein Kampf zwischen den beiden Weltmeistern verlaufen könnte, sähe sich der Kolumbianer mit der hohen Schlagfrequenz, einer beträchtlichen Trefferwirkung wie auch der technischen Brillanz des Russen konfrontiert. Zudem könnte er nicht damit rechnen, daß diesem Gegner wie Sergej Kowaljow nach sechs Runden die Luft ausgeht. Folglich müßte er gewappnet sein, dem ständigen Druck Biwols über die volle Distanz standzuhalten und dabei selber eine Menge unternehmen, um auf den Zetteln der Punktrichter nicht zu kurz zu kommen.

Da beide gegen Isaac Chilemba gekämpft und gewonnen haben, ließe sich zudem ihr Abschneiden gegen diesen Kontrahenten für eine Einschätzung zu Rate ziehen. Während Dimitri Biwol jüngst den Ring als klarer Punktsieger verließ (120:108, 120:108, 116:112), war es Eleider Alvarez am 28. November 2015 doch erheblich schwerer gefallen, am Ende die Oberhand zu behalten (118:110, 115:113, 114:114). Damals waren die Meinungen durchaus geteilt, ob Chilemba bei dieser Wertung benachteiligt und um den Sieg gebracht worden sei. Dasselbe konnte man im Falle Biwols gewiß nicht sagen, auch wenn Chilemba in einer ersten Stellungnahme meinte, mindestens ebenbürtig, wenn nicht gar überlegen gewesen zu sein. Unabhängige Experten führender Fachmedien bekräftigten hingegen die Einschätzung, daß Isaac Chilemba mit dieser Punktwertung noch gut bedient sei, habe er doch kaum mehr als eine Runde die bessere Figur gemacht. [1]

So verständlich Biwols Wunsch nach einem baldigen Kräftemessen mit Eleider Alvarez sein mag, muß er sich doch möglicherweise noch längere Zeit gedulden. Sergej Kowaljow könnte nämlich die vertraglich vereinbarte Option einer Revanche wahrnehmen und noch im Spätherbst einen Rückkampf gegen den Kolumbianer austragen. Für diese Wahl spräche, daß sich der 35jährige Russe sofort rehabilitieren und abermals Weltmeister werden könnte. Seine sonstigen Möglichkeiten sehen inzwischen sehr viel ungünstiger aus, da Dimitri Biwol (WBA), Adonis Stevenson (WBC) und Artur Beterbijew (IBF) derzeit keine Veranlassung haben, ihren jeweiligen Titel gegen ihn zu verteidigen. Davon abgesehen wäre in allen drei Fällen zu bezweifeln, daß sich Kowaljow durchsetzen könnte. Wie Kathy Duva sorgenvoll zu bedenken gab, neige Sergej in der Tat dazu, nach sechs Runden konditionell einzubrechen, wie das schon bei den Niederlagen gegen Andre Ward der Fall gewesen sei. Deshalb müsse sie sich erst einmal im klaren darüber werden, was im nächsten Schritt am günstigsten für ihn sein. Daß Kowaljow beschließen könnte, seine Karriere zu beenden, da er keine Perspektive mehr sieht, ist zwar nicht völlig von der Hand zu weisen, allerdings doch sehr unwahrscheinlich.

Nachdem Sergej Kowaljow müde geworden war und seine Rechte des öfteren sinken ließ, war das Tor für Alvarez offen, seinen Jab fast nach Belieben zu plazieren, zumal ihm der Russe auch nicht mehr ausweichen konnte. Als der Kolumbianer dann in der siebten Runde seine Stunde gekommen sah und erstmals eine Kombination mit voller Wucht durchbrachte, war es um den Titelverteidiger geschehen. Wenngleich er sich nach den ersten beiden Niederschlägen wieder aufraffte, wurde er nach dem dritten Volltreffer in kurzer Folge aus dem Kampf genommen. Eleider Alvarez sah dank seines spektakulären Erfolgs erheblich besser aus, als er es in diesem Kampf über weite Strecken gewesen war. Natürlich machten seine Niederschläge letzten Endes alles wett, was zuvor geschehen war, doch kann man vermuten, daß es ihm andernfalls erheblich schwerer gefallen wäre, den Rückstand aufzuholen.

Demgegenüber gab Dimitri Biwol im Vorprogramm eine sehr konzentrierte und durchweg überlegene Vorstellung. Er bestimmte von Beginn an das Geschehen, nahm aber in den mittleren Runden das Tempo aus dem Kampf, ohne deswegen in die Defensive zu geraten. Das Publikum hätte in dieser Phase gerne eine spannendere Darbietung gesehen und machte seinem Unmut Luft. Chilemba profitierte davon, daß er deutlich schwerer als sein Gegner war und ohnehin ausgeprägte Nehmerqualitäten ins Feld führen kann. Der Russe versetzte ihm diverse schwere Treffer, die manch anderen Akteur auf die Bretter geschickt hätten. Dabei verletzte er sich offenbar an der rechten Hand, da er nach sechs Runden fast nur noch die Linke schlug, was seine souveräne Leistung um so mehr unterstreicht. [2]

Isaac Chilemba griff seinerseits an, kam aber lediglich mit seinem steifen Jab zum Zuge, der häufiger traf. Davon abgesehen landeten viele Schläge auf den Armen oder Handschuhen des Weltmeisters, der sich hervorragend deckte und den körperlich überlegenen Kontrahenten nicht zum Zuge kommen ließ. In der neunten und zehnten Runde ging es etwas heftiger zur Sache, ohne daß der Russe in ernsthafte Schwierigkeiten geraten wäre. Dabei ist Chilemba durchaus ein Gegner von Format, auch wenn er vier seiner letzten fünf Kämpfe verloren hat. Der aus Malawi stammende, in Südafrika lebende und von Roy Jones trainierte Herausforderer mußte sich Dimitri Biwol, Eleider Alvarez, Sergej Kowaljow und Oleksandr Gvozdyk geschlagen geben, hat also gegen die hochklassigsten Akteure in Serie gekämpft.

Dimitri Biwol steuert schon geraume Zeit auf Sergej Kowaljow zu und hat drei seiner letzten vier Auftritte in dessen Vorprogramm absolviert. Kowaljows Team bringt schon seit längerem einen Kampf gegen den Landsmann ins Gespräch, doch war man auf seiten Biwols bislang der Auffassung, daß es nicht schaden könne, zunächst Erfahrung zu sammeln und sich mit anspruchsvollen Kontrahenten zu messen. Nachdem der WBA-Weltmeister am 3. März Sullivan Barrera eindrucksvoll in der zwölften Runde besiegt und sich nun auch gegen Isaac Chilemba durchgesetzt hat, ist die Zeit reif für ein Duell mit einem anderem Champion, ob es nun Eleider Alvarez oder Sergej Kowaljow sei. [3]


Fußnoten:

[1] www.boxingnews24.com/2018/08/dmitry-bivol-wants-eleider-alvarez-unification-fight/#more-268313

[2] www.boxingnews24.com/2018/08/dmitry-bivol-vs-isaac-chilemba-results/#more-268239

[3] www.espn.com/boxing/story/_/id/24287879/boxing-dmitry-bivol-dominant-dull-beating-isaac-chilemba-retain-wba-light-heavyweight-title

8. August 2018


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