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VISIONEN UND ENTWÜRFE/001: Verwertungsfreie Koexistenz zwischen Mensch und Tier? (SB)


"Ist eine gewalt- und raub- bzw. verwertungsfreie Koexistenz zwischen Mensch und Tier vorstellbar?"


Diese Frage diskutieren im Schattenblick-Thementreff:

Ingolf Bossenz, Redakteur der Tageszeitung Neues Deutschland
Melanie Bujok, Sozialwissenschaftlerin, Forschungsschwerpunkt "Mensch-Tier-Beziehung",
Gründungsmitglied des Forschungsnetzwerkes Gesellschaft & Tiere
Holger Janke, Pastor und kirchlicher Sprecher für die Regionalgruppe Nord
von Aktion Kirche und Tiere (AKUT) e. V.
Stefan-Andreas Johnigk, Geschäftsführer bei PROVIEH - Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.
Daniel Kemper, Aktivist der Tierbefreiungsbewegung
Holger Sauerzweig-Strey, Landesvorsitzender des Deutschen Tierschutzbundes in Schleswig-Holstein
Susann Witt-Stahl, Gründungsmitglied der Tierrechts-Aktion-Nord, Journalistin und Buchautorin

und die beiden Moderatoren:

- Astrid Buchholz, Rundfunkjournalistin
- Matthias Düking, Schattenblick-Redakteur


Bei der folgenden Textwiedergabe handelt es sich um eine redigierte Transkription des titelgleichen Audiobeitrages aus dem Schattenblickangebot TONBEITRÄGE, zu finden in THEMENTREFF -> REDAKTION unter

VISIONEN UND ENTWÜRFE/0001: Verwertungsfreie Koexistenz zwischen Mensch und Tier? (SB)


*


Astrid Buchholz (SB): Wir begrüßen Sie zu unserem Thementreff der elektronischen Zeitung Schattenblick. Es handelt sich heute um eine Premiere, und die Frage, die wir da diskutieren wollen, ist unserer Meinung nach diesem Ereignis mehr als nur angemessen.

Matthias Düking (SB): Ist eine gewalt- und raub- beziehungsweise verwertungsfreie Koexistenz zwischen Mensch und Tier vorstellbar?

Astrid Buchholz (SB): Eine Frage, die zunächst mal nur zwei Antworten zu kennen scheint, nämlich entweder Ja oder auch Nein. Das sind kurze, sehr schnelle Antworten.

Matthias Düking (SB): Zu schnell für einen Thementreff der elektronischen Zeitschrift Schattenblick. Wir nehmen uns Zeit, Fragen zu entwickeln und weiterzudenken, es gibt keine Denkverbote. Manch einer mag meinen, daß, wer Visionen hat, zum Arzt gehen sollte.

Astrid Buchholz (SB): Wir sagen, es braucht weder Diagnose noch Therapie und haben Menschen eingeladen, deren Gedanken einer Vision verwandter sind als einer Antwort und die deshalb mehr zu sagen haben als Ja oder Nein. Was genau, das erfragen als Moderatoren Matthias Düking ...

Matthias Düking (SB): ... und Astrid Buchholz. Ist eine gewalt- und raub- beziehungsweise verwertungsfreie Koexistenz zwischen Mensch und Tier vorstellbar, frage ich zu meiner Rechten Daniel Kemper. Bitte ergänzen Sie dies mit Ihrer Position.

Daniel Kemper: Nun, grundlegend natürlich ja, denn sonst würde ich weder hier sitzen noch mich in der Tierbefreiungsbewegung engagieren. Ich denke aber, daß die Frage, um einen solchen Zustand zu erreichen, eben einen bestimmten Prozeß gesellschaftlichen Wandels voraussetzt, welcher meiner Meinung nach eben ohne eine kritische Auseinandersetzung, eine kritische Analyse der sozialen Bedingungen, aus denen wiederum die Tierausbeutung entspringt, nicht passieren kann. Und entsprechend stellt sich für mich natürlich daraufhin die Frage, ob in der bestehenden gesellschaftlichen Ordnung, wie sie momentan ist, so etwas denkbar ist oder ob eine Frage um ein befriedetes Verhältnis zwischen Menschen und anderen Tieren nicht notwendigerweise auch mit grundlegenden Fragen gesellschaftlicher Zustände einhergeht, und ich denke, daß als eine Art Ziel oder eine Art Fluchtpunkt, auf den man blicken kann, immer die Frage des Opferstatus von Tieren in dieser Gesellschaft ist oder gelten kann und somit sich immer das Handeln und auch das Handeln sozial Bewegter, also von Bewegungsakteuren, daran orientiert, wie ein Zustand entstehen kann, in dem Tiere nicht mehr Opfer gesellschaftlich produzierter Gewalt werden.

Matthias Düking (SB): Dankeschön Daniel Kemper. Daniel Kemper ist seit sechs Jahren in der Tierbefreiungsbewegung aktiv und setzt sich außerdem in seinem Soziologiestudium an der Universität Hamburg mit der Mensch-Tier-Beziehung auseinander.

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Astrid Buchholz (SB): Machen wir gleich weiter, gleiche Frage, gleiche Bitte, Ingolf Bossenz, wie beantworten Sie unsere Thementreff-Frage und mit welcher Position würden Sie sie untermauern? Ich habe mal eine Idee entwickelt, ich würde sagen, Tiere sind fühlende Wesen mit sich daraus ergebenden Interessen und sie brauchen Fürsprecher und Schreiber. Fühlen Sie sich mit diesem Satz vielleicht abgebildet?

Ingolf Bossenz: Das auf jeden Fall, aber ich möchte da vorab nochmal eine andere Frage klären und zwar ist das der Begriff der Koexistenz, der hier in dieser Frage auftaucht, und Koexistenz beinhaltet ja immer ein bilaterales Verhältnis, was doch auch weitgehend auf Gleichberechtigung beruht, auf gleichwertigen Interessen, wo sich also Parteien gegenüberstehen, Subjekte gegenüberstehen, die sich gegenseitig respektieren, und wenn ich jetzt auf den Anfang der Frage zurückkomme, also Gewalt, Raub, Verwertung, darum geht es ja, wovon diese Koexistenz befreit werden soll, so muß man natürlich ersteinmal feststellen, daß es zunächst gar nichts mit Koexistenz zu tun hat, weil ja hier Gewalt, Raub und Verwertung in der Gesellschaft, von der wir sprechen, also der sogenannten zivilisierten Gesellschaft (wir sprechen jetzt ja nicht von Tieren, mit denen wir in der Wildnis irgendwo in Koexistenz leben, darum geht es ja hier nicht) ja nun doch einigermaßen eindeutig vom Menschen ausgeht, und insofern muß natürlich diese Leistung, diese Vorleistung, daß es überhaupt eine solche Koexistenz geben kann, vom Menschen erbracht werden.

Astrid Buchholz (SB): Und dann ist die Vorstellung, Herr Bossenz ...

Ingolf Bossenz: ... daß sowas vorstellbar ist. Es ist vieles vorstellbar, es kommt immer darauf an, ist es für mich vorstellbar. Für mich ist es auf jeden Fall vorstellbar. Die Frage ist, ist es realisierbar und unter den derzeitigen gesellschaftlichen Bedingungen, auch unter den Bedingungen der Mentalität, der Psyche der Menschen, aber vor allen Dingen auch unter den gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen die Verwertung stattfindet, ist es aus meiner Sicht derzeit noch nicht realisierbar, das ist noch ein langer Weg.

Astrid Buchholz (SB): Das sagt einer, der schreibt, nämlich Ingolf Bossenz. Er arbeitet als Redakteur für das Neue Deutschland und als freier Autor und seine Themen sind u.a. Tierschutz, Tierrechte und dabei vor allem auch die ethischen Aspekte der Mensch-Tier-Beziehung. Alles, was Sie gesagt haben, führt uns schon fast mitten hinein in die Diskussion, wir werden aber trotzdem zunächst mal weiter alle Teilnehmer dieser Diskussionsrunde vorstellen.

Matthias Düking (SB): Melanie Bujok, die Frage an Sie: Ist eine gewalt- und raub- beziehungsweise verwertungsfreie Koexistenz zwischen Mensch und Tier vorstellbar?

Melanie Bujok: Mich verwundert die Frage ein bißchen, ob sie vorstellbar ist. Denn vorgestellt wurde die Idee eines befriedeten Mensch-Tier-Verhältnisses ja schon weit in die Vergangenheit zurückreichend und sie wird heute natürlich artikuliert durch den sozialen, den politischen Protest der Tierrechtsbewegung und Tierbefreiungsbewegung. Eine Gesellschaft, die die Versklavung von Tieren aufgibt, die die Gewalthandlungen gegenüber Tieren aufgibt, ist ja eigentlich ein Erfordernis der Vernunft. Eine befriedete Mensch-Tier-Beziehung ist deswegen vernünftig, weil es für die betroffenen Individuen, für die Tiere, natürlich vernünftig ist, nicht ausgebeutet zu werden, daß ihr Leben nicht bedroht wird, daß ihr Leben nicht zerstört wird, daß sie nicht umgebracht werden. Das heißt, dann müßte die Frage anders gestellt werden, die Frage wäre, ist eine solche Beziehung tatsächlich dann auch umsetzbar, das ist ja auch bei Ingolf Bossenz bereits angeklungen. Auch da, denke ich, muß diese Frage eindeutig bejaht werden. Der Mensch hat eine unheimliche Bandbreite an verschiedenen Kulturen hervorgebracht, an bestimmter Variabilität, in die Geschichte zurückreichend, hat verschiedene Techniken hervorgebracht. Leider sind diese Kulturen und diese Techniken bisher zerstörende gewesen, wenn sie auf Tiere angewandt wurden, größtenteils auch gegenüber dem Menschen; also die Frage zu stellen - eigentlich ist es keine Frage, sondern eine Aussage, da der Mensch Kultur und Technik hervorbringen kann und er dies gemacht hat, ist es natürlich auch seine Befähigung, eine sogenannte befriedetete Technik, wie Marcuse sie benannt hat, hervorzubringen, eine Technik und eine Kultur, die nicht speziesistisch ist, das heißt nicht die Ausbeutung, die Versklavung von Tieren als ihr Fundament sieht. Da er dazu fähig ist, ist er natürlich auch aufgefordert, eine solche Kultur zu entwickeln und der soziale Prozeß, der politische Prozeß, der - auch nicht erst durch die Tierbefreiungsbewegung - eingeleitet worden ist, dieser Prozeß wird zeigen, ob wir am Ende tatsächlich ein befriedetes Tier-Mensch-Verhältnis haben. Allerdings möchte ich es nicht nur als Sozialutopie im Sinne von utopisch sehen, das heißt nicht möglich, als schöne Idee, die nicht realisierbar ist, sondern eben als ein konkretes Projekt, was ein Erfordernis der Aufklärung ist und diese Aufklärung müßte meines Erachtens auch für die Tiere zu Ende gedacht und dann auch in die Praxis umgesetzt werden.

Matthias Düking (SB): Ja, vielen Dank Melanie Bujok, das war schon eine sehr ausführliche Antwort. Wir steigen gleich in der Diskussion sicherlich noch mehr darauf ein. Melanie Bujok ist Sozialwissenschaftlerin, lehrt an der Universität Bielefeld und engagiert sich in der Tierbefreiungsbewegung. So hat sie zum Beispiel Kampagnen gegen die Pelztierindustrie mitgestaltet und sie begründet das Recht auf zivilen Ungehorsam, auf Tierbefreiung, theoretisch in ihren wissenschaftlichen Forschungen.

Astrid Buchholz (SB): Herr Janke, was sagen Sie, Ja oder Nein, als Antwort auf unsere Frage und bitte ergänzen auch Sie um ihre These oder Position.

Diskussionsteilnehmer

Diskussionsteilnehmer

Holger Janke: Ja, sie ist nicht nur vorstellbar, sondern sie ist auch geschrieben, in den Traditionen des Christentums, in der Schöpfungsgeschichte als Paradies, aber auch in den Worten des Propheten Jeremia und Jesaja. Wir leben von dieser Vision und wir sind auf dem Weg dorthin. Und es liegt in unserer Kraft und auch in unserer ethischen Herausforderung als Christinnen und Christen, das Bild dieser Vision umzusetzen.

Astrid Buchholz (SB): Holger Janke, das klang jetzt schon durch, arbeitet als Pastor, in Hamburg nämlich, und als solcher veranstaltet er regelmäßig Gottesdienste für Mensch und Tier. Seit acht Jahren ist er Mitglied bei Aktion Kirche und Tiere e.V. Sie ernähren sich selbst vegetarisch, Ihre Frau tut das auch, aber Sie haben vier fleischfressende Katzen, habe ich ihrer Vita entnommen. Herzlich willkommen.

Holger Janke: Dankeschön.

Matthias Düking (SB): Mit in der Runde auch Stefan Johnigk. Was sagen Sie, ist eine gewalt- und raub- beziehungsweise verwertungsfreie Koexistenz zwischen Mensch und Tier vorstellbar?

Stefan Johnigk: Ich denke, wir müssen differenzieren zwischen der Vorstellung auf individueller Ebene und der Vorstellung auf gesellschaftlicher Ebene: Für einen einzelnen Menschen ist es durchaus vorstellbar, auf die komplette Nutzung, die bei uns übliche Nutzung von Tieren, zu verzichten. Dies erfordert ein außerordentlich hohes Maß an ethischer Verantwortung, an Bereitschaft, diese Verantwortung wahrzunehmen und an persönlicher Disziplin, die daraus abgeleiteten Handlungen tatsächlich auch täglich zu vollziehen. Viele Menschen scheitern schon allein daran, daß sie gar nicht wissen, worin überhaupt tierische Produkte enthalten sind und wie sie auf tierische Produkte komplett verzichten können. Auf individueller Ebene ist also eine solche verwertungsfreie, ich denke ich bleibe mal auf dieser Ebene, Koexistenz durchaus vorstellbar. Auf der Ebene einer Gesellschaft, die ja nun aus vielen menschlichen Individuen besteht, sehe ich es anders. Ich denke, wenn man dieses Problem global betrachtet, dann ist es unvorstellbar, jedenfalls unter der Voraussetzung, daß wir Menschen uns nicht grundlegend ändern, daß wir es nicht lernen, unseren inneren Schweinehund besser zu bekämpfen. Wir Menschen scheitern als Gemeinschaft schon an wesentlich einfacher zu erreichenden Zielen, beispielsweise der Umsetzung der UN-Millenniums-Ziele, die bis 2015 den Welthunger und die Verfügbarkeit von Bildung und Wasser erzielen sollten. Die scheitern momentan ganz grandios und das ist ein Ziel, was uns Menschen noch wesentlich leichter vermittelbar ist als der Verzicht auf die Nutzung von Tieren, die ja in den meisten Kulturen seit Jahrtausenden begründet ist. Ich denke, das, was wir erreichen können, läßt sich nur erreichen durch viele kleine Schritte. Unser Verein ist ein Tierschutzverein, der sich für den Schutz der Tiere einsetzt, die von der menschlichen Gesellschaft genutzt werden. Wir gehen dabei die Politik der kleinen Schritte, das heißt, wir versuchen an den heute zu ändernden Verhältnissen das Bestmögliche zu ändern, damit das Leid der Tiere abnimmt, immer mit dem Ziel, daß das Leid der Tiere nicht Bedingung sein soll, Grundvoraussetzung sein soll für den Genuß und das Wohlergehen der Menschen.

Matthias Düking (SB): Das ist schon das Stichwort für mich: Stefan Johnigk ist von Hause aus Biologe und seit einem halben Jahr als Geschäftsführer von PROVIEH, dem Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung aktiver Nutztierschützer, tätig.

Astrid Buchholz (SB): Auch Susann Witt-Stahl hat mit Sicherheit eine Position und auch eine Antwort auf unsere Thementreff-Frage. Wie fällt die aus, Frau Witt-Stahl?

Susann Witt-Stahl: Zunächst einmal muß ich oder möchte ich nicht versäumen zu sagen, daß mir die Frage außerordentlich gut gefällt, weil sie einen starken utopischen Gehalt hat und endlich mal über die bestehenden Verhältnisse hinausweist und immerhin die Möglichkeit thematisiert, daß die herrschende Schlachthofgesellschaft nicht für immer und ewig Bestand haben muß. Und daraus ergibt sich fast schon meine Antwort: Meine Antwort lautet selbstverständlich ja, weil die Gesellschaft, in der wir jetzt leben, und in der Tiere bis in die letzte Pore, bis zu ihren Genomen hin in Wert genommen werden, eine historisch gewordene Gesellschaft ist und alles, was historisch geworden und nicht natürlich ist, ist historisch überwindbar. Jetzt komme ich zum Realpolitischen. Realpolitisches ist natürlich im Moment nicht denkbar, weil wir in einem Turbo-Kapitalismus leben, in einem Kapitalismus, der eine Aggressivität erreicht hat, die ja sogar Menschen massenhaft tötet und ich denke, im Moment ist natürlich absolut historische Finsternis für die Befreiung der Tiere und leider auch für die Befreiung der Menschen, die ich voneinander losgelöst nicht denken kann. Das ist aber für mich eben kein Grund zur Resignation, sondern das ist für mich ein Grund, an alle Menschen zu appellieren, den Tierbefreiungsgedanken um so radikaler durchzukämpfen.

Astrid Buchholz (SB): Susann Witt-Stahl sagt das. Sie ist Mitbegründerin der Tierrechtsaktion Nord, gegründet 1987, und sie arbeitet in Hamburg als Journalistin und Autorin. Susann Witt-Stahl hat sich auch mit den Philosophien der Frankfurter Schule auseinandergesetzt und stützt auf deren Betrachtung zur Mensch-Tier-Beziehung ihr Engagement für Tiere und deren Befreiung.

Matthias Düking (SB): Beim Thementreff dabei ist auch Holger Sauerzweig-Strey. Auch an Sie die Bitte, zunächst auf unsere Frage mit Ihrer Position zu antworten.

Holger Sauerzweig-Strey: Also grundsätzlich ja, aber wie bereits gesagt und wie alle Vorredner bereits schon Einschränkungen gemacht haben, mache ich auch Einschränkungen und zwar, solange Tiere industriell genutzt werden, so wie sie heute wirklich auch zu Nahrungsmitteln herangezogen werden, sehe ich einen sehr, sehr, sehr langen Weg dorthin. Da muß nicht nur ein gesellschaftliches Umdenken stattfinden, es muß auch ein ethnisch-moralisches Umdenken stattfinden zu diesen Thema, und da sehe ich Probleme, weil die Leute einfach diese Sachen schlichtweg verdrängen, weil sie momentan andere Probleme haben.

Matthias Düking (SB): Das sagt der erste Vorsitzende des deutschen Tierschutzbundes der Landesvertretung Schleswig-Holstein, Holger Sauerzweig-Strey. Er kümmert sich darum, daß die Tierheime im Land ausreichend Platz haben, er mischt sich ein, wenn die Rechte von Tieren verletzt werden oder wenn die Interessen von Tieren in Gesetzestexten Ausdruck finden sollen.

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Astrid Buchholz (SB): Und damit sind wir komplett in der Diskussionsrunde. Schon in der Vorstellungsrunde hat sich abgezeichnet, daß wir reichlich Stoff zum Nachdenken und zum Diskutieren haben. Wenn ich das kurz zusammenfassen darf, dann haben wir jetzt sieben Mal das Ja gehört auf unsere Frage, ob eine raub-, gewalt- und verwertungsfreie Koexistenz von Mensch und Tier vorstellbar ist, und ich habe auch ganz, ganz viele "Abers" gehört, da, finde ich, sollten wir sofort nochmal genauer drauf gucken. Wenn Sie, Herr Bossenz, sagen, Koexistenz bedeutet "gleichberechtigt", "nebeneinander", was hindert jetzt eigentlich zu sagen, ja klar, da müßte doch der Mensch vielleicht einfach nur zwei Schritte zurückgehen und fände sich dann durchaus imstande, sich mit dem Tier koexistent zu sehen.

Ingolf Bossenz: Der wesentliche Punkt, an dem das scheitert, ist ja der folgende, daß Tiere in unserer, also der kapitalistischen Gesellschaft, Waren sind. Sie werden produziert, wie es ja so schön heißt, in der Tierproduktion, sie werden verkauft, sie werden konsumiert. Und es ist derzeit nicht zu sehen, daß sich daran etwas ändert. Und so lange, wie in diesem System Waren produziert werden und es sich lohnt, das zu tun, wird das natürlich auch gemacht. Es gibt ein interessantes Beispiel, das eigentlich gar nichts mit dem Tierschutz zu tun hat: In der gegenwärtigen Krise in den USA denken einige Bundesstaaten darüber nach, die Todesstrafe abzuschaffen, aus dem einfachen Grunde, weil das zu teuer ist. Es ist also billiger, die entsprechend verurteilten Delinquenten lebenslänglich hinter Gitter zu bringen, als sie zum Tode zu verurteilen, weil sich die entsprechenden Revisionsprozesse über Jahre, Jahrzehnte hinziehen, das ist schlicht und ergreifend zu teuer. Wenn es sich wirtschaftlich nicht mehr lohnen wird, Tiere auszubeuten und zu verwerten, wird ein grundlegender Wandel im Verhältnis des Menschen zu den sogenannten Nutztieren eintreten. Im übrigen war das bei der Abschaffung der Sklaverei ja nicht anders. Die Sklaverei ist ja nicht abgeschafft worden, weil Menschen moralisch erkannt haben, daß es ethisch verwerflich ist, andere Menschen als Sklaven zu halten. Das hat zweifellos auch eine Rolle gespielt, das will ich hier gar nicht in Abrede stellen, das ist auch bei der Tierrechts- und bei der Tierschutzbewegung so, aber letzten Endes wurde das Ende der Sklaverei dadurch eingeleitet, daß es sich einfach wirtschaftlich nicht mehr lohnte, Produkte mit Sklavenarbeit herzustellen.

Astrid Buchholz (SB): Da muß sich doch bei Ihnen, Frau Bujok, jetzt massiver Widerstand regen bei dem, was ich gerade gehört habe, oder? Das spricht doch dafür, daß der Mensch mit seiner Vernunft dann doch nicht so schnell so weit kommt, daß man diesen Weg, der zunächst mal wenig beschreitenswert zu sein scheint, nicht umgehen könnte.

Melanie Bujok: Ich widerspreche diesen Ausführungen überhaupt gar nicht, ich denke auch, daß natürlich die ökonomische Grundlage, auf der die Gesellschaft fußt, die Frage, wie die Gesellschaft ihre Basis produziert, die Frage der Sozialordnung ganz entscheidend dafür ist, wie das Verhältnis des Menschen zu Tieren aussieht und wie vielleicht eine Änderung möglich ist. Das Problem ist, wie bei allen sozialen Beziehungen auch bei der Mensch-Tier-Beziehung, daß es eine sehr komplexe Beziehung ist, die sich mit wenigen Worten gar nicht erklären läßt, und sich auch nicht erklären läßt, wie diese Beziehung a) entstanden ist, zum anderen wie sie aufrecht erhalten wird und daran anschließend natürlich, welche Möglichkeiten es dann gibt, diese Beziehung auch zu verändern. Das Problem bei der Mensch-Tier-Beziehung insbesondere ist, daß sie natürlich eine tiefenkulturelle Beziehung ist, die einmal historisch so weit zurückreicht als auch in der Breite so weit angelegt ist. Es gibt ja kaum einen gesellschaftlichen Bereich, der nicht von der Mensch-Tier-Beziehung geprägt ist, sei es direkt, sei es im Imaginären, so daß eine Befreiung der Tiere aus den sie unterdrückenden Strukturen der Gesellschaft tatsächlich nicht nur einen kompletten Umsturz der bestehenden schlechten Gesellschaft notwendig machen, sondern genau diesen Umsturz auch bedeuten würde.

Matthias Düking (SB): Haben Sie als Pastor dazu etwas zu sagen, haben Sie eine Vorstellung, wie das vielleicht verwirklicht werden könnte, was ist Ihre Idee einer Koexistenz in dem von uns beschriebenen Sinne?

Holger Janke: Also meine Vorstellung ist die, daß man, wie Herr Johnigk das schon sagte, als Individuum sofort reagieren kann. Ich kann natürlich sofort mein Konsumentenverhalten ändern, ich muß nicht in das Fleischregal greifen, sondern kann mir Waren aussuchen, die mir ja meistens sogar noch besser tun, als das, was dort angeboten wird. Ich laufe Marathon und bin Leistungssportler und das nach über zwanzig Jahren fleischloser Ernährung, der Arzt bestätigt mir, daß ich als Mitte 40jähriger eher überdurchschnittlich gesund wirke.

Matthias Düking (SB): So viel zu der häufig vorgetragenen Behauptung, daß ...

Holger Janke: Genau ...

Matthias Düking (SB): ... sich vegetarisch oder vegan zu ernähren ungesund sei.

Holger Janke: Es ist für beide Seiten besser, es ist für den Menschen besser und für das Tier natürlich, beide haben ein gesünderes Leben.

Astrid Buchholz (SB): Heißt das, wir hätten, würden wir uns alle vegan ernähren, diese Koexistenz in unserem beschriebenen Sinne erreicht?

Holger Janke: Auf jeden Fall wäre das, ich weiß nicht, ob es das Endziel wäre, der vernünftige, sinnvolle Schritt, das anzustreben. Wir leben natürlich in einer Welt, die es uns einfach macht, Lederschuhe zu tragen oder Lederjacken, die ganz günstig für, was weiß ich, 50 Euro angeboten werden, billiger als Textilien, weil es, wie Frau Witt-Stahl schon gesagt hat, eine riesengroße industrielle Wirtschaftsorganisation ist, die uns das bis ins Kleinste verwertet, ohne daß uns genau auffällt, was es eigentlich ist, der kleine Pelzkragen hier, der Ledergürtel dort und, und, und... Das heißt, wir leben in einer Welt, die komplett die Verwertung betreibt und ich als Individuum muß mich erstmal aus diesem System herausnehmen und mein eigenes kleines System schaffen, das dem dann entgegensteht, verfalle aber durch die Vernetzung, weil ich in dem großen System lebe, auch immer wieder in die alten Schwierigkeiten und in die alten Strukturen.

Matthias Düking (SB): Ich möchte die Frage doch noch einmal aufgreifen, Herr Kemper: Wenn wir alle vegan leben würden, wäre Ihrer Vorstellung nach dann unsere Frage mit einem klaren Ja zu beantworten?

Daniel Kemper: Ich denke, daß das Problem auch ein bißchen von der falschen Seite aufgezogen wird, denn ich denke nicht - das ist so eine typische sich durchziehende Argumentationsweise in vielen Bereichen politisch aktiver Menschen -, daß das reine Umstellen der individuellen Lebensweise sozusagen den Schlüssel zur Veränderung der Gesellschaft in sich trägt. Ich denke, daß es notwendig ist, die Bedingungen mit zu reflektieren, die dazu führen, daß sich Individuen so konstituieren, wie sie das tun in dieser Gesellschaft und das wäre im Prinzip nichts anderes als ein - in der Philosophiegeschichte recht gängiges - Appellieren an die Werte, an die Moralvorstellungen, letztendlich an eine bestimmte Form der Subjektivität, die erreicht werden soll, die aber unabhängig gedacht wird von ihren eigenen Produktionsbedingungen. Das ist, denke ich, der Fehler daran, denn die Menschheitsgeschichte, zumindest die Geschichte der Aufklärung, ist durchzogen von derartigen Appellen an die Moral, an das gute Gewissen. Und daß die Aufklärung als Projekt gescheitert ist, das ist desaströs gezeitigt worden, gerade in Deutschland. Ich denke, daß es also notwendig ist, Gesellschaft und Individuum als eine dialektische Beziehung zu verstehen, was eben nicht heißt, das individuelle Verhalten völlig an den Rand zu drängen und es als irrelevant abzutun. Meiner Meinung nach reicht das aber nicht aus und deswegen denke ich auch, daß ein gesellschaftlicher Protest oder ein Prozeß des Wandels nicht allein dadurch funktioniert, daß ich mich auf die Straße stelle und versuche, möglichst vielen Leuten zu erklären, was sie doch bitte machen sollen, sondern daß Protest sich auch immer an den gesellschaftlichen Grundbedingungen abarbeitet, beispielsweise in die Produktionssphäre reingeht, an diejenigen Stellen, wo Tiere ausgebeutet werden etc. und nicht nur an die KonsumentInnen appelliert.

Diskussionsteilnehmer mit Moderatorin

Diskussionsteilnehmer mit Moderatorin

Matthias Düking (SB): Herr Johnigk, Sie hatten in ihrem Eingangsstatement in der Beantwortung der Fragestellung auch schon einen Unterschied gemacht zwischen einem individuellen und einem gesellschaftlichen Ansatz. Individuell könnten Sie sich vorstellen, daß eine entsprechende Koexistenz zwischen Tier und Mensch möglich ist. Könnten Sie sich auch vorstellen, daß auf dem Wege einer breiten Bewegung von Individuen, die ihre Lebensweise verändern, dann gesellschaftliche Prozesse in Gang gesetzt werden könnten, so daß die Lebensführung des Einzelnen sich letztlich gesellschaftlich auswirkt und zu einer gesellschaftlichen Veränderung führt?

Stefan Johnigk: Ja sicher, gesellschaftlicher Wandel findet immer dadurch statt, daß Menschen voneinander lernen und Verhaltensweisen voneinander abschauen, die sie besonders gut finden, in denen sie sich wiederfinden und denen sie nacheifern wollen. Es gibt aus meiner Sicht zweierlei Möglichkeiten für gesellschaftlichen Wandel: Entweder wächst eine Massenbewegung durch das immer fortwährende Engagement einiger weniger, die andere Menschen überzeugen können, daß der Weg, den sie gehen, der bessere ist oder eine Massenbewegung wächst im Rahmen einer religiösen Strömung durch jemanden, der sagt, "Ich habe die göttliche Wahrheit, die ich euch bringe", und der dann eine neue Religion stiftet. Das sind so die zwei Pole, die ich da betrachte. Ich halte es unter den heutigen Rahmenbedingungen allerdings für außerordentlich unwahrscheinlich, daß sich ein solcher Wandel vollziehen kann, denn weltweit sieht die Mehrheit der Menschen zumindest unsere sogenannten Nutztiere als Nahrungsquelle an. Ich denke, wir müssen da ganz klar differenzieren zwischen dem, was Herr Bossenz auch sehr schön sagte, der kapitalistischen Ausbeutung der Tiere als Produktionsmittel, gegen die wir uns ja vehement wehren, die Intensivtierhaltung mit ihrem Renditewahnsinn, denn die ist letztlich dafür verantwortlich, daß Tiere über alle Maßen gequält werden in den Intensivtierställen, das ist ja ein ein Grausen, das kann man sich gar nicht vorstellen, wenn man da nicht selber mal dringewesen ist, das ist der eine Punkt. Aber Kapitalismus herrscht nicht weltweit und Kapitalismus gibt's auch erst, zumindest als Begriff, seit wenigen Generationen, die Menschen haben aber schon, als sie als nomadische Völker durch Steppengebiete zogen, Tiere genutzt. Das hat aus Biologensicht einen ganz klaren Hintergrund, denn die Nutzung von Tieren als Nahrungsquelle hat es den Menschen ermöglicht, auch in Regionen zu überleben, in denen Ackerbau nicht möglich ist. In der mongolischen Steppe, in vielen Gebieten Kenias beispielsweise oder auch in Oberbayern können Sie keinen Ackerbau betreiben, das geht nicht, da können Sie aber Weidehaltung betreiben, Viehhaltung, und damit erschließt sich eine neue Nahrungsquelle. Da sträuben sich jedem Tierrechtler die Nackenhaare, wenn man daran denkt, daß diese Tiere natürlich getötet werden, damit man sie essen kann, aber ich mache einen klaren Unterschied zwischen dieser Art von Nutztierhaltung und dem, was Herr Bossenz als die kapitalistische Ausbeutung der Tiere ansprach, denn dazwischen liegen noch immer Welten. Wenn wir also einen gesamtgesellschaftlichen Konsens erzielen wollen, und ein Konsens ist ja notwendig für eine solche kulturelle Veränderung dieser Tragweite, dann bedeutet das, alle Menschen, die heute Fleisch essen, davon zu überzeugen, daß das nicht gut ist. Und das ist, glaube ich, eine Herausforderung, die die Veganer- und Vegetarierbewegung in ihrer heutigen Struktur absolut überfordern würde.

Astrid Buchholz (SB): Da frage ich gleich mal nach, Frau Witt-Stahl, vielleicht können Sie mir darauf eine Antwort geben, ist es damit tatsächlich getan? Also ist damit Gewalt und Raub schon ausgeschlossen, daß ich mich persönlich entscheide, vegan zu leben oder gibt es nicht ungleich viel mehr Ausdrücke von Raub und Gewalt in der Beziehung zwischen Mensch und Tier? Jede Straße, die ich baue, beispielsweise, also letztlich unsere gesamten Städte, alles was damit zu tun hat, bedeutet ja auch eine Einschränkung, die wir als Mensch nicht nur Tieren und Pflanzen, sondern auch anderen Menschen antun.

Susann Witt-Stahl: Ja, also, ich weiß jetzt gar nicht, wo ich anfangen soll. Die Frage des individuellen Veganismus, so interessant sie ist, ist für mich keine politische Frage. Das ist ohnehin ein Problem, ich finde, daß da noch sehr im Idealismus verharrt wird, wo man nach dem guten Menschen oder der reinen Seele sucht, aber nicht sieht, daß alle größeren Veränderungen, die auch den Individuen was bringen, die tagtäglich unterdrückt und ermordet werden, immer etwas mit gesellschaftlichen Kämpfen zu tun haben und das wäre für mich die interessantere Frage, der individuelle Veganismus mag gut sein für das individuelle Seelenheil, aber er wird den Tieren langfristig nichts helfen und wir wissen inzwischen auch, was Warenboykott, gerade wenn er noch unorganisiert ist, im Kapitalismus für Wirkungen zeitigt, nämlich keine. Das dazu, und ich würde auch ganz gern unterscheiden, weil Sie mich gerade nach dem Gewaltbegriff fragten, den Sie jetzt sehr ausgedehnt haben, was ich nicht unproblematisch finde: Ich finde nicht, daß das Problem ist, daß der Mensch die Natur umformt, um sie für ihn selbst lebbar zu machen, das Problem ist, daß er in einem totalen Verdinglichungsverhältnis zur Natur steht, daß er also eine Gewalt anwendet, die ausbeuterisch und unterdrückerisch ist. Daß der Mensch in seiner Entwicklungsgeschichte Natur umformen mußte und daß diese Umformprozesse auch gewalttätige Implikationen haben, ist selbstverständlich, ist aber sozusagen der Preis, der für die Zivilisation bezahlt werden muß. Nun kommen wir aber zu der anderen Seite. Man könnte jetzt natürlich aufhören und sagen, gut, dann morden wir einfach fröhlich weiter, aber da will ich eben einhaken. Erstens ist der Kapitalismus, da möchte ich gleich mal meinem Vorredner widersprechen, auf der ganzen Welt dominant, also im globalisierten Zeitalter davon zu sprechen, daß es noch Regionen oder Nischen auf der Welt gibt, wo der Kapitalismus nicht das Leben durch und durch durchdringt, halte ich für naiv oder illusorisch. Es ist auch eine Form von Selbstbetrug und in Verbindung damit auch der neue Verweis darauf, daß das ja immer so gewesen sei, daß Menschen Tiere getötet haben, Nomaden z.B., die dies zum Teil heute noch tun, weil sie in diesem Lebenszusammenhang verblieben sind. Dazu kann ich nur sagen, das waren ja auch keine freieren Gesellschaften, das waren Vorläufer des Kapitalismus. Man darf sich die Welt doch auch nicht so vorstellen, als seien die Gesellschaften vor dem Kapitalismus freie Gesellschaften gewesen. Ich möchte einfach, daß man über die repressive, unfreie Gesellschaft hinausdenkt, und sich nicht an Gesellschaften des Mittelalters orientiert und sagt, guck mal, die haben auch gemordet. Ich meine, die haben auf Marktplätzen öffentlich Leute zu Tode gefoltert, das können nicht unsere Vorbilder sein, sondern wir müssen die konkrete Utopie einer freien Gesellschaft vor Augen haben. Die Produktivkraftentwicklung ist zumindest in Europa, in hochkapitalistischen Ländern, so weit, daß den Menschen in Oberbayern selbstverständlich ohne weiteres eine vegane Lebensweise möglich ist. Und auch andere Gesellschaften entwickeln sich ja, wir stehen doch nicht in irgendeiner historischen Stagnation, sondern alle Gesellschaften entwickeln sich unentwegt. Das meinte ich auch mit "historisch überwindbar", selbstverständlich - und die Produktivkraftentwicklung ist so, daß selbst Leute, die unglaublich gerne Fleisch essen, Ersatzprodukte finden, die inzwischen schon identisch schmecken, die man gar nicht mehr von dem Fleischprodukt unterscheiden kann. Das ist noch nichtmal ein wirklicher Konsumverzicht, aber für den Kapitalismus - ich gebe ihm jetzt mal kurz einen Subjektcharakter, ich meine natürlich das System - ist es einfach viel lukrativer, weiterhin an Mord und Totschlag festzuhalten und alles in den Wert zu nehmen und das ist auch der Grund, warum die Rüstungsindustrie weiter Kriege produziert. Die Rüstungsindustrie braucht den Krieg, um diese Spirale der kapitalistischen Inwertnahme und des Einsaugens weiterhin am Leben zu halten, das ist der Punkt.

Astrid Buchholz (SB): Herr Sauerzweig-Strey, können Sie mit dem Begriff der offenen Gesellschaft etwas anfangen, haben Sie eine Idee dazu, wie sie aussehen könnte, eine offene, freie Gesellschaft?

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Holger Sauerzweig-Strey: Nein, die hätte ich zwar dazu, aber die ist einfach illusorisch, würde ich sagen, zumindest unter den Markenzeichen, die wir jetzt haben im Rahmen der Globalisierung. Es zeigt sich ja eindeutig - Fressen und Gefressenwerden - in der Gesellschaft ist es global leider so. Auch was Frau Witt-Stahl gesagt hat, denkbar wäre ja vieles, aber es ist ganz einfach illusorisch, weil der Mensch als Individuum ja einen ganz anderen Weg gehen will, als den, den wir uns vielleicht in diesem Kreis wünschen würden.

Astrid Buchholz (SB): Das klingt nach Resignation und wir gehen alle nach Hause.

Holger Sauerzweig-Strey: Nein, keine Resignation, es ist keine Resignation, das ist einfach eine Feststellung. Auch der Herr Johnigk hatte vorhin vom Prinzip der kleinen Schritte gesprochen. Wir als Tierschützer sind das ja seit Jahrzehnten gewohnt, über das Prinzip der kleinen Schritte eine gesellschaftliche Veränderung herbeizurufen. Wir haben vor einigen Jahren ganz groß gefeiert, da kann uns Herr Johnigk auch unterstützen, als die ersten Discounter angefangen haben, ihre Eier aus Käfighaltung abzuschaffen und wirklich Alternativprodukte angeboten haben, die der Markt auf einmal aufgenommen hat. Also der Verbraucher hat da auch eine gewisse Macht. Und diese Macht wird leider zu wenig genutzt, um im Grunde genommen auch dort zu versuchen, einen gewissen Druck auf die Erzeuger, die die Tiere wirtschaftlich ausnutzen, auch weiterhin auszuüben. Es wird ja ganz gerne immer wieder argumentiert: "Wenn wir es hier nicht machen, gehen wir in den Osten rüber, dort finden wir genügend Fläche, dort finden wir genügend Arbeitskräfte und auch einen gewissen Markt." Nur kann der Markt die Produkte, die man dort verkaufen will, einfach zur Zeit nicht bezahlen. Das ist einfach so, das ist keine Resignation, das ist einfach nur eine ganz klare Feststellung, so sieht es momentan global aus. Und auch eine vegane Form, so wie man es hier gerade auch gesagt hat, wäre ja auf der einen Seite ganz vorstellbar, aber man muß sich auch wieder darüber im klaren sein, zu welchem Preis, global gesehen, da muß man wieder in die Globalität gehen. Denn in Oberbayern zur Frostperioden-Zeit wachsen keine natürlichen Rohstoffe nach, die der Mensch konsumieren könnte, deswegen ist es also ein sehr, sehr, sehr langer und auch ein sehr diskussionsreicher Weg, dort vielleicht hinzukommen.

Matthias Düking (SB): Da wäre meine Frage an Sie, wie stellen Sie sich die Politik der kleinen Schritte vor, wo wäre Ihrer Meinung nach das Ende erreicht, wo Sie sagen, so weit muß sich die Gesellschaft verändern, dann wäre meine Vorstellung einer Koexistenz zwischen Mensch und Tier möglich?

Holger Sauerzweig-Strey: Also, ich glaube, ich werde das in meinem Leben nicht mehr erleben, weil das ganz einfach aus der Geschichte, aus der Historie heraus gewachsen ist. Aber wie bereits gesagt, das Prinzip der kleinen Schritte heißt, daß jeder für sich tagtäglich etwas ändern muß, in seiner Denkweise, in seiner realen Beziehung zum Tier, aber auch zum Nutzen des Tieres, und wie bereits gesagt, es sind immer nur kleine Schritte, die jeder einzelne machen kann.

Melanie Bujok: Ich bin sehr unglücklich über einige Begriffe, die in Richtung Tierschutz oder Schutz der Tiere gehen. Eine Vorstellung davon wurde schon mehrmals angesprochen, als wenn es etwas wie einen Naturzustand der Gesellschaft gäbe, so was wie natürliche Gesellschaften, oder in der Natur verhaftete Gesellschaften im Gegensatz zu der heutigen. Das Problem ist, daß diese Vorstellung von einem blinden Naturzusammenhang, der irgendwann mal geherrscht haben soll, auch schon falsch ist, weil es immer eine soziale Beziehung zwischen Menschen und der sogenannten übrigen Natur gab. Aber die Vorstellung des Naturzustandes, der in der Philosophie ja auch sehr stark diskutiert wird, wurde eigentlich nur verdoppelt, die Gesellschaft, die wir heute haben, ist eigentlich nur eine Verdoppelung dieses blinden Naturzusammenhangs und das Fatale, das Tragische, und das hat ja die kritische Theorie der Frankfurter Schule herausgearbeitet, das Tragische an der menschlichen Zivilisation ist, daß die Menschen diesen blinden Naturzusammenhang nicht überwunden haben, obwohl sie die Möglichkeit dazu hätten, sondern fast schon verewigt haben, indem sie die Logik, das Prinzip der Unterwerfung, der Ausbeutung, der Zerstörung einfach übernommen haben. Ich denke, wenn wir über das Mensch-Tier-Verhältnis sprechen, über Möglichkeiten, es zu verändern, überhaupt Gesellschaft zu verändern, müssen wir nach den Ursachen fragen, nach der Logik fragen, die der Gesellschaft, der schlechten, bestehenden zugrunde liegt, nämlich nach der Herrschaft, nach Ausbeutung und Unterdrückung. Warum wurde sie entwickelt, warum wird sie aufrechterhalten und da kommen wir nicht drumherum, natürlich vor allem über die heute absolut totalitär herrschende Ökonomie zu sprechen, da kommen wir auch nicht drumherum, die Frage danach zu stellen, wie die Anfänge der Tiernutzung waren. Die Tatsache, daß das Tier tatsächlich eines der ersten Güter war, die getauscht wurden, ja, daß das Opfertier tatsächlich die Gesellschaft begründet hat, die heute besteht, darin ist, denke ich, auch die Fatalität zu suchen. Und wenn wir uns überlegen, wie versucht wird, das Mensch-Tier-Verhältnis in unserer Gesellschaft zu legitimieren, nämlich darüber, und jetzt komm ich auf den Tierschutz zu sprechen, daß gesagt wird, dem Tier würde etwas dafür gegeben werden, daß ihm etwas genommen wird, das heißt ein Tauschverhältnis etabliert wird, in dem das Tier ausgebeutet und ihm dafür sogenannter Schutz gegeben wird beziehungsweise Pflege, Essen, ein Stall, ist das, mir fehlen dafür fast die Worte, ein absolut asymmetrisches Tauschverhältnis, was jeglicher Gerechtigkeitsidee schon widerspricht, die absolute Ausbeutung, Versklavung und Vernichtung von Tieren für ein bißchen Heu und ein Dach über dem Kopf. Also wir müssen uns da schon die Frage stellen, wie praktisch überhaupt versucht wird, das Mensch-Tier-Verhältnis zu legitimieren. Es ist nicht legitimierbar, es ist eine illegitime Herrschaft, das ist ganz wichtig zu betonen. Das heißt, daß die Benutzung und Vernutzung von Tieren nicht auf einer vernünftigen Argumentation fußt, weil, wie ich eingangs schon sagte, es für das Individuum absolut unvernünftig ist, in einer sozialen Beziehung seine Freiheit aufzugeben bis hin zu seinem Leben. Aufgrund dessen ist diese Mensch-Tier-Beziehung auch nicht zu begründen und nicht aufrechtzuhalten.

Matthias Düking (SB): Haben Sie einen positiven Begriff von Vernunft, könnten Sie sagen, was für Sie Vernunft oder ein vernünftiges Handeln des Menschen wäre? Die Frage ist, gibt es überhaupt einen positiven Begriff, eine positive Vorstellung von dem, was Sie erreichen wollen? Das muß nicht so sein, aber die Frage stellt sich ja.

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Melanie Bujok: Ich denke, daß das eine ganz, ganz wichtige Frage ist, vor allem, wenn man sich überlegt - und da haben Sie ganz Recht, wenn von schlechter Ordnung, vom schlechten Bestehenden in der Gesellschaft gesprochen wird - dann stellt sich natürlich die Frage: Was ist dann das Gute? Ich denke, daß in der Philosophie sehr viele Versuche gestartet wurden, das Gute, das Glück, irgendwie zu definieren. Auch die Religionen haben versucht, irgendeine gute Ordnung vorzuzeichnen und geschichtlich wurde öfter versucht, es in der Praxis umzusetzen, mit teilweise katastrophalen Folgen. Es endete meistens in der absoluten Katastrophe, eine sogenannte gute Ordnung herzustellen. Aus diesem Grund, und ich schließe mich da dieser Theorie an, ist zum Beispiel in der Kritischen Theorie ein Ansatz zu nennen, der versucht, nicht nur von vornherein eine gute Ordnung vorzuzeichnen, sondern zu fragen, wie ein gerechtes Verhältnis oder das Verfahren eines gerechten Verhältnisses überhaupt begründet werden kann. Das heißt, wenn ich das Gute nicht definieren kann, bleibt nur, und das ist ganz wichtig auch in Beziehung auf das Mensch-Tier-Verhältnis, zu sagen, daß die Grundlage, die Grundbedingung jeder vernünftigen Gesellschaft die Freiheit sein muß, die Freiheit nämlich, zwischen Alternativen wählen zu können, die Wahlmöglichkeit zu haben, Alternativen selbst herbeiführen oder herstellen zu können und auch bestimmte Situationen verlassen zu können. Das ist eine absolute Grundbedingung, die auch für das Mensch-Tier-Verhältnis gilt, denn auch hier handelt es sich um eine soziale Beziehung, nicht um eine natürliche, um das nochmal zu sagen, denn unsere Gesellschaft befindet sich nicht im Naturzustand. Wir haben eine Beziehung, die als eine soziale Konstruktion der gesellschaftlichen Bedingungen zu bezeichnen ist und in dieser Gesellschaft muß somit auch die Mensch-Tier-Beziehung, weil sie sozial begründet ist, auch sozial gerechtfertigt werden, das heißt, auch hier müssen Tiere die Möglichkeit haben, eine bestimmte Situation aufzusuchen oder zu verlassen. Daraus folgt natürlich und ist damit schon gesagt, daß jede Verunmöglichung genau dieser Freiheit, das heißt jede Gefangennahme von Tieren, jede Verletzung ihrer körperlichen und auch psychischen Unversehrtheit, sofort beendet werden muß. Das ist die sine qua non-Bedingung, so nennt man das in der Philosophie, das heißt die absolute Basisbedingung, auf Grund derer dann überhaupt erst weiter diskutiert werden kann. Als Grundbedingung müßte ohnehin auch in Mensch-Tier-Beziehungen Tieren ermöglicht werden, frei zu sein, selbstbestimmt zu leben. Und damit ist schon gesagt, daß jede geplante, intendierte Schädigung ihres Lebens, die ja tagtäglich und allsekündlich in den Schlachthöfen und Tierställen, in den ganzen Nutzungsbetrieben stattfindet, daß diese Tierausbeutung natürlich sofort beendet werden muß.

Matthias Düking (SB): Dann wäre die Frage, die Astrid mit der Verdrängung schon angesprochen hat, ob nicht, wenn der Mensch Städte baut, Straßen baut, wenn er, wie angenommen wird, über Kohlendioxidemissionen das Klima verändert, die Welt verändert, damit Tiere aus ihrem Lebensbereich verdrängt, also letztlich die Verantwortung dafür trägt, daß Tiere in größere Höhenlagen oder aus Tallagen Richtung Norden wandern müssen, ob nicht der Einfluß oder die Gewalt des Menschen, die er ausübt, eigentlich noch viel weitgehender wäre als beispielsweise die unmittelbare Verwertung und Vernutzung eines Tieres. Was sagen Sie dazu?

Melanie Bujok: Die Einflüsse, die indirekten Folgen des Handelns der Gesellschaft gehen viel weiter. Aber mich verwundert diese Frage insofern ein bißchen, als daß ja nicht einmal diese eindeutige, diese beabsichtigte, diese industriell produzierte Gewalt von Tieren, daß nicht einmal diese abgestellt, geschweige denn überhaupt dahin gedacht wird. Das heißt, bevor wir uns Gedanken machen, inwieweit die indirekten Folgen menschlichen Handelns natürlich auch das Leben von Tieren beeinträchtigen, müßte, und das wäre auch sofort umsetzbar, wenn wir es tatsächlich beabsichtigen würden - wie ich schon sagte, wir hätten die Fähigkeit dazu als Menschen, wir könnten die Kultur und Technik entwickeln, die ein befriedetes Mensch-Tier-Verhältnis hervorbringen kann - muß doch ersteinmal diese Gewaltmaschine angehalten werden. Und diese Gewalt, die dort stattfindet - das sage ich jetzt mal als Sozialwissenschaftlerin - wäre auch tatsächlich im soziologischen Sinne als absolute Gewalt zu fassen. In der Soziologie wird Gewalt als beabsichtigte, physische Schädigung eines anderen bezeichnet, und die Absicht ist hier ganz wichtig. Es geht hier darum, daß tatsächlich absichtsvoll Individuen geschädigt werden und was kann mehr eine Absicht sein, als eine wirtschaftliche Kalkulation aufzuführen, als ein Unternehmen einzurichten, dessen einziger Zweck es ist, tierliche Individuen zu produzieren mit dem Ziel, sie auszubeuten und anschließend zu vernichten. Und ich stimme Susann Witt-Stahl absolut zu, daß diese Schlachthofgesellschaft, diese Schlachthofkultur - ich finde diesen Begriff ganz passend und würde Schlachthof hier auch für alle anderen Formen der Tierausbeutung stehen lassen wollen -, genau diese Logik der Schlachthofkultur und ihr Fundament angegangen und beseitigt werden muß. Und dann denke ich, auch wenn wir dieses Problem gelöst haben, ist es dann doch nur noch ein fast kleinerer Schritt, auch die indirekten Folgen des Handelns mit zu berücksichtigen, die natürlich berücksichtigt werden müssen. Galtung hat das als strukturelle Gewalt bezeichnet, das heißt, natürlich ist nicht nur die direkte Gewalt von Bedeutung, sondern auch die strukturelle, gar keine Frage.

Moderator

Moderator

Matthias Düking (SB): Aus der Sicht des Tieres, wenn man das einmal so sagen kann, ist es dann letztlich von der Wirkung her egal, ob es sich um strukturelle oder unmittelbare Gewalt handelt, wenn es aus seinem angestammten Lebensraum verdrängt wird und sehen muß, wie es zurecht kommt.

Melanie Bujok: Ja, aber, wenn ich dazu vielleicht noch etwas ergänzen darf. Ich möchte noch einmal auf den Begriff der absoluten Not hinaus. Es gibt Beziehungen, und Susann Witt-Stahl hat das ja auch schon ein bißchen angesprochen, in denen der Mensch natürlich auch Natur selbst umformen muß, Natur sich auch aneignen muß und auf die Natur einwirkt. Ich denke, es ist nicht möglich, eine Beziehung des Menschen zur sogenannten Natur - ich mag den Begriff eigentlich gar nicht - herzustellen, in der es nicht auch Freiheitseinschränkungen gibt gegenüber tierlichen Individuen, zum Beispiel, wenn der Lebensraum eines Tieres an eine Straße grenzt, die der Mensch gebaut hat. Das heißt, es gibt vielleicht sogar auch bestimmte Notsituationen, in denen es geschichtlich einmal vielleicht nicht anders möglich war, als daß hier und da ein Tier genutzt wurde, wenn dem überhaupt so gewesen sein sollte, was ich nicht weiß. Und es ist auch müßig, denke ich, der Frage nachzugehen. Der Punkt in unserer Gesellschaft heute ist: Wir leben nicht in einer absoluten Not, Tiere auszubeuten. Es ist keine Not, die wir überwinden müssen, wir schaffen diese Not, nämlich für die betroffenen tierlichen Individuen und das ist das absolut Fatale.

Astrid Buchholz (SB): Wenn ich da gleich einhaken darf, und ich gehe jetzt einmal weg von den Nutztieren, denn da ist diese Überlegung ja sehr eindeutig und frage einmal, ob wir denn vielleicht in einem kleinen Teil der Gesellschaft, also beispielsweise im privaten Bereich, dieser Koexistenz, von der wir reden, näher sind. Ist es also zum Beispiel möglich, raub-, gewalt- und auch verwertungsfrei mit einem Haustier zusammenzuleben? Auch da ist ja die Frage in Ihrem Sinne, Frau Bujok, inwiefern die Wahlfreiheit da eingeschränkt ist, die hat ein Haustier auch nur bedingt. Ich weiß das von meinem Wellensittich früher, der hatte nicht die freie Wahl, ob er jetzt aus dem Fenster fliegen kann oder nicht, darauf habe ich geachtet, daß er bitte nicht aus dem Fenster fliegt, das war mir wichtig. Trotzdem die Frage, vielleicht an Sie, Herr Bossenz, können Sie sich diese Koexistenz zwischen Mensch und Haustier vorstellen?

Ingolf Bossenz: Das ist jetzt eine etwas spezielle Frage, ich persönlich habe gar kein Haustier. Ich habe vor ein paar Jahren mal einen Artikel geschrieben, der hatte die Überschrift "Tiere muß man nicht lieben". Meine Tochter hat eine Katze, die habe ich auch sehr gerne, aber mein Verhältnis zu Tieren ist jetzt ... oder anders herum, ich will noch einmal auf die Ausgangsfrage zurückkommen, in der ja eine gewisse Romantisierung mit anklingt, wie auch bei Herrn Janke, der auf das Paradies verwies, wo ja das Lamm neben dem Löwen und so weiter... Ich glaube, man muß sich von bestimmten, romantisierenden Vorstellungen verabschieden, deswegen will ich jetzt einfach auch noch einmal von dem Haustier wegkommen, denn das Haustier ist für mich bei dieser Frage nicht das Problem. Dazu kann sich vielleicht noch einmal jemand äußern, der da kompetenter ist. Wir müssen einfach an an dem dranbleiben, was Frau Bujok sagte, denn das Hauptproblem bei der Realisierung dieser Vorstellung ist das Essen von Tieren. Und so lange, wie sich gesellschaftlich nicht die Erkenntnis durchgesetzt hat, daß ein absoluter Widerspruch herrscht zwischen dem Essen von Tieren und dem Schutz von Tieren, wird es dort keine signifikanten Fortschritte geben, denn das ist einfach auch eine Frage der Zahlen. Wenn wir uns die Zahlen angucken, dann es ist ja so, wenn wir jetzt von Koexistenz reden, daß wir ja mit den Tieren koexistieren. In diesem Lande leben Millionen von Tieren, die wir aber nie sehen.

Astrid: Und da haben wir ja schon ein bißchen genauer definiert.

Ingolf Bossenz: Einmal angenommen, diese Vorstellung und Erkenntnis würde sich durchsetzen, daß Schutz von Tieren und Essen von Tieren nicht miteinander funktioniert, würde eine Menge von Tieren verschwinden, sie würden aussterben. Das ist übrigens auch ein Argument, das immer von Fleischfressern kommt: "Ja, aber wenn diese Tiere ja nun nicht mehr gegessen werden, die werden ja nur deswegen gezüchtet, dann gibt es sie ja nicht mehr." Ein kluger Schweizer Philosoph hat im Zusammenhang mit dem neuen Schweizer Tierschutzgesetz, was eines der strengsten in der Welt ist, unlängst gesagt: "Laßt sie in Frieden aussterben!". Denn darum geht es, also für mich persönlich geht es darum, daß ich jetzt nicht Tiere lieben, auch nicht Menschen lieben oder Völker lieben muß, um der Ansicht zu sein, daß Menschenrechte, Völkerrecht und so weiter existentiell notwendig sind und anerkannt werden müssen. Denn es geht letzten Endes darum, daß das Leid und Elend, das Tag für Tag stattfindet, verschwindet. Und logistisch ist es natürlich bei der Globalisierung heutzutage kein Problem, auch beispielsweise Oberbayern in diesem Falle mit veganen Produkten zu versorgen, wenn das im konkreten Fall nicht heimisch erzeugt werden kann, denn wir kriegen Lieferungen der verschiedensten Waren aus aller Herren Länder.

Astrid Buchholz (SB): Lassen Sie mich da gleich einsteigen, das würde ich gerne kritisch hinterfragen. Das hat für mich jetzt ersteinmal mit Raubfreiheit nichts zu tun. Wenn ich Oberbayern, von wo auch immer her, beliefere, geht das zu Lasten von irgendeiner anderen Stelle dieser Welt. Dann wird da eben das Nahrungsmittel vegetarischer Art angebaut, das ich brauche, das ich dann um die Welt transportieren muß. Ist es nicht eher so, daß ich damit die Gesellschaft, die ich gerade eben verändern möchte um der Tiere willen, auf eine andere Weise stütze? Das ist doch sozusagen ein gefundenes Fressen für die kapitalistisch globalisierte Welt, oder täusche ich mich?

Holger Janke: Naja, Sie täuschen sich insofern, als ja die Tiere auch ernährt werden müssen, das heißt, diese ganzen Monokulturen der Tierernährung gibt es ja und die werden schon hin- und hergekarrt um die ganze Welt. Die Umweltschäden, die da angerichtet werden, übersteigen den Individualverkehr um ein Weites. Das heißt, eine fleischlose Ernährung würde nicht mehr Transport, sondern eher weniger verursachen.

Stefan Johnigk: Da möchte ich widersprechen, Herr Janke. Wenn Sie davon sprechen, daß ja Nahrungsmittel für die Tierproduktion eingesetzt werden, dann stimmt das für die Schweineproduktion und für die Geflügelproduktion, bei der Milchproduktion und bei der Rindfleischproduktion stimmt das nicht. Überall dort, wo Rindviecher, also Kühe, weiden, verwerten sie das Gras. Das sind in der Regel Flächen, die für den Ackerbau nicht geeignet sind. Dadurch, daß dort die Kühe weiden, können die Menschen diese Flächen für die menschliche Ernährung nutzen. Ich will das mal ganz wertfrei darstellen: Ich finde das Wort Gesellschaft sehr schwierig, denn Gesellschaft ist ein sehr schwammiger Begriff. Entweder betrachten wir das Individuum, den Menschen als Einzelnen, sich selbst und seiner, wie auch immer empfundenen, ethischen, übergeordneten Instanz verantwortlich oder Gruppen von Menschen. Gesellschaft ist kein Wesen, Gesellschaft ist immer eine Gruppe von Menschen, ich betrachte deshalb sehr gerne den individuellen Menschen und versuche dann, im globalen Zusammenhang über die Menschheit als System zu sprechen. Betrachten wir einmal die Menschheit als System und stellen uns vor, alle Menschen leben vegan, verzichten also komplett auf die Nutzung von tierischen Produkten, aus Respekt vor den Tieren, Herr Bossenz meint ja auch nicht Liebe zu den Tieren, sondern Respekt, das muß reichen. Betrachten wir mal diese utopische Vorstellung ...

Ingolf Bossenz: ... Achtung der Rechte der Tiere.

Diskussionsteilnehmer mit Moderatorin

Diskussionsteilnehmer mit Moderatorin

Stefan Johnigk: Achtung der Rechte der Tiere. So, jetzt ernährt sich die Menschheit geschlossen vegan, das bedeutet, daß weltweit all die Regionen aus der Nahrungsmittelproduktion herausfallen, in denen in heutiger Zeit tatsächlich nur Raufutterverwertung für die Nahrungsmittelproduktion eingesetzt werden kann, das heißt, sämtliche Steppenregionen der Erde, sämtliche Regionen, in denen die Böden zu mager, zu sauer, zu trocken, zu sandig oder wie auch immer beschaffen sind, fallen heraus. Das schränkt die Verteilung der verfügbaren Nahrung so drastisch ein, daß daraus für die Gesellschaft - jetzt benutze ich das Wort auch wieder -, für die Menschheit als Ganzes ein ungleich größeres Risiko für Verteilungskämpfe erwächst, was mir Angst und Bange werden läßt, denn auch heute ist es schon so, daß die Verteilungskämpfe um natürlich vorkommende Ressourcen wie Bodenschätze oder Wasser oder auch Raum und Platz zum Siedeln so gravierend sind, daß letztlich fast alle menschlichen kriegerischen Auseinandersetzungen hieraus begründet sind. Jetzt wollen wir uns eine Gesellschaft vorstellen, in der noch ein viertes Problemfeld aufgerissen wird, nämlich die Nahrungsmittelproduktion. Indem wir die derzeit schon knappe Situation so einengen, daß wir, stellen Sie sich das doch mal einfach vor, aus dem fruchtbaren Europa, mit der europäischen Mentalität, einen großen Teil des afrikanischen Kontinents, wo zur Zeit nur Weidehaltung von Ziegen und robusten Rindern möglich ist, mit veganen Nahrungsmitteln mitversorgen. Was muß das für einen gesellschaftlichen Wandel bedeuten? Ich glaube nicht, daß die Menschen in der heutigen Zeit in ihrer spirituellen Entwicklung, ihrer ethischen Entwicklung, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung schon so weit sind, daß sie in der Lage wären, so eine Situation zu stemmen. Ich glaube, wir würden gnadenlos scheitern. Und das ist ja das Problem, Herr Bossenz, daß die Tiere, die heute in den Intensivhaltungsställen leiden, deshalb leiden, weil ganz viele Menschen selbstverständlich sagen: "Ja, wir wollen Fleisch essen." Ich selber kann mir nicht anmaßen, diesen Menschen vorzuschreiben, wie sie sich ernähren, denn das wäre auch wieder eine Frage von Gewalt und Herrschaft. Ich kann doch nur für mich selber entscheiden. Ich als Anarchist kann doch nicht hingehen und anderen Leuten vorschreiben, wie sie zu leben haben, ich kann nur an sie appellieren, ich kann nur versuchen, sie zu überzeugen. Ich kann nur bei mir selber, durch Erkennenwollen und Handeln dafür sorgen, daß das Verhalten anders wird. So, das heißt, wir stehen vor der Herausforderung, das Leid schrittweise zu ändern, die Situation für die Tiere schrittweise zu verbessern. Das machen wir als Nutztierschutzfachverband, wir haben zum Beispiel dafür gesorgt, daß in der BSE-Krise die Robustrinder in Deutschland nicht alle auf einmal aufgrund einer irrwitzigen politischen Idee komplett gekeult und vernichtet wurden. Frau Bujok, das ist nämlich Vernichtung, wenn man die Tiere tötet und anschließend verbrennt, das ist Vernichtung. Das, was in den Schlachthöfen passiert, heißt, daß die Tiere getötet, ihres Lebens beraubt werden, aber der Tierkörper...

Melanie Bujok: Ja, für die tierlichen Individuen ist das ihre absolute Vernichtung, aber das ist so ein typisches Problem, daß man natürlich über Begriffe in einer solchen Runde nur sehr, sehr schwer diskutieren kann. Dann müßte man sagen, was man darunter versteht.

Stefan Johnigk: Ja das, ich wollte es nur sagen, weil es halt mißverstanden werden kann. Die Tiere werden getötet, die werden ihrer Existenz, also ihres Lebens beraubt, aber der Tierkörper wird ja anschließend von uns Menschen verwertet, genutzt zum Genuß und für alles Mögliche. Ich denke, da müssen wir vorsichtig sein und differenzieren, damit wir nicht mißverstanden werden.

Susann Witt-Stahl: Aber das ist ja für ein Schwein sehr wenig tröstlich, das weiterleben möchte. Das ist für mich so typisch, daß der Tierschutz wieder so einen Euphemismus der Alltagsbarbarei in den Schlachthöfen betreibt...

Stefan Johnigk: Was ist denn daran euphemistisch, Frau Witt-Stahl?

Susann Witt-Stahl: Ich Ihnen wirklich dankbar, daß Sie das machen, ich höre Ihnen auch deswegen schon so lange und so aufmerksam zu, Sie pochen auf die bestehenden Verhältnisse, daß die sich bloß nicht ändern.

Stefan Johnigk: Nein, das tue ich nicht, Frau Witt-Stahl, ich arbeite daran, daß sie sich ändern.

Susann Witt-Stahl: Sie haben jetzt grade wirklich ein langes Plädoyer gegen die vegane Gesellschaft gehalten und haben das mit den bestehenden Verhältnissen, mit den Verhältnissen, wie sie sind, gerechtfertigt...

Stefan Johnigk: Nein, Frau Witt-Stahl...

Susann Witt-Stahl: ...und genau das ist der Punkt, warum sich die Tierbefreiungsbewegung zur Antithese des Tierschutzes ...

Stefan Johnigk: Entschuldigen Sie, nein, nein, das stimmt nicht.

Susann Witt-Stahl: ... entwickelt hat, also nicht zur Reformbewegung, sondern zur Antithese.

Stefan Johnigk: Frau Witt-Stahl, das stimmt nicht, ich habe kein Plädoyer gegen die vegane Gesellschaft gerichtet, ich habe ein Plädoyer dafür gehalten, daß die Menschen sich in ihrem ethischen Verhalten, in ihrem Miteinander verändern müssen. Erst müssen wir Menschen lernen, uns als Einheit zu verstehen und miteinander kooperativ umzugehen. Ich glaube, das ist eine der Herausforderungen dieser Menschheit, sich als Einheit, als Gesamtheit, als globaler Zusammenhang zu verstehen. Wenn wir das geschafft haben, wenn wir Menschen uns gegenseitig kooperativ begegnen und nicht kriegerisch, kämpferisch in der Auseinandersetzung, im Differenzieren, im Abgrenzen, im Andersmachenwollen begegnen - in diesem kooperativen Ansatz liegt das Geheimnis für das Koexistieren der Menschheit, und ich glaube auch, dieser kooperative Ansatz ist der Schlüssel für die Koexistenz zwischen Menschen und Tieren. Kein Wort gegen eine vegane Gesellschaft, ich respektiere es außerordentlich, wenn ein Mensch es schafft, sich vegan zu ernähren, ich selber kann es nicht, ich schaffe es noch nicht, aber ...

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Melanie Bujok: Aber genau hier ist das Problem, daß wir von dem freien Willen des Menschen ausgehen, und ich möchte jetzt gar nicht zu tief in die Diskussion des freien Willens einsteigen. Ich kann nur als Sozialwissenschaftlerin sagen, wenn man die verschiedenen Bedingungen berücksichtigt, wie überhaupt bestimmte Verhaltensweisen und Handlungen von Menschen entstehen, wenn man danach fragt, wie der Mensch sozialisiert wird, das heißt, was er in seiner Erziehung internalisiert - in der Soziologie spricht man von Deutungs- und Handlungsschemata, die von der Gesellschaft vorgegeben, übernommen und dann eben internalisiert werden, vom jungen Menschen angefangen bis hin zum älteren, das heißt, wenn man sich das bewußt macht, wie der Mensch praktisch sozialisiert wird, dann muß man doch die Kritik an die gesellschaftlichen Strukturen richten und nicht so sehr oder nicht nur an das Individuum.

Wir wachsen auf in eben dieser Schlachthofkultur und Gesellschaft, es gibt verschiedene, legitimatorische Stützkonzeptionen, die darum bemüht sind, genau diese Kultur aufrechtzuerhalten. Dazu sind viele Faktoren zu zählen - von den Medien angefangen über bestimmte Theorien in der Wissenschaft bis hin auch zu den Religionen und so weiter und so fort, und die Wirtschaft ohnehin -, die natürlich versuchen, bestimmte Schemata vorzugeben, die genau dieses Mensch-Tier-Verhältnis aufrechterhalten sollen. Um das Ganze vielleicht ein bißchen anschaulicher zu machen: Mit was wächst ein Kind auf? Das Kind wächst auf mit dem Würstchen auf dem Teller und mit einem der ersten Kinderbücher, was meistens heißt "Tiere auf dem Bauernhof". In diesem Kinderbuch wird mit schönen, bunten Bildern genau diese soziale Ordnung zwischen Mensch und Tier dargestellt. Das heißt, das Schwein ist im Stall, die Kuh auf der Weide und so fort. Es wird dann beschrieben - das ist sehr interessant -, wie das Tier angeblich erzählt, wie es dem Menschen nützt. Oft heißt es: "Was siehst du hier? Ich bin eine Kuh, ich lebe auf der Weide, ich gebe Milch, daraus werden tolle Sachen gemacht", wie Joghurt und Quark und Käse und so weiter. Das heißt, die Instrumentalisierung der Tiere wird dem Kind bereits als etwas absolut Selbstverständliches vorgezeigt. Durch die verschiedene Praktiken im Alltag, durch das Würstchen auf dem Teller zum Beispiel, wird dem Kind durch Eltern und andere vorgelebt, daß es völlig selbstverständlich ist, Tiere zu vernutzen. Das Kind wird meistens noch aufgefordert, alle Tiere, die krabbeln und fliegen, sofort totzuschlagen, und damit wächst ein Kind auf. Interessant ist, daß die Kinder, und ab und zu erlebt man solche, deren Hand ersteinmal zögert, auf die Fliege zu schlagen, das Tier kaputtzuschlagen, als Sonderlinge gelten. Kinder, die sagen, ich möchte das Fleisch nicht essen, weil ich Tiere nicht essen mag, gelten ersteinmal als sehr suspekt, als von der Norm abweichend und fast schon aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Das heißt, die Norm ist doch, daß der Mensch praktisch mit dieser Herrschaft über Tiere aufwächst. Und dann muß man doch die Frage nach den gesellschaftlichen Bedingungen und Strukturen stellen und nicht so sehr nach dem Individuum selbst. Daß einige Individuen trotz dieses Konformitätsdrucks davon abweichen und sagen, ich verweigere mich diesem Ganzen, ich verweigere mich dieser Ausbeutungslogik, das ist das eigentlich Interessante, warum es einige Individuen gibt, die sagen, ich mache hier nicht mit, ich lege Einspruch ein.

Stefan Johnigk: Dazu gehört Charakterstärke.

Ingolf Bossenz: Das, was Sie da ansprechen, hat Heidegger mal die Herrschaft des "man" genannt. "Man" ißt Fleisch, "man" tötet Tiere. Interessant ist, daß relativ spät, wohl in den letzten Jahrzehnten erst, in dem Nachlaß von Friedrich Nietzsche entdeckt worden ist, daß er einmal vorhatte, ein Werk namens "Philosophie des verbotenen Wissens" zu verfassen, und da ging es sinngemäß darum, daß es ein Wissen gibt, was die Menschen besitzen, was eigentlich jeder hat, aber pausenlos verdrängt. Und wenn ich jetzt die Schlachthofgesellschaft nehme, so kann ja heute niemand mehr sagen, er wüßte nicht, was in den Schlachthöfen geschieht, obwohl man dort schwer hineinkommt. Es gibt regelmäßig im Fernsehen Reportagen, die nicht nur zu nachtschlafener Zeit kommen, es gibt Berichte in Zeitungen, es gibt Bücher, es gibt die verschiedensten Publikationen, man kann sich jederzeit informieren. "Man" sage ich jetzt schon wieder, man kann sich dem schwer entziehen und trotzdem ändert sich eigentlich nichts.

Ich will diese Politik der kleinen Schritte auch in keiner Weise schlecht machen oder absurd nennen, aber wenn ich mir die Zahlen des Fleischverbrauchs angucke, und das ist für mich letzten Endes immer der Maßstab, dann ändert sich an dem zentralen Punkt der Verursachung des Tierleids eigentlich nichts. Eine Zeit lang sind die Zahlen für den Fleischverbrauch mal zurückgegangen, das hat verschiedene Gründe gehabt, zweifellos keine ethischen, eher die Angst vor Krankheit, vor BSE und so weiter, aber jetzt sind sie wieder hochgegangen. Viele Menschen versuchen, sich ein gutes Gewissen zu machen, indem sie nur Biofleisch und nur bei ihrem persönlichen Schlachter oder beim Bauern kaufen, aber ich bin überzeugt, daß sich in Krisenzeiten, wo wieder bestimmte andere Dinge Priorität gewinnen, der Griff zum Billigfleisch zunehmen wird und auch bestimmte "Fortschritte" die man glaubte, erreicht zu haben, auch wieder zurückgefahren werden.

Astrid Buchholz (SB): Ich würde gerne einmal kurz, vielleicht paßt das zusammen, auf die gesellschaftlichen Strukturen zu sprechen kommen, die Sie ausgeführt haben. Das ist ja erstmal etwas, wovon ich sagen würde, die fallen nicht vom Himmel, und wir müssen schon davon ausgehen, daß es auch individuelle Beteiligung an diesen gesellschaftlichen Strukturen gibt. Natürlich werden wir in gewisser Weise da hineingeboren, aber wir sind ihnen ja bedingt ausgeliefert. Gibt es, Daniel Kemper, etwas, was man als engagierter Mensch für Tiere so konsequent tun kann, daß es über diese Strukturen hinausreicht? Ich denke, hier am Tisch besteht darüber Einigkeit, daß alle ein Interesse daran haben, Tiere zu schützen, jeder erstmal auf seine Art.

Daniel Kemper: Ich würde zuerst auf den Punkt, den Ingolf Bossenz eben angesprochen hat, nochmal kurz zurückkommen. Das Interessante daran war das, was ich als stilles Einvernehmen bezeichnen würde, was im Fall der Tiere eine ganz bestimmte Qualität hat, und zwar, daß die Ausbeutung und die Unterdrückung der Tiere eine Form der systematischen Gewalt ist, die durch die Unterdrückten nicht wirklich durchbrochen wird. Das kommt, Herr Johnigk, nochmal auf Ihre Annahme ganz zu Anfang zurück, daß soziale Bewegungen sich immer dann konstituieren, wenn das gute Gewissen, die Idee, das Argument sich konstituiert, und ich würde dagegen halten, daß es normalerweise oder in der Regel dann passiert, wenn eine gemeinsame Leid- oder Unterdrückungserfahrung geteilt wird und sich dann ein politischer Movens entwickelt, und das kann bei Tieren leider schlechterdings nicht passieren.

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Diskussionsteilnehmer mit den beiden
Moderatoren

Das Interessante daran ist nämlich, daß das Befreiungsobjekt, wenn man das so bezeichnen will, in diesem Fall nicht das Befreiungssubjekt ist, das heißt, daß andere für die Befreiung der Tiere kämpfen müssen. Und da würde ich den Begriff der Solidarität einführen. Das geht wieder ein bißchen in Richtung Ihrer Frage. Denn die Frage ist, wenn eine Situation entsteht, in der andere für die Tiere kämpfen müssen, was kann gefordert werden, was ist quasi eine legitime Forderung, in der man sich nicht, in der man die Tiere sozusagen nicht verrät? Ich denke, da kann Solidarität mit Tieren nur die absolute Negation des Schlechten sein, das heißt die Abwesenheit von Unterdrückung, die Abwesenheit von Gefangenschaft. Und da, glaube ich, ist ein Punkt erreicht, in dem sich Konzepte von Tierschutz und Tierbefreiung unterscheiden. So etwas wie diese Form der Negation des schlechten Bestehenden, in dem Tiere sich aufhalten, weist weit über die bestehende Gesellschaft hinaus. Und insofern, Ihre Frage beantwortend, finde ich es schwierig, von einer konkreten Praxis zu sprechen, weil Praxis notwendigerweise immer im Rahmen der Gesellschaft passiert und gleichzeitig natürlich darüber hinausweist durch das emanzipatorische Potential, aber immer in ihr passiert, also sich darin historisch und zeitlich verortet. Also das ist ein wenig schwierig. Aber ich denke, daß das Hinausweisende eben die radikale Opposition zur bestehenden Gesellschaft ist oder zu einer bestehenden Gesellschaft, in der sich Tiere befinden, mindestens, und meiner Meinung nach auch Menschen. Insofern ist es, grundlegend gesagt, immer schwierig, eine positive Bestimmung des ganz Anderen zu fertigen, die über das Bestehende hinausweist, denn wenn ich es versuche, gerate ich sofort in diese Falle, daß ich einen Weg bahne, der nicht mehr flexibel ist, der festgeschrieben wird, was wiederum falsch ist. Aber ich denke, daß man dieses Problem der positiven Utopie mit der Negation des Schlechten zumindest begrifflich angehen kann, indem ich verneine, was schlecht ist und indem ich bejahe, was ich mir als gut vorstelle.

Astrid Buchholz (SB): Also Widerstand, Verweigerung im Prinzip?

Daniel Kemper: Ja, Widerstand, Verweigerung oder natürlich auch schon die konkrete Kritik am bestehenden Schlechten. Es geht ja nicht nur darum, daß ich irgendwie versuche, mich rauszuhalten, sondern auch konkret dort argumentativ und aktivistisch angreife - in diesem sehr blumigen Wort gesprochen -, wo eben genau das passiert, was ich verneinen möchte. Ich will damit keine Stagnation, daß ich das andere privat mache, mich da raushalte, und der Rest läuft weiter. Das, denke ich, ist das völlig Falsche.

Matthias Düking (SB): Müßte man dann nicht unsere Ausgangsfrage, ob eine gewalt- und raub- beziehungsweise verwertungsfreie Koexististenz zwischen Mensch und Tier vorstellbar ist, mit Nein beantworten, um im nächsten Schritt sofort zu sagen: Nein, meine Vorstellung reicht da nicht hin, aber: Ich will es, ich wünsche es mir, ich wünsche mir eine Gesellschaft oder eine Lebensform, in der das möglich ist. Sie ist im Moment nicht vorstellbar, nein, aber ich wünsche es mir. Wäre das nicht auch ein Standpunkt, den Sie vertreten könnten?

Daniel Kemper: Nein, Sie haben jetzt in der Darstellung Ihrer Gegenthese quasi zwei verschiedene genannt, denn als zweites hatten Sie gesagt: "im Moment". "Im Moment" - das kam so ein bißchen raus -, das würden wahrscheinlich alle sagen, denn in der gegenwärtigen Gesellschaft, das zeigen die gesellschaftlichen Zustände, wird es nicht praktiziert, und da muß einiges passieren. Aber ich würde auch nicht hingehen und sagen: Ich würde es mir nur wünschen. Dann würde ich mich wahrscheinlich wirklich der Religion zuwenden und hoffen und glauben. Schon mit den Mitteln, die da sind, ist es umsetzbar und deswegen - die Frage kam jetzt schon öfter auf - sind wir teilweise so eine Art Zirkelschluß in der Argumentation gefahren, wobei wir gemerkt haben, daß viele Probleme, denen sich die Tiere gegenübersehen, durch die gesellschaftlichen Bedingungen - mal aufs Wort gebracht: durch die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft - produziert werden, ergo der Kampf für die Befreiung der Menschen auch mit der Befreiung der Tiere zusammengeht und andersrum. Insofern würde ich die Frage trotzdem bejahen, weil sich auch nach den Ausführungen, die ich gemacht habe, die sich im Prinzip darauf bezogen haben, wer denn befreiend wirkt und handelt, nicht unbedingt etwas an der Grundannahme, daß sich ein ganz anderes Verhältnis zu Tieren, eine ganz andere Gesellschaft realisieren läßt, ändert.

Ingolf Bossenz: Wenn ich das hier einwerfen darf, was ich mir wünsche - das möchte ich mir gerne immer vorstellen können, insofern sehe ich zwischen Wunsch und Vorstellbarkeit nicht unbedingt einen Widerspruch -, können natürlich Utopien, wenn sie konkret werden, immer etwas Gefährliches an sich haben, das kennen wir ja auch aus der Geschichte. Aber bei der Vegetarismus-, Veganismus-, Tierbefreiungsbewegung sehe ich das nicht, weil sie nicht diese Dimension, diese Massenbasis haben. Vor einiger Zeit ist mal ein Roman erschienen, den keine Vegetarier geschrieben hatten. Da geht es darum, daß in der EU der Besitz und das Essen von Fleisch verboten werden, von heute auf morgen. Der Grund: verschiedene Fleischskandale und so weiter. Die Folge war, daß irgendwo im Saarland, in einem stillgelegten Bergwerk, Fleisch produziert wurde, das dann entsprechend, wie wir das auch bei Drogen haben, mit den mafiosen Vertriebsstrukturen dort vertrieben wurde. Es gibt ja auch durchaus solche ökodiktatorischen Vorstellungen, das verbindet sich bei mir nicht mit einem Wunsch oder der Vorstellbarkeit einer solchen Koexistenz.

Melanie Bujok: Aber hier ist doch auch interessant, was überhaupt der Reiz von Fleisch oder anderen tierlichen Produkten ist. Warum stellen wir überhaupt die Frage so, ob es vorstellbar ist, oder zweifeln daran, daß praktisch die Tierausbeutung abzuschaffen ist. Eigentlich wäre es ja absolut einfach, und es ist in unserer Kultur auch möglich, vegan zu leben. Warum fällt es vielen Menschen so schwer, zu sagen, daß sie kein Fleisch und keine tierlichen Produkte essen? Es ist ja nicht so, daß nichts anderes da wäre, im Gegenteil, eigentlich machen die tierlichen Produkte einen ganz kleinen Teil von der großen Nahrungspalette aus, die wir haben. Das heißt, Fleisch und andere tierliche Produkte müssen etwas an sich haben, was über das rein Materielle hinausgeht, denn wenn ich sogenannte Ersatzprodukte - ich mag das Wort auch immer nicht, Ersatzprodukte, für mich ist es kein Ersatz -, wenn ich hier Tofu, Seitan, alle fleischähnlichen Produkte nehme, kann man wirklich nicht argumentieren, daß das geschmacklich groß anders ist. Das heißt, Fleisch, echter Tierpelz und Milch müssen etwas haben, das in der Symbolik zu suchen ist. Sie stellen definitiv Herrschaftssymbole dar, womit wir natürlich wieder bei der Frage der Herrschaft sind. Warum der Mensch die Herrschaft über die Tiere nicht aufgeben mag - er kann sie aufgeben -, worin liegt das praktisch begründet, daß die Bereitschaft, diese Herrschaft aufzugeben, so gering ist? Ein Aspekt ist sicherlich zu benennen, der von Daniel Kemper angesprochen wurde, ich denke ein Grundproblem in der Veränderung der Mensch-Tier-Beziehung ist, daß die tierlichen Opfer selbst weder Widerspruch einlegen noch Widerstand leisten können gegen ihre Ausbeutung. Das unterscheidet sie von allen anderen sozialen Gruppen, deren Befreiung bis heute leider auch noch nicht gelungen ist. Es gab nie eine wirkliche Befreiung, auch im menschlichen Verhältnis, wer das behauptet, hat irgendwas nicht verstanden.

Leider sind alle Befreiungsbewegungen bis heute tatsächlich gescheitert. Wir haben eine absolut versklavte Gesellschaft, auch in Bezug auf den Menschen. Wir leben in der absoluten Katastrophe. Was die Tiere anbelangt, um das nochmal aufzugreifen und zu verdeutlichen, ist das Problem, daß sie sich weder durch das Wort oder die Sprache artikulieren können, keinen Einspruch gegen ihre Nutzung einlegen können - ich würde sagen Vernutzung und eben Vernichtung -, noch haben sie die Möglichkeit, sich zur Wehr zu setzen. Und diese absolute Ohnmacht, zu der sie verdammt sind, verdammt deswegen, weil sie gehindert wurden, sich zu wehren. Tiere, die in Ställen eingesperrt sind, gefesselt sind, in Käfigen eingesperrt oder, mögen sie klein oder groß sein, deren Krallen gestutzt wurden und die Schnäbel gekürzt, sind völlig desarmiert! Sie haben faktisch keine Möglichkeit, sich überhaupt zu wehren. Und dieses Sich-nicht-wehren-Können ist natürlich mit ein Grund, warum die meisten Menschen als die Herrschenden auch keine Veranlassung gesehen haben, ihre Herrschaft aufzugeben. Und aus dem Grund ist der politische Protest so wichtig, es ist unglaublich, daß die Tiere auf das Zutun des Menschen angewiesen sind, weil wir die Klasse der Herrschenden sind, und leider sind es auch sehr wenige, die sich für Tiere einsetzen. Umso wichtiger ist es natürlich, daß Menschen, daß wir untereinander an die Vernunft appellieren und aufzeigen, daß praktisch die andere Gesellschaft möglich ist. Und in dem Moment, wo wir sagen, daß sie möglich ist, haben wir damit auch gesagt, daß sie umzusetzen ist.

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Matthias Düking (SB): Menschen haben eine Stimme, Menschen können sich zur Wehr setzen, und trotzdem gibt es die Herrschaft des Menschen über den Menschen. Das heißt, das Problem stellt sich vielleicht noch umfänglicher, als daß die Tiere einfach nur keine Stimme haben. Wir leben in einem System, das man berechtigterweise als eine Herrschaft des Menschen über den Menschen bezeichnen könnte, über die Spezies Mensch könnte man auch sagen, der Mensch über den Menschen. So würde sich das Problem eigentlich noch weitreichender stellen, das es zu bewältigen gäbe, wenn man sagt, man wollte die Tiere befreien. Man kommt wohl nicht drumherum, von der Befreiung des Menschen zu sprechen, sie zu denken und darauf zuzustreben.

Stefan Johnigk: Herr Düking, ich glaube, es ist sogar leichter, wenn wir bei den Veränderungen im Umgang mit Menschen ansetzen, weil uns das unmittelbar berührt, da brauchen wir keine Übersetzungshilfe. In dem Moment, in dem wir Menschen davon überzeugen wollen, daß die Tiere unter der Behandlung, die wir ihnen antun, extrem leiden, daß es für die Tiere eine außerordentliche Qual ist, unter den Bedingungen der Intensivtierhaltung großgezogen zu werden, müssen wir den Leuten eine Brücke bauen, wir müssen Sympathie, Mitgefühl für die Tiere erstmal wecken. Bei uns Menschen sollte das eigentlich angeboren sein, weil wir uns direkt in den anderen hineinversetzen können. Es ist mir nicht möglich, mich in die Situation einer Legehenne hineinzuversetzen, dazu bin ich zu wenig Huhn. Ich kann vielleicht wissenschaftlich verstehen, daß deren Lichtempfinden anders ist als meins, daß sie das Licht in den Käfigbatterien als ständiges Disko-Stroboskop-Licht empfinden, das kann ich wissenschaftlich hinterfragen und begreifen, ich kann es mir aber nicht vorstellen.

Melanie Bujok: Ich möchte es auch nicht wissenschaftlich hinterfragen, tut mir leid, aber zu realisieren, daß die Unfreiheit, die Gefangenschaft, das Eingesperrtsein für das Individuum falsch ist, das ist etwas, was eine objektiv zu erkennende Tatsache für jeden ist, der ein bißchen Empathiefähigkeit besitzt, und die haben alle Menschen. Das heißt, ich muß nicht wissenschaftlich begründen, daß die Freiheitsberaubung falsch ist, sondern ich kann es mit meiner eigenen Wahrnehmung sofort feststellen, daß die Verwehrung der Freiheit etwas Falsches an sich ist und nicht bestimmte Zusatzbedingungen der Unfreiheit der Gefangennahme, sondern die Gefangennahme an sich falsch und damit abzuschaffen ist.

Stefan Johnigk: Aber Frau Bujok, wie kann ich das denn den vielen Menschen, die Fleisch essen wollen, absprechen? Ich kann doch nicht hingehen und diese vielen Millionen Menschen weltweit, die Tiere nur deshalb halten, weil sie sie anschließend töten und essen wollen, umdefinieren. Wie kann ich denn deren Verhalten ändern, und darum geht es doch! Ich muß doch erstmal durch Aufklärung ein Mitempfinden mit der Kreatur, mit den Mitwesen erzeugen. Ich muß ein Bewußtsein dafür wecken, daß diese Wesen uns ähnlicher sind.

Melanie Bujok: Ja, das richtige Bewußtsein, nicht wieder ein falsches Bewußtsein.

Stefan Johnigk: Was ist denn ein falsches Bewußtsein?

Melanie Bujok: Nicht ein Bewußtsein davon, daß die Nutzung und Freiheitsberaubung von Tieren grundsätzlich in Ordnung ist, wenn sie in bestimmten Rahmenbedingungen verläuft, sondern dann muß schon das richtige Bewußtsein geschaffen werden. Ich kann mich da nur nochmal wiederholen, daß selbstverständlich die Freiheitsberaubung und die Verletzung und Tötung ohnehin, daß diese Handlungen Gewalthandlungen und somit falsch sind.

Stefan Johnigk: Das ist richtig. Darf ich noch ganz kurz eine Anmerkung machen, warum mir das so wichtig ist, daß wir bei dem Miteinander unter uns Menschen ansetzen? Es gehört immer noch nicht zum Konsens zwischen allen Menschen, daß es Unrecht ist, einen anderen Menschen zu töten, aus Staatsräson. Die Todesstrafe ist in ganz vielen Teilen der Welt nach wie vor akzeptiert, in China, in den USA. Und ich finde das grauenvoll, weil es zeigt, wie wenig zivilisiert wir Menschen tatsächlich im Umgang miteinander noch sind. Wenn Sie mal Umfragen starten, zum Beispiel: Ist es legitim, seinen Kindern einen Schlag auf den Hintern zu geben, einen Klaps? Für mich ist das Prügelstrafe, ich empfinde das als absolut ungerechtfertigt und schlimm, Kinder zu schlagen. Aber es ist in weiten Teilen der Welt immer noch an der Tagesordnung.

Astrid Buchholz (SB): Die Frage an Sie, Frau Witt-Stahl: Kann ich ein Tier befreien - und damit meine ich nicht, einen Käfig aufzumachen, sondern wirklich für die Tierbefreiung sorgen -, ohne selbst frei zu sein? Meine Idee wäre, daß der Mensch das am nächsten verwandte Tier ist. Wir können ja von uns auch erstmal nichts anderes sagen, als daß wir in den herkömmlichen Begrifflichkeiten als Tier gelten, als höchstentwickeltes Säugetier, ohne daß ich das jetzt teilen muß. Kann ein Tier befreien, ohne selbst frei zu sein?

Susann Witt-Stahl: Ich muß eine Anmerkung vorwegschicken. Wir haben hier in der Debatte das Problem, daß Welten aufeinanderprallen, so stark, daß die Verständigung sehr schwierig ist, man sich auch über die Begriffe nicht einig ist. Melanie Bujok hat einen marxistischen Begriff von falschem Bewußtsein - den ich übrigens auch vertrete und für sehr sinnvoll halte -, andere Diskutanten können damit gar nichts anfangen. Ich finde, diese Diskussionsrunde teilt sich in zwei Lager, die einen sind noch sehr dem philosophischen Idealismus und der Religion verhaftet, sie gehen immer noch davon aus, daß das Bewußtsein das Sein bestimmt. Und wir sind historische Materialisten, ich glaube, das kann ich zumindest für Frau Bujok sagen, deren Arbeiten ich sehr gut kenne, und wir gehen selbstverständlich davon aus, daß das Sein das Bewußtsein bestimmt.

Da komme ich nahtlos zum Befreiungsbegriff. Daß wir in diesen Kategorien nicht denken wie "Ich rede mal mit meinem Nachbarn", "Ich rede mal mit dem Bauern, daß er nicht so gemein zu den Tieren sein soll", und dann wird sich das schon irgendwie geben; vielleicht kann ich den überzeugen und der erzählt das dann weiter, und dann wird die Welt verändert. - Nein, wir gehen natürlich von der ökonomischen Basis aus, oder ich komme jetzt wieder in den Singular zurück und sage: Ich gehe von der ökonomischen Basis aus und sage, daß wir die kapitalistische Gesellschaft überwinden müssen, die muß weg. Wenn wir eine Gesellschaft haben, in der alles von Inwertnahme und alles über Ausbeutungskategorien bestimmt wird, dann können wir natürlich auch nicht darüber reden, ob wir den Schalter umlegen und die vegane Gesellschaft einführen. Ich fand das Gedankenexperiment insofern überflüssig. Das ist ein bißchen vergleichbar mit: "Was würden wir tun, wenn es jetzt Diamanten regnet?" Darüber können wir uns stundenlang unterhalten, es würde uns nicht weiterführen.

So, und jetzt konkret zur Befreiungsfrage: Historische Materialisten sind Dialektiker, deswegen denken wir uns auch den Befreiungsbegriff dialektisch. Ich fühle mich da ganz stark dem Denken der Frankfurter Schule verpflichtet. Für sie war die Bedingung für die Befreiung des Menschen die Befreiung des Tieres und umgekehrt. Also beides ist Voraussetzung der Möglichkeit. Das ist das Entscheidende am dialektischen Denken. Ich will das mal in der Wolkenkratzermetapher von Max Horkheimer verdeutlichen. Ich finde, daß in dieser Metapher unglaublich viele Fragen des Mensch-Tier-Verhältnisses dargestellt wurden. Max Horkheimer, vielleicht noch kurz die Anmerkung, war einer der Protagonisten der Frankfurter Schule, und er war glühender Marxist, das möchte ich noch hinzufügen. Er hatte den kapitalistischen Gesellschaftsbau als solchen dargestellt, daß oben die Trustmagnaten, wie es damals noch hieß, saßen, also die Wirtschaftsführer, darunter dann Politiker und alle möglichen Privilegierten, um das abzukürzen, ganz unten, noch über der Erde, waren die Menschen in der dritten Welt, die nichts anderes haben als ihre Arbeitskraft, die ausgebeutet wird, die also widerrechtlich privat angeeignet wird von den Kapitalisten, und dann kommt es zum für uns in dieser Diskussion interessanten Bereich: Im Keller waren die Tiere. Zu dieser Metapher muß man sagen, daß Max Horkheimer, wenn man seine Schriften kennt, hier versucht hat, die wirklich große Misere nicht nur der Tiere, sondern auch des Mensch-Tier-Verhältnisses darzustellen. Also er hat die Tiere nicht nur im Keller verortet, weil sie an allerunterster Stelle der Ausbeutungshierarchie und damit auch der gesellschaftlichen Hierarchie stehen, sondern auch, weil sie natürlich, was die Vernunft betrifft, in Dunkelheit leben. Er hat sie aber auch deshalb im Keller verortet, weil sie sozusagen das Fundament des kapitalistischen Ausbeutungsprinzips bilden, aber auch, weil die Frage, ob dieser Bau zum Einsturz kommt und der Mensch frei wird, nunmal im Fundament liegt. Wenn man das Fundament erschüttert, wird endlich dieser unmenschliche Zustand, dieser kapitalistische Gesellschaftsbau, zusammenfallen.

Ich finde, daß das eine sehr interessante Überlegung ist. Nochmal der Zusammenhang: Das Tier kann nicht befreit werden von Unfreien. Ich habe noch nie in der Geschichte der Menschheit eine Situation erlebt, daß Unfreie, also Sklaven, andere befreit hätten, das in Kürze dazu. Ich könnte dazu noch viel mehr sagen, aber ich möchte jetzt nun auch nicht unendlich viel Redezeit beanspruchen.

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Jetzt zum Umgekehrten: Wenn der Mensch sich nicht darauf besinnt, daß er auch ein Tier ist und daß jede Form der Tierbefreiung Selbstbefreiung ist, dann wird er in dieser Blindheit verharren. Dann wird er in einer Unvernunft - in einer falschen Vernunft - verharren. Die Frankfurter Schule hat da die Kategorie der instrumentellen Vernunft eingeführt, ein blindes, sich nur auf seinen Selbstbehauptungstrieb stützendes Dasein. Sämtliche Handlungen sind nur von einem blinden Selbsterhaltungstrieb geleitet, den wir aber selber nicht erkennen. Als historischen Ausweg haben die Frankfurter einen Begriff eingebracht, den ich sehr anschaulich finde. Sie haben von dem Eingedenken der Natur als dem Subjekt gesprochen, also einen emphatischen Vernunftbegriff benutzt. Auch ich würde niemals von der Vernunft abrücken. Die Vernunft ist unsere Rettung. Wir müssen nur einen emphatischen, positiven und friedvollen Begriff von der Vernunft haben, und wir müssen von der Zerstörungswut, die in unserer Vernunft haust, Abstand nehmen. Aber dafür ist die Selbsterkenntnis wichtig und gerade das Eingedenken der Natur im Subjekt, also das Sich-bewußt-Machen, wer man ist, woher man kommt, daß man ein natürliches Wesen in einem langwierigen Zivilisationsprozeß ist, und, das muß man auch sagen, die ganze Zeit ein Opfer war. Der Mensch hat sich selber Unglaubliches antun müssen, um so weit zu kommen - schon allein die Unterdrückung der inneren Natur. Die Frankfurter haben sich darüber sehr, sehr lange und auch in dem zentralen Werk der "Dialektik der Aufklärung" ausgelassen, daß es so wichtig ist, uns selbst als Naturwesen und Tiere zu erkennen. Insofern ist die Befreiung der Tiere die Selbstbefreiung des Menschen, weil wir dann endlich erkennen, daß wir uns eigentlich die ganze Zeit selbst zerstören, indem wir Natur zerstören. Und die Natur würde sich nicht zerstören, wenn sie zum Bewußtsein käme, und wenn wir uns als Naturwesen bewußt machen würden, daß wir die ganze Zeit für unseren eigenen Untergang arbeiten, auch, indem wir Tiere töten, vernichten, ausbeuten und quälen und so weiter.

Noch ein letzter Satz: Ich glaube, daß das deshalb eine zentrale Stelle ist, die immer zitiert wird, und ich möchte das auch kultivieren. In den Schriften der kritischen Theorie hat Adorno gesagt, daß man in der Tierquälerei - darunter faßte er alle Schlachthöfe, Vivisektion, worüber er sehr viel geschrieben hat - den faßlichsten Ausdruck der Naturbeherrschung und der Unterdrückung der Natur findet.

Astrid Buchholz (SB): Ich habe bei Holger Janke die ganze Zeit Zustimmung gesehen, richtig?

Holger Janke: Ich lese zwar nicht täglich die Aufklärung oder die dialektischen Schriften, aber ich stimme dem zu. In der Bibel ist ein Gottesbild beschrieben, das das Leben ist, wenn man es kurz definieren will, und die Anleitung und nicht nur das Wollen, sondern auch das Sollen, also die Ansprache des Menschen: Du sollst nicht töten. Und der Mensch hat es noch nie ernstgenommen, diesem göttlichen Rat zu folgen, sondern ist immer wieder davon abgewichen, davon spricht dieses ganze Buch. Wir müssen uns endlich mal an die Gebote halten und an das, was Jesus uns nahegelegt hat: Selig sind die Friedfertigen. Solange wir immer nur in diesen Gedankengebäuden bleiben und Zahlen aufrechnen, sind sie nun richtig oder falsch, und uns immer nur in den Sachen bewegen, die wir gewohnt sind - also da stimme ich sowohl Frau Bujok als auch Frau Witt-Stahl zu, wenn wir diese Kleidung nicht ablegen und endlich mal auch damit Ernst machen, was die Bibel von uns Menschen fordert, daß es eben nicht die Wahl ist, ob ich es machen möchte oder nicht, sondern es ist uns gesagt, daß es zu tun ist. Ansonsten tragen wir den Namen Christinnen und Christen zu Unrecht, das muß man einfach so sagen. Dann wird nämlich auch das Christentum politisch und nicht nur so eine Zuckergußangelegenheit, sondern eine ernsthafte Theologie, mit der die Anleitung, die in dem Buch hier steht, auch umzusetzen ist.

Melanie Bujok: Wobei alle Ideen grundsätzlich der Kritik gegenüber offen sein müssen und selbstreflexiv kritisch auf sich selbst schauen müssen, und das ist natürlich bei allen Religionen als geschlossene Systeme nicht der Fall. Ich möchte nicht irgendeine Letztinstanz benennen, die uns vorgibt, was zu tun ist, was getan werden soll. Sondern ich möchte schon, auch um das nochmal zu verdeutlichen, die die kritische Vernunft als die wirklich einzige Möglichkeit sehen, daß wir die Unfreiheit überwinden und eine befreite und befriedete Gesellschaft herstellen können. Zum Zusammenhang zwischen der Befreiung und Menschen und der anderer Tiere sei vielleicht folgendes verdeutlicht, worin vielleicht auch die Brisanz der Tierbefreiung liegt: Tiere galten schon immer quasi als Basisfolie aller Ausbeutungs- und Unterdrückungsstrategien, die die Menschen als Sozialtechniken entworfen haben. "Das Tier", in Anführungszeichen geschrieben und im Singular, wurde fast immer antithetisch dem Menschen als das ganz andere gegenübergestellt, als der Fremde und als solcher konzipiert, nicht real seiend. Aber als das ganz Andere und der Fremde wurden dann in Folge auch bestimmte Behandlungsprogramme auf das Tier angewandt, die das Tier dann als den ganz anderen, das Fremde behandelten. Und diese Behandlungsprogramme, die das Tier ausbeuteten und vernichteten, und auch die Konstruktion des Fremden wurden dann immer wieder auf soziale Gruppen von Menschen angewandt. Das heißt, auch diese Logik müßte durchbrochen werden, überhaupt etwas wie das Eigene und das Fremde zu entwerfen beziehungsweise das sogenannte Nicht-Eigene dann nicht als das Auszugrenzende und Auszubeutende anzuerkennen, das, was Susann Witt-Stahl mit der Unterdrückung der inneren Natur bezeichnet hat. Der Mensch muß natürlich auch das Fremde in sich selbst erkennen und annehmen, ich glaube das ist ganz wichtig, um auch das sogenannte Fremde, was außerhalb von ihm ist, nicht unterwerfen, überwinden und vernichten zu wollen. Und die Fragen nach Nähe oder Ferne, nach Eigensein oder Fremdsein, das sind natürlich auch immer Fragen, die von der Gesellschaft beantwortet wurden. Wer ist uns nah, wer ist uns fremd? Betrachten wir das historisch, gab es unterschiedliche Konzeptionen, auch heute noch und in verschiedenen Kulturen. Grundsätzlich wäre jeder und jede, egal ob menschliches oder tierisches Individuum, als das Individuum, was einem nah ist, anzuerkennen, auch wenn wir vielleicht nicht alle Tiere verstehen und ihr Verhalten nicht komplett verstehen können, das ist gar nicht notwendig. Wir wissen, daß wir die grundlegenden Wünsche, Absichten und Interessen mit allen empfindungsbegabten Lebewesen teilen. Und die sind, nicht verletzt werden zu wollen und in Freiheit zu leben.

Ingolf Bossenz: Ich möchte nochmal an das anknüpfen, was Herr Janke sagte, weil ich das für sehr wichtig halte. Ich glaube, die Kirchen müßten in unserer Gesellschaft eine viel größere Rolle spielen, gerade bei diesen Fragen, die Tierrechte, aber auch Ökologie insgesamt betreffen. Solche Initiativen wie "Akut" und andere sind leider nicht in der institutionalisierten Kirche, sie sind in der Regel individuelle Initiativen, die sich daraus entwickelt haben. Die Kirchen haben dort in der Geschichte eine sehr negative Rolle gespielt, obwohl es im protestantischen Bereich sehr bedeutende Persönlichkeiten gab. Ich nenne hier nur Albert Schweitzer, Carl Anders Skriver, der Ihnen mit Sicherheit was sagt. Auch im katholischen Bereich gibt es zum Beispiel Franz von Assisi, der immerhin vom amtierenden Papst zum Heiligen oder Patron der Umwelt ernannt wurde. Aber im Katechismus der katholischen Kirche - erst Anfang der 90er Jahre neu herausgegeben und von Josef Ratzinger damals maßgeblich mitentwickelt - steht eben ausdrücklich, daß Tiere entsprechend für die Bedürfnisse der Menschen genutzt werden dürfen. Und der Papst oder Ratzinger, als er Benedikt der XVI wurde, ist ja auch mit "gutem Beispiel" in Anführungszeichen vorangegangen, als er Weihnachten verlautbaren ließ, daß er sich einen Kapaun hat schmecken lassen. Wer sich da ein bißchen auskennt, weiß, wie grausam Kapaune mit dem Abschneiden der Hoden und so weiter gezüchtet werden. Also in dieser Frage ist die Kirche nach wie vor sehr, sehr, sehr zurückhaltend, sag ich mal. Das hängt mit Sicherheit auch damit zusammen, daß man dem gesellschaftlichen Konsens der herrschenden Mehrheit über Tierquälerei, Ausbeutung, Fleischessen und so weiter entsprechen möchte. Es gibt dort keine avantgardistischen Vorstöße, was vielleicht auch von der institutionalisierten Kirche nicht zu erwarten ist.

Stefan Johnigk: Vielleicht nochmal eine Anmerkung. Ich bin ja nun kein dialektischer Marxist, wie Frau Witt-Stahl richtig erkannt hat, ich bin naturwissenschaftlich ausgebildet worden und versuche nochmal ein bißchen, die Biologenperspektive zu benutzen. Sie haben völlig recht mit der Aussage, daß der Mensch und die übrigen Lebewesen auf dieser Erde biologisch auf einer Ebene stehen. Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, wenn man ein anthropozentrisches Weltbild pflegt und meint, der Mensch müsse sich erheben über die übrigen Lebewesen. Ich bin aber zu sehr Ökologe und zu sehr auch selbstorganisationstheoriegeprägt - ich hab mehr Manfred Eigen und Herrmann Haken gelesen als Adorno und Horkheimer -, um nicht auch davon auszugehen, daß der Mensch als Teil dieses Systems auch den Gesetzmäßigkeiten dieses natürlichen, ökologischen Systems und auch der evolutiven Prozesse darin unterliegt. Das heißt, das, was wir heute beobachten können, daß der überwiegende Teil der Menschheit selbstverständlich für sich das Recht reklamiert, Tiere großzuziehen, zu töten und zu essen - zu nutzen -, ist ein Ergebnis eines gewachsenen Prozesses, also eines Evolutionsprozesses, wenn man so will. Wenn wir uns jetzt mal als eine Art unter anderen betrachten und versuchen, Vergleiche zu ziehen, stellen wir fest, das ist nichts Ungewöhnliches. Viele Tierarten nutzen einander. Es sind tatsächlich oft sogar die Jungtiere, die darunter leiden müssen. Es werden überwiegend die Jungtiere von anderen Tieren gefressen, weil sie einfach leichter zu kriegen sind. Sie sind auch schmackhafter, zarter, sie rennen nicht so schnell weg. Das hat natürlich im Gesamtsystem immer auch einen regulativen Effekt. Es sorgt dafür, daß die Populationen immer in einem bestimmten Wechselspiel miteinander stehen. Wenn aber eine Art wie unsere an eine Wachstumsgrenze stößt, hat das sowohl biologisch als auch politisch und wirtschaftlich Konsequenzen. Dann tritt das ein, was wir jetzt zum Beispiel in der Finanzwirtschaft beobachten können, dann tritt nämlich die Krise ein, dann bricht das System an sich selbst zusammen, und es entsteht aus den Trümmern in der Regel etwas anderes. In der Massentierhaltung beobachten wir etwas ähnliches. Die in der letzten Zeit immer häufiger auftretenden Katastrophen, beispielsweise durch Tierseuchen, die sich rasant ausbreiten, auch die gnadenlos elenden Haltungsbedingungen, unter denen die Tiere dort eingepfercht, eingekerkert werden, das ist das Ergebnis einer Agroindustrie, die bis an die Wachstumsgrenzen herangeht. Und auch dort wird aus biologisch-systemischer Sicht diese Wachstumsgrenze irgendwann überschritten sein, und dann werden die negativen Rückkopplungen so sehr zunehmen, daß das ganze System in sich zusammenfällt. Nur ein Beispiel: In der Nähe von Dresden ist gerade eine der weltweit größten Kükenbrütereien fast unbemerkt - übrigens auch von der Tierrechtsbewegung fast unbehelligt - eröffnet worden. Dort werden über 12 Millionen Küken pro Jahr ausgebrütet und weltweit ausgeliefert und genauso viele werden lebendig in den Schredder geworden und bei lebendigem Leib zermanscht. Und diese Anlage wurde uns als "biosicher" verkauft. Das ist ja für die Agroindustrie immer ein Riesenargument. Es muß alles "biosicher" sein. Wenn aber nur eine von diesen fünf weltweit großen Anlagen mal einen entsprechenden Infekt in der Anlage hat, dann bricht dadurch weltweit die Geflügelindustrie an sich selbst zusammen. Ich denke, das ist ein Aspekt, der auch in dieser Tierrechtsfragestellung ganz wichtig ist. Wir Menschen sind Tiere, Lebewesen wie alle anderen auch, wir unterliegen den gleichen Gesetzmäßigkeiten und damit also auch den gleichen Wachstumsregeln und Regeln der Begrenzung des Wachstums. Ich denke, wir können das nutzen. Da setzen wir als Tierschützer an, daß wir versuchen, das Machbare zu verändern und das Noch-Nicht-Machbare als machbar zu fordern und darauf hinzuwirken, daß es vielleicht morgen oder übermorgen veränderbar ist.

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Melanie Bujok: Aber das geht irgendwie von dem schrecklichen Fortschrittsgedanken aus, daß B auf A folgt und dann C und dann D, und irgendwann sind wir bei E. Daß das so nicht funktioniert, hat die Geschichte doch immer wieder gezeigt, und ich denke auch nicht, daß wir Gesetzmäßigkeiten unterliegen, sondern daß unsere Kultur so variabel ist. Und auch das ist ja keine Meinung, sondern eine objektive Tatsache, daß wir in der Lage sind, selbst unsere Zukunft zu formen. Das machen wir ja auch ständig, leider eben in die Richtung, daß wir eine absolut zerstörerische Gesellschaft hervorgebracht haben. Auch diese ist nicht aus irgendeiner bestimmten Gesetzmäßigkeit oder Notwendigkeit heraus entstanden, sondern historisch durch das soziale Handeln, aber es wäre auch möglich gewesen, daß eine andere Gesellschaft entstanden wäre. Und es ist auch möglich, eine andere Zukunft zu schaffen. Zu den kleinen Schritten in der Praxis: Psychologisch gesehen verstehe ich das vollkommen, das meine ich absolut ernst, daß sich einige Gruppen, die sich eben dem Tierschutz anstatt der Befreiungsidee verpflichtet fühlen, sagen, daß man aufgrund dieser absoluten Gewaltmaschine, die sich da aufgebaut hat, dieser erschlagenden Gewalt, die einem gegenübersteht, versucht wenigstens ein bißchen was für die Tiere zu erreichen, die Situation ein bißchen zu verbessern und zwar noch in der Zeit, die man vielleicht selbst noch lebt. Psychologisch verstehe ich das, weil es ein psychologisch unmenschlicher Druck ist, heute etwas zu tun, von dem man nicht weiß, ob es irgendwann in Hunderten von Jahren auch Realität wird. Und das wäre beim Tierbefreiungsgedanken so. So wie wir heute die Tierbefreiung fordern, so wie wir heute handeln, werden wir nicht selbst erleben, ob das, was wir heute tun, auch irgendwann umgesetzt wird. Das ist psychologisch gesehen ein absoluter Druck, daß man über seinen eigenen Tod hinaus planen und handeln muß. Also insofern, psychologisch, verstehe ich das. Ich kann es natürlich politisch nicht für richtig halten. Da sind wir aufgrund der Vernunft gefordert, zu sagen: Wir müssen doch trotzdem das Richtige tun, wir können doch nicht das Falsche tun, nur weil wir es als Selbstbeteiligte momentan als besser empfinden. Wobei ich nicht sagen möchte, daß es falsch sei, wenigstens bestimmte Formen des Leidens von Tieren abzuschaffen, darum geht es ja gar nicht. Aber man muß doch trotzdem das Ziel richtig setzen und sagen, was das Ziel ist. Und das kann doch nur sein, daß die Tiere irgendwann in Freiheit leben und nicht, daß einfach strukturierte Käfige oder andere Schweinebuchten mit Liegematten angeboten werden.

Stefan Johnigk: Frau Bujok, ich stimme Ihnen da voll zu. Ich denke, das ist ein Prozeß, der Hand in Hand gehen muß. Vielleicht ist es auch eine Sache der persönlichen Neigung, ich bin beim besten Willen kein Freund von langen, theoretischen Auseinandersetzungen. Ich möchte gerne was anpacken und was tun. Momentan arbeiten wir daran, daß pro Jahr 40 Millionen Schweine in Deutschland nicht mehr einfach ihrer Hoden beraubt werden - und das zur Zeit sogar noch ohne Betäubung. Das ist ein Punkt. Das ist nicht die Tierbefreiung an sich, es ist nicht die große Utopie. Aber es ist ein ganz entscheidender Schritt, denn für die 40 Millionen Schweine macht das einen entscheidenden Unterschied, ob ihnen bei vollem Bewußtsein die Hoden abgeknipst werden oder nicht. Gut, sie werden am Ende ihres kurzen Lebens geschlachtet und gegessen, ja, aber dieser eine Punkt, diese Kastration, das ist für mich Grund genug, rauszugehen, zu handeln und mit den Lebensmitteleinzelhandelskonzernen auf Augenhöhe zu verhandeln, denen Dampf unterm Hinterteil zu machen, daß die tatsächlich was verändern. Das ist dieses "hands on", Arbeiten an den kleinen Sachen. Ich weiß, daß das nicht sofort die große Utopie zu realisieren hilft. Das wollen auch viele unserer Mitglieder nicht. Ich glaube, im Unterschied zu vielen anderen Tierschutzvereinen liegt bei unserem der Anteil derjenigen, die sich vegan oder vegetarisch ernähren, etwa bei 50 Prozent.

Melanie Bujok: Aber Sie machen darauf ja nicht aufmerksam in Ihren Publikationen, daß es gut wäre, vegan zu leben ...

Stefan Johnigk: Doch, machen wir. Wir stellen es nicht ins Zentrum, Frau Bujok.

Melanie Bujok: Aber wenn Sie das schaffen wollen, müssen Sie doch sagen, daß es eben ein richtiges Verhalten gegenüber Tieren wäre, nicht an ihrer Ausbeutung teilzunehmen. Und das finde ich in ihren Publikationen in keiner einzigen Zeile.

Stefan Johnigk: Frau Bujok, ich glaube, daß wir die Menschen damit überfordern. Ich glaube ...

Melanie Bujok: Ja, aber Glaube ...

Stefan Johnigk: ... oder ich weiß es aus vielen Gesprächen, Frau Bujok, daß es für viele Menschen so ist. Wenn wir jetzt zusammen in die Fußgängerzone gehen würden und wahllos die nächsten zwanzig Leute, die vorbeikommen, ansprechen, glaube ich, daß sie leichter motivierbar wären, über das Leid der Ferkel bei der Kastration nachzudenken und daß sich eher etwas verändern läßt, als die Betrachtung der Tierrechte als große Utopie zu entwerfen, was wir hier gerade in der Diskussion versuchen zu entwickeln und zu entwerfen. Es überfordert sie, glaube ich.

Diskussionsteilnehmer

Diskussionsteilnehmer

Astrid Buchholz (SB): Herr Holger Sauerzweig-Strey, Sie haben jetzt gerade genickt.

Holger Sauerzweig-Strey: Dem kann ich also wirklich nur zustimmen, weil wir über Jahrzehnte ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Die Leute sind bereit, Unterschriftenlisten zu schreiben gegen Käfighaltung von Hennen und, und, und. Aber im Endeffekt gehen die Leute praktisch bei Ihnen weg, zum Stand, ins Geschäft und kaufen die Produkte, die angeboten werden. Es findet ganz einfach kein Denkprozeß bei den Leuten statt.

Melanie Bujok: Weil er ja auch nicht angeregt wird.

Holger Sauerzweig-Strey: Doch, wir haben es versucht, aber mittlerweile gehen wir einen anderen Weg. Es ist sehr schwierig, erwachsenen Menschen eine andere Lebensweise beizubringen. Sie haben ja auch vorhin schon gesagt, die Denkweise muß bei den Kindern ansetzen. Wirklich, wir erleben es tagtäglich, wenn Kinder zu uns ins Tierheim kommen, erzählen wir ihnen etwas über Nahrungsmittel, wir erzählen ihnen, wie ihre Nahrung hergestellt wird. Nicht so, wie man früher gesagt hat, man wüßte nichts davon, sondern die Kinder sind wirklich bewußt und setzen es auch um, indem sie nach Hause gehen und sagen: Ich will dieses Produkt nicht haben.

Melanie Bujok: Aber auf Ihren Kinderflyern habe ich keine Zeile gelesen davon, daß Sie sagen, das Mensch-Tier-Verhältnis müßte grundsätzlich geändert werden.

Holger Sauerzweig-Strey: Das muß aber grundsätzlich geändert werden.

Melanie Bujok: Sie beschreiben nur, wie die Tierhaltung ist, und daß es Eier der Klasse A und dann wieder andere Klassen gibt, aber Sie sagen nicht, daß es dann natürlich ein logischer und notwendiger Schritt wäre zu sagen, daß keine Tierausbeutungsprodukte gekauft und konsumiert werden.

Holger Sauerzweig-Strey: Grundsätzlich doch. Das sagen wir, das sagen wir grundsätzlich.

Melanie Bujok: Dann schauen Sie nochmal in Ihre Flugblätter rein ...

Holger Sauerzweig-Strey: Das kann ich gerne machen.

Melanie Bujok: ... Ihre Kinderflugblätter, da steht nichts drin darüber.

Holger Sauerzweig-Strey: Kann ich gerne machen.

Daniel Kemper: Also ich würde den Erfahrungen meiner Vorredner widersprechen, denn ich hab ja auch entsprechende Erfahrungen. Ich verbringe zweimal die Woche drei Stunden allein in der Hamburger Innenstadt und mache Proteste gegen die Pelzindustrie, und das ist wiederum genau so ein Thema. Da habe ich die Erfahrung gemacht, daß fast jeder zweite gegen die Pelzindustrie unterschreibt, aber es in unserem konkreten Anliegen, was wir dort haben, überhaupt nicht um Pelze geht, sondern um die Tierbefreiung. Das heißt, wir versuchen eigentlich am laufenden Band, Leute in Gespräche zu verwickeln und sie darauf hinzuweisen, und das ist nämlich genau der Unterschied, daß es im großen und ganzen nur ein marginales Problem der Tierausbeutung ist, daß einige Tiere für ihren Pelz umgebracht werden.

Wenn ich die Erfahrung mache, daß ich auf eine unglaubliche Indifferenz gegenüber dem Leiden anderer - sowohl menschlichen als auch nichtmenschlichen Lebens - stoße, dann ist das erstmal nur eine Feststellung des Status quo. Das sagt aber nichts darüber aus, wie meine Kommunikationsstrategien beziehungsweise, noch schlimmer, wie meine politische Argumentation sein sollte, also meine Kritik aussehen sollte. Und ich kann es überhaupt nicht nachvollziehen, wie man an diesem Punkt, wo man merkt, daß da schon ganz früh Barrieren sind, nicht versucht, diese Barrieren einzureißen und dann erst recht die Leute zu fordern, zu konfrontieren und zumindest versucht, kritisches Bewußtsein zu produzieren, auch wenn es vielleicht idealistisch sein mag - das ist natürlich auch sehr schwierig, da auszubrechen -, anstatt die Leute mit einem Trugschluß abzufangen und zu sagen: Na gut, das können wir erreichen. Aber ich muß unterm Strich fragen: Was erreichen wir denn? Das ist reine Affirmation des Tierschutzes in die Tierausbeutung der bürgerlichen Gesellschaft, damit nichts anderes passiert als eine chirurgische Verschönerung des Ganzen. Natürlich macht es für die Individuen einen Unterschied, ob Hoden bei Bewußtsein abgeknipst werden, das will ich gar nicht in Abrede stellen, das Argument kommt ja ganz oft.

Aber es geht gerade jetzt in diesem Moment, wenn wir uns einer theoretischen Debatte stellen, auch um die Frage: Was hat die politische Strategie des Tierschutzes für ein Resultat in den politischen Institutionen? Und das ist meine These, meine Kritik, daß es einen unglaublich affirmativen Charakter hat und dazu führt, daß auch der Tierschutz daran mitarbeiten kann und das in der Regel auch tut, daß sich so etwas wie Tierausbeutung sedimentiert und quasi zeitgemäßer wird im Sinne der bürgerlichen Gesellschaft, daß aber so etwas wie Befreiung, Überwindung, Aufhebung der Zustände eigentlich undenkbarer wird und sich somit zwei diametral unterschiedliche Wege anschließen. Das muß sich meiner Meinung nach im Straßenprotest nicht unbedingt behindern. Ich kann trotz meiner Position auch diese Position auf die Straße tragen, da habe ich gute Erfahrungen gemacht. Ich habe nicht erlebt, daß ich hunderttausend Unterschriften für die Vergrößerung der Käfige der sogenannten Pelztiere erreiche, aber das will ich auch gar nicht. Ich habe aber immer die Erfahrung gemacht, daß ich viel eher in den kritischen Diskurs trete. Und das kann ich.

Matthias Düking (SB): Ein Tierschutz, der auf artgerechte Haltung abhebt, wäre sicherlich nicht im Sinne unserer Fragestellung nach einem verwertungsfreien Umgang mit dem Tier. Und es wäre sicherlich kein verwertungsfreies Verhältnis zwischen Mensch und Tier, wenn man Arten sozusagen einen gewissen Platz einräumt. Das wäre immer noch ein Gewaltverhältnis. So müßte man das sehen, denke ich mir. Und ich vermute, Ihre Ausführungen zielen eigentlich darauf ab, daß Sie sich vorstellen, es müßte noch weit darüber hinausgehen, daß bestimmte Arten vorbildlich gehalten werden.

Stefan Johnigk: Aber Herr Düking, kann es nicht ein erreichbarer Schritt sein auf dem Weg?

Matthias Düking (SB): Das wäre die Frage.

Stefan Johnigk: Ich möchte nochmal auf das zurückkommen, worüber wir uns alle einig waren. Wir sind uns alle einig, daß es für die Menschheit als Ganzes ein wünschenswerter Zustand ist, mit den Tieren, unseren Mitwesen, auf friedliche und gewaltfreie Art zu koexistieren. Wir waren uns auch alle einig, daß wir unter den heutigen Gegebenheiten diesen Zustand nicht im Sprung erreichen können. Für uns ist es der logisch konsequente Schritt, daß wir das, was aus der heutigen Sicht gesellschaftlich akzeptiert ist und machbar erscheint, auch umsetzen, weil wir nur so die nächste Entwicklungsstufe erreichen können, von der es dann wiederum leichter ist, die nächste Stufe zu erreichen und die wieder nächste Stufe zu erreichen. Das ist ein Entwicklungsprozeß. Das hat auch was mit Evolution zu tun.

Melanie Bujok: Hier haben Sie gerade selbst einen großen Widerspruch formuliert. Wenn Sie sagten, daß wir uns einig sind, daß unter den momentanen gesellschaftlichen Bedingungen die Befreiung von Tieren wie auch von Menschen nicht erreichbar ist, ...

Stefan Johnigk: ... im Sprung!

Melanie Bujok: ... dann aber gleichzeitig sagen, daß Sie die gesellschaftlichen Bedingungen eben nicht aufheben, sondern beibehalten wollen - das ist mit der Affirmation gemeint, wie vorhin Daniel Kemper sagte - dann ist das ein absoluter, logischer Widerspruch. Sie wollen sie beibehalten, argumentieren dann aber, daß zu einem späteren Zeitpunkt bei den gleichen, vielleicht sogar noch verschlechterten sozialen Bedingungen - auf dem Weg sind wir ja gerade in der totalitären Ökonomie -, dann auf einmal Tierbefreiung zu erreichen sei. Ein gesellschaftlicher ohnehin, aber auch ein logischer Widerspruch. Das heißt, Sie können nicht in dem schlechten Bestehenden Befreiung erreichen. Das, was in der Gesellschaft als Katastrophe passiert, nämlich die absolute Ausbeutung, Ausgrenzung, Unterdrückung von Individuen - tierlichen oder menschlichen -, diese Katastrophe muß erst beendet werden. Dort muß angesetzt werden! Das hatten wir am Anfang kurz angesprochen.

Wenn wir jetzt die Frage stellen, warum sind bisher alle Befreiungsbewegungen tatsächlich gescheitert, warum gab es nie eine Befreiung, auch die des Menschen nicht, warum gab es keine wirkliche Sklavenbefreiung, keine Frauenbefreiung und so fort, auch die Arbeiterbewegung scheiterte, warum ist hier nur ein Scheitern feststellbar, dann sehen wir, wenn wir uns genau diese zahlreichen Bewegungen anschauen, daß sich interessanterweise immer die konservativen, die gemäßigten Kräfte durchgesetzt haben, immer die reformistischen, diejenigen, die das Schlechte eigentlich beibehalten wollten oder es vielleicht nicht wollten, die aber sagten, es sei momentan unerläßlich, nicht anders machbar und die versuchten, in diesem schlechten System dann ein paar Änderungen zu erreichen. Und genau auf dem Stand sind wir heute. Und darum gibt es leider immer noch die Versklavung des Menschen als moderne Sklaverei, weil nie tatsächlich an die Ursachen herangegangen wurde und nie der Versuch unterstützt wurde - obwohl es natürlich auch dazu Unterstützung von vielen gab -, das Herrschaftssystem an sich anzugehen und auch abzuschaffen.

Stefan Johnigk: Darf ich ganz kurz dazu was sagen? Ich glaube, daß wir uns da mißverstehen. Ich glaube nicht, daß durch eine Veränderung der heute üblichen Agrarproduktion - darum geht es ja letztlich in unserem Verein -, die bestehenden Herrschaftsverhältnisse in irgendeiner Art und Weise zementiert werden. Wenn wir anstelle der hundertausend Mega-Mastanlagen für die Schweinehaltung viele bäuerliche Betriebe mit hundert Sauen haben, die ihre Produkte regional an die Menschen, die sie konsumieren wollen, verkaufen, entsteht dadurch ein wesentlich engerer Kontakt zwischen den Menschen und den Tieren und dadurch entsteht eine wesentlich breitere Basis, auf der überhaupt Sympathie, Mitfühlvermögen wachsen kann.

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Melanie Bujok: Dann hätte es ja schon zu Zeiten der bürgerlichen Agrarwirtschaft Tierbefreiung geben müssen.

Stefan Johnigk: Nein, weil damals die Bedingungen für uns Menschen anders waren. Wenn Sie mal nach Molfsee ins Freilichtmuseum gehen und gucken, wie sich dort über die Jahrhunderte die Koexistenz von Mensch und Tier verändert hat, dann werden Sie feststellen, daß vor dreihundert Jahren dem Knecht eine ebenso enge Box eingeräumt wurde wie der Sau oder der Kuh. Das hat sich heute geändert.

Melanie Bujok: Nicht für alle.

Stefan Johnigk: Für uns hier in Deutschland schon. Es gibt in Deutschland keine Knechte mehr, die in dieser Art und Weise unterjocht und unterdrückt werden. Es gibt auch mittlerweile in Deutschland keine Kinderarbeit in Bergwerken mehr und ähnliches. Es hat sich tatsächlich graduell schon was verändert. Das kann keiner in Abrede stellen.

Melanie Bujok: Die ARGE führt's bald wieder ein,
wahrscheinlich.

Stefan Johnigk: Das wollen wir nicht hoffen, um Gottes Willen!

Melanie Bujok: Na ja, Ein-Euro-Jobs gehen ja fast schon wieder in die Richtung.

Stefan Johnigk: Daß es sich momentan wieder verschärft und verschlechtert, daß wir an die Grenzen des Wachstums kommen, die Gesellschaft momentan brodelt und kocht, das sehen wir ja. Aber ich glaube, daß tatsächlich durch kleine Schritte immer wieder die Basis für eine nächsthöhere Veränderung geschaffen wird und daran arbeiten wir.

Astrid Buchholz (SB): Mir scheint es jetzt gerade um die Frage des richtigen Weges zu gehen. Hier würde ich doch gerne einmal das Stoppschild aufbauen, sozusagen bei der Überquerung der Hauptstraße. Was ich zum guten Schluß spannend fände, von Ihnen allen nacheinander noch einmal zu erfahren - weil wir unsere zwei Stunden schon lange verdiskutiert haben, sage ich mal an dieser Stelle, was für die angeregte Situation spricht -, wie die raub-, gewalt- und verwertungsfreie Koexistenz von Mensch und Tier für Sie aussieht. Vielleicht können Sie das irgendwie an die eigene Lebenswirklichkeit anbinden, an Ihren Umgang mit einem Haustier zum Beispiel, ganz egal. Das zu erfahren fände ich noch einmal spannend, um eine Vorstellung zu bekommen, wo für Sie das Engagement so weit gediehen ist, daß Sie sagen: Okay, das ist es, da muß ich jetzt nicht noch darüber hinausgehen.

Susann Witt-Stahl: Ich habe die Frage nicht richtig verstanden. Meinen Sie gesellschaftlich oder individuell?

Astrid Buchholz (SB): Für mich hat sich aus der Diskussion durchaus ergeben, daß es da nicht zwingend einen Unterschied gibt. Sie engagieren sich ja sowohl individuell als auch mit Gesellschaftskritik und stellen die Gesellschaft komplett in Frage.

Susann Witt-Stahl: Nein, nein, ich wollte hier jetzt nicht die gespaltene Persönlichkeit einführen. Mir geht's halt darum, worauf die Frage zielt!

Astrid Buchholz (SB): Es kann ein gesellschaftliches Bild sein, und es kann sich als eine Idee ausdrücken, die Sie für sich persönlich haben. Das würde ich gerne jedem selbst überlassen. Herrn Janke, haben Sie schon eine Idee?

Holger Janke: Ja, die hatte ich auch vorher schon. Also, Massentieranlagen mit Millionenschlachtungen, noch mit EU-Geldern gefördert, sind für mich schlichtweg eine Katastrophe und eine Respektlosigkeit, wo ich mich auch als Steuerzahler überhaupt nicht wiederfinde in dem System, wogegen ich mich aber leider auch wenig wehren kann. Das ist das eine, und das andere ist, daß ich sage, es wäre ein sehr großer Schritt getan, wenn wir wieder den Sonntagsbraten hätten und nur einmal in der Woche Fleisch äßen.

Astrid Buchholz (SB): Das ist aber schon eine Einschränkung. Meine Frage zielt auf die vervollkommnete Koexistenz ab, die da raubfrei, gewaltfrei und verwertungsfrei ist.

Daniel Kemper: Die Utopie meinen Sie.

Astrid Buchholz (SB): Ja, das finde ich schon spannend. Der Sonntagsbraten ist schon die Einschränkung, da ist die Verwertung wieder einmal die Woche auf dem Tisch.

Holger Janke: Also Sie meinen sozusagen ...

Astrid Buchholz (SB): Die Maximallösung!

Holger Janke: Die Maximallösung steht hinten in der Bibel im letzten Satz. Dann begegnen wir dem Herrn selbst, Jesus kommt zurück und erlöst die Welt! Dann haben wir keine Fragen mehr, weder Mensch noch Tier. Dann kommt die neue Welt, das neue Jerusalem. So steht's in der Offenbarung.

Astrid Buchholz (SB): Es ist für Sie also letztlich eine Frage des Glaubens?

Holger Janke: Ja, wobei mein Glaube natürlich sehr politisch ist.

Astrid Buchholz (SB): Danke. Frau Witt-Stahl, haben Sie schon eine Idee?

Susann Witt-Stahl: Für mich ist das natürlich ein Albtraum, daß Gott zurück auf die Welt kommt. Ich bin froh, daß sein Machtbereich inzwischen etwas eingeschränkt ist, allerdings nicht zu meiner Zufriedenheit. Als Marxistin teile ich natürlich die Vorstellung, die Marx in seiner Religionskritik genannt hat, daß Gott derjenige ist, der die Natur zur Schöpfung erniedrigt hat. Ich glaube, daß gerade die Vorstellung, daß ein höheres Wesen unsere Geschicke steuert, uns immer zum Objekt und letzthin auch zum Ding erniedrigt.

Aber jetzt zum emphatischen Teil. Ich muß Sie da ein wenig enttäuschen, weil ich nach wie vor davon ausgehe, daß unfreie Menschen - und ich bin auch ein unfreier Mensch -, daß Menschen im Kapitalismus, die alltäglich ihr Bewußtsein getrübt bekommen, indem sie letzthin nur in Tauschverhältnissen gefangen sind, in dem alles Ware ist, in dem sie selber oder zumindest ihre Dienstleistungen Ware sind, daß man sich aus dieser Perspektive heraus eine freie Gesellschaft eigentlich nur sehr naiv malen kann und eine freie Gesellschaft zu einem Wolkenkuckucksheim verkommt. Insofern glaube ich, muß man sich erstmal mit der Negativität begnügen, indem man nur formuliert und zwar rigoros und radikal, was nicht sein darf. Dann kommen wir doch noch zu einem bißchen "Restemphase", die doch noch hier zum Ausdruck kommen soll, das heißt natürlich für mich, daß Tiere nicht mehr Ware sind. Das ist erstmal die Hauptsache, aber daran hängt alles! Daran hängt, daß man Tiere nicht mehr vorsätzlich töten wird, um sie auszubeuten. Klar gibt es auch versehentliches Töten, das meine ich jetzt nicht, es geht um Gewaltverhältnisse, um Machtverhältnisse, das würde also heißen, daß es keine Tierversuche und all das gibt. Die Alltagsbarbarei hat eine Facettenbreite, ich würde Stunden brauchen, um das alles aufzuzählen, und wir wären immer noch nicht am Ende. Ich glaube, daß es durchaus eine Gesellschaft geben kann, in der eine gegenseitige Anerkennung da ist, bei Tieren natürlich nicht vernunftsmäßig wie bei uns, wir dürfen das jetzt nicht aus unserer Perspektive sehen, aber es gibt ein Wahrnehmen des Anderen. Und es gibt viele Beispiele von friedlichen und sehr empathischen Begegnungen zwischen Mensch und Tier. Dabei dürfen wir eins nicht vergessen, auch die Tiere entwickeln sich weiter, auch die Tiere sind sozusagen keine stagnierende Entität, sondern auch da passiert unheimlich viel.

Man darf auch nicht vergessen, daß wir nunmal Menschen sind und durch gesellschaftliche Arbeit die Natur ständig umformen, was ich auch nicht für das Problem halte. Es ist ja wohl ein riesiger Unterschied - und manchmal wird dieser Unterschied leider in den Debatten nivelliert -, ob ich irgendwo ein Feld anlege und Mohrrüben anpflanze oder ob ich eine Fabrik baue und weißen Phosphor produziere, um auf dem Gazastreifen tausende von Menschen zu massakrieren. Das ist ein gewaltiger Unterschied, den ich Ihnen nicht erklären muß! Es gibt so viele Formen der Umformung der Natur und da muß man eben sehen, daß es vielleicht auch die Möglichkeit gibt, eine Form zu finden, in der eben genau diese Koexistenz zu beiderlei Nutzen ist, so daß auch die Tiere von der Kreativität dieses Umgangs des Menschen mit der Natur Nutzen haben.

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Diskussionsteilnehmer mit den beiden Moderatoren

Ich glaube, daß Karl Marx recht hatte, als er sagte, daß der Mensch die Natur humanisieren muß, daß der Mensch sich aber auch naturalisieren muß. Und er hat ja gesagt, wenn diese beiden Prozesse deckungsgleich sind, wenn das übereinstimmt, dann haben wir Kommunismus. Und darauf hoffe ich, daß wir das eines Tages haben werden.

Astrid Buchholz (SB): Vielen Dank. Herr Sauerzweig-Strey, was ist Ihre Idee?

Holger Sauerzweig-Strey: Mir fällt es eigentlich schwer, dazu etwas zu sagen, aber ich gebe jetzt mal meine Position dazu ab. Wenn wir sehr utopisch gesagt haben, daß wir uns das vorstellen können, haben wir auch festgestellt, daß das ein sehr langwieriger Prozeß ist, der sich ja nicht kurzfristig umlegen läßt, denn dafür müßten wir die Gesellschaft, nicht nur hier in unserem Bereich, sondern weltweit ändern. Das wird sehr schwierig sein. Für mich selber wäre es erstmal ein gewisser positiver Effekt, wenn wir unsere Politiker dazu zwingen könnten, das umzusetzen, wozu sie eigentlich den Wählerauftrag haben.

Was dem Wunsch des Wählers nach tiergerechter Unterbringung und danach, dem Tier eine Stimme zu geben, angeht, haben wir ja den Tierschutz, den Paragraph 20 im Grundgesetz verankert, nach sehr langen Jahrzehnten des Gerangels hat man ihn dort eingeführt. Dem Tier dort auch eine Stimme zu geben, das heißt über die der Volksvertreter hinaus, auch über Organisationen, seien es die der Tierbefreier oder auch Tierschutzorganisationen, wo man ganz klipp und klar sagen kann, die Tiere erheben ihre Stimme über den Menschen, wäre für mich heute schon ein sehr weitreichender Fortschritt, wo ich sagen könnte, wir sind auf dem guten Wege, unsere Gesellschaft inhaltlich zu verändern.

Matthias Düking (SB): Frau Bujok, Ihre Stellungnahme.

Melanie Bujok: Ich kann mich den Ausführungen von Susann Witt-Stahl vollkommen anschließen und möchte vielleicht nur nochmal ergänzend etwas dazu sagen. Ich denke, man kann das Mensch-Tier-Verhältnis im Moment wie auch in der Zukunft nur negativ begründen, das heißt durch das, was alles wegfallen, was alles beendet werden muß. Und beendet werden muß natürlich jede intendierte, jede absichtsvolle Unterdrückung und hergestellte Unfreiheit von Menschen wie auch von Tieren. Ein Mensch-Tier-Verhältnis wie auch ein Verhältnis zwischen Menschen, was ich mir vorstellen und wünschen würde und wovon ich auch denke, daß es, wenn wir unsere Vernunft benutzen, umsetzbar ist, ist ein solches, wo Menschen wie Tiere ohne die Angst leben können, Opfer eines Herrschaftswillens und Opfer von Gewalt zu werden.

Matthias Düking (SB): Herr Bossenz.

Ingolf Bossenz: Also, ich sehe eine raub- und verwertungsfreie Koexistenz zwischen Mensch und Tier eigentlich ganz pragmatisch zunächst mal darin, daß man die Tiere schlicht und ergreifend in Ruhe läßt. Das heißt, man bewahrt, soweit es möglich ist, den Tieren die Lebensräume, in denen sie sich aufhalten, und was die Nutztiere betrifft heißt das, es kann sie dann nicht mehr geben! Denn alles andere ist keine raub- und verwertungsfreie Koexistenz. Die Befreiung von Tieren intendiert ja nicht, wie das manchmal in naiven Vorstellungen herrscht, daß nun plötzlich Millionen Schweine und Milliarden Rinder in der Welt frei rumlaufen, sondern es wird diese Tiere dann nicht mehr geben. Ich sehe darin aber im Unterschied zu anderen, die das lauthals beklagen, obwohl so eine Vorstellung natürlich nur in ganz weiter Ferne, wenn überhaupt, realisierbar ist, keinen Verlust. Denn der Gewinn, den man durch diese Verwertungsfreiheit hat, den halte ich für sehr viel größer. Eine gewaltfreie Koexistenz zwischen Mensch und Tier halte ich eigentlich nicht für möglich, weil es in sozialen Beziehungen zwischen Menschen und zwischen Mensch und Tier immer Gewalt geben wird, denn es geht letzten Endes natürlich und bis in alle Zeiten immer um den Kampf um Lebensräume. Daß aber diese Gewalt andere Formen annehmen kann, die sie heute nicht hat, das halte ich durchaus für machbar. Daß mit diesen Dingen natürlich gesellschaftliche Veränderungen verbunden sind, von denen ich mir derzeit überhaupt nicht vorstellen kann, wie sie vor sich gehen, ist eine damit zusammenhängende, schwierige Frage.

Matthias Düking (SB): Stefan Johnigk.

Stefan Johnigk: Ich finde den Gedanken sehr schön und auch durchaus als Wegweiser brauchbar, daß der Mensch ein bißchen zurücktritt, denn momentan nehmen wir Menschen uns extrem wichtig auf dieser Welt. Und worüber wir heute gesprochen haben, ist ja letztlich ein Produkt der Maßlosigkeit und der Gier der Menschheit, um es mal so global auszudrücken. Deshalb fängt meine Utopie auch da an, mir zu wünschen, daß die Menschheit sich selbst als Einheit begreift, daß die Menschen lernen, miteinander zu koexistieren jenseits aller ethnischen, religiösen, Gender- oder Nationalitätenschranken und zu einer organischen Einheit, einer Menschheit, zusammenwachsen, die dann auch in der Lage ist, aus einem hohen Maß an ethischer Verantwortung heraus in die zweite Reihe zurückzutreten und zu sagen: Wir lassen die Tiere in Ruhe. Wir haben es dann nicht mehr nötig, wir müssen dann nicht mehr von ihnen leben, wir können dann mit ihnen leben. Gut, dann werden wir uns von Pflanzen ernähren, aber das sind Umstellungen, die die Menschheit als Ganzes fordern, und das ist für mich auch eine sehr tröstliche Vorstellung, denn es würde auch alle Herrschaftsprobleme lösen. Dann würden wir nicht mehr über Herrschaftsstrukturen reden, sondern über eine Aufgabenteilung innerhalb der Menschheit unter Gleichberechtigten, die sich auf Augenhöhe begegnen. Und aus so einer freien Perspektive heraus ist es dann auch möglich zu sagen. "Ich verzichte darauf, Tiere zu nutzen." Das gibt uns die nötige Stärke, und ich denke, das ist eine sehr wünschenswerte Perspektive, der ich mich durchaus verpflichtet fühle.

Matthias Düking (SB): Daniel Kemper noch einmal.

Daniel Kemper: Ich muß leider auch sagen, daß es mir ziemlich schwerfällt, angesichts der zivilisationshistorischen Katastrophe, die sich weiterhin vollzieht, hinter den dunklen Wolken das strahlende Utopia zu erblicken. Und ich glaube auch, daß der Versuch aus diesen Gründen notwendigerweise fehlschlagen muß. Ich glaube, um noch einmal meine spezifische Position auch als Aktivist deutlich zu machen, daß das ein bißchen die Aporie der Praxis widerspiegelt, also das angesprochene Problem, sozial zu handeln, ohne sich den guten Zustand ausmalen zu können. Und ich muß auch sagen, daß das auch immer das Problem in sich birgt, daß diese sehr dezidierte und ausgemalte positive Bestimmung des ganz Anderen schnell in ihr Gegenteil umschlagen kann. Das hatte Herr Bossenz teilweise schon angedeutet und ich denke, daß in dem Moment, wo das "So-soll-es-sein", wo dieser Herrschaftsgestus sich wieder Bahn bricht, sich natürlich eine ganz große Gefahr auftut. Ich will mich jetzt nicht wiederholen und dazu neigen, das ganze Thema zu negativ anzugehen, also die Bestimmung durch die Abwesenheit bestimmter Zustände zu beschreiben, von denen ich mit Sicherheit sagen kann, daß sie nicht mit einer Emanzipation oder mit einer befreiten Gesellschaft vereinbar sind, wie beispielsweise der Warencharakter von Lebewesen, von Menschen und Tieren, oder das Faktum des Eingesperrtseins oder ähnliches.

Vielleicht kann man das auch, um noch ein bißchen mehr Input zu geben, dahingehend beschreiben, daß bei Abwesenheit eben solcher Vernunftformen, die in der bürgerlichen Gesellschaft oder mithin eigentlich die gesamte Zivilisationsgeschichte hindurch praktiziert wurden wie beschrieben, sich kritische Vernunft dahin setzt, wo zivilisationsgeschichtlich bislang die instrumentelle Vernunft, also der Umgang mit der Umwelt in einem absolut verdinglichenden Verhältnis, gethront hat.

Aber mehr will ich auch nicht ausführen, glaube aber, daß sich viele Probleme, die hier aufgezeigt und teilweise angeschnitten wurden und die dann immer auf so ultimative Aporien hindeuten wie: "Ja was machen wir dann mit den 5 Milliarden Tieren?" sich vom jetzigen Punkt aus natürlich nicht wirklich lösen lassen. Da habe ich dann eher die Vermutung - vielleicht kann man es auch ein bißchen die Hoffnung nennen, ich würde ich es aber doch lieber auf die Vermutung beziehen -, daß solche Probleme natürlich unter anderen historischen und sozialen Bedingungen anders behandelt werden könnten. Eine andere Bedingung wäre vor allem das Wollen, in diesem Fall das ernsthafte Interesse der Menschheit, sich kritisch und umstürzend mit der Situation der Tiere zu befassen; von daher brauche ich mich solchen Problemen auch erstmal nicht zu stellen. Die Abwesenheit von Ausbeutung, von intendierter Gewalt sind Faktoren, die definitiv Charakteristika der Utopie sind, wenn man sie so bezeichnen will.

Astrid Buchholz (SB): Vielen Dank. Ich fand das als Schlußrunde durchaus noch einmal sehr aufschlußreich. Im übrigen fand ich die gesamte Diskussions- und Gesprächsrunde, die wir hier heute beim Thementreff hatten, ausgesprochen anregend und würde mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken wollen für das angeregte Im-Gespräch-Sein, das Auch-Miteinander-Kontrovers-Diskutieren und das Nicht-Darauf-Verzichten, die eigene Position zu sagen, zu wiederholen und zu erläutern und auch von Zeit zu Zeit zu hinterfragen. Vielen Dank.

Matthias Düking (SB): Auch ich bedanke mich im Namen der Redaktion Schattenblick bei Holger Janke, Pastor in Hamburg, Susann Witt-Stahl, Publizistin und Tierrechtlerin aus Hamburg, Holger Sauerzweig-Strey vom deutschen Tierschutzbund Schleswig-Holstein, bei Melanie Bujok, Sozialwissenschaftlerin an der Universität Bielefeld, bei Ingolf Bossenz vom Neuen Deutschland, Stefan Johnigk von PROVIEH und bei Daniel Kemper, Tierrechtler und Soziologiestudent in Hamburg. Vielen Dank.

Technischer Leiter Studioinhaber Gerald Klöpfer

Technischer Leiter Studioinhaber Gerald Klöpfer


21. März 2009