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INSEKTEN/172: Falscher Wespenalarm - Unkenntnis bedroht Artenvielfalt (Ökologie-Forum.de)


Ökologie-Forum.de - Institut zur Förderung der Kenntnis ökologischer Zusammenhänge - 20. Juli 2010

Unkenntnis bedroht Artenvielfalt

"Wespenalarm"


Aktuell werden Imker vermehrt gerufen, weil es angeblich Wespen auf dem Grundstück gibt. So geschehen in einer Grundschule in St. Augustin. Dort würden zwischen den Steinplatten auf dem Weg Wespen nisten, einige Kinder seien auch schon gestochen worden, hieß es. Tatsächlich handelte es sich aber um Bienenwölfe, also um solitäre Grabwespen. Diese sind zwar auch schwarz-gelb, im Übrigen aber völlig harmlos, dürften nicht einmal in der Lage sein, durch die menschliche Haut zu stechen. An günstigen Stellen legen mehrere Weibchen ihre Nester an, so dass ein reges Treiben herrscht.

J.-H. Fabre, ein großer Entomologe des 19. Jahrhunderts, hätte solch eine Gelegenheit sicherlich genutzt, um seine Klassen zu Verhaltensbeobachtungen an diesen interessanten Tieren anzuregen. Die Schüler hätten aus eigener Anschauung einiges über das Nestbauverhalten und die Brutfürsorge des Bienenwolfes lernen können, eventuell auch zur Orientierung und zum Beutefang-Verhalten. Heute wird stattdessen beim Auftauchen schwarz-gelber Insekten sofort Panik verbreitet, weil die Lehrer weder zuhause noch in der Ausbildung heimische Arten kennen gelernt haben.

Aber auch Privatleute sind nicht besser. So wurde aktuell festgestellt, dass bei einer kleinen Bienenwolf-Kolonie am Paulusplatz in Tannenbusch augenscheinlich wiederholt Tiere mit Gift umgebracht wurden. Wenn wir alles totspritzen, was wir nicht kennen, dann haben wir unsere Vielfalt bald ganz vernichtet. Als ich 1992 eine Familie erlebte, die auf dem Waldweg einen Mistkäfer sah und die Frau rief: "Iiiih, das ist bestimmt ein Borkenkäfer, schnell tritt's tot!", hielt ich das für eine traurige Ausnahme. Heute scheint diese Unkenntnis der Normalfall zu sein.

Damit nicht unnötig Tiere umgebracht werden, hier mein dringender Appell an alle Mitbürger: Finger weg von der Giftspritze! Wenn Sie sich bedroht fühlen, rufen Sie einen Fachmann. Dieser kann feststellen, ob wirklich eine Gefahr besteht und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen.

Nutzen Sie darüber hinaus die Möglichkeit, bei Führungen von Ökologie- Forum.de die heimische Artenvielfalt kennen zu lernen! Auch für Lehrer gibt es ein entsprechendes Angebot. Details finden Sie unter www.oekologie-forum.de oder in den Ökoterminen.

Gerne dürfen Sie unser Angebot weiterempfehlen.


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Quelle:
Ökologie-Forum.de, 20.07.2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Juli 2010