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VÖGEL/850: Bekassine ist "Vogel des Jahres" - Bestandsrückgang durch Verlust von Feuchtwiesen (NABU TH)


NABU Landesverband Thüringen - Jena, 11. Oktober 2012

Die vom Aussterben bedrohte Bekassine ist "Vogel des Jahres 2013"

Verlust von Feuchtwiesen in Thüringen führen zum Bestandsrückgang der Bekassine



Wegen ihres lautstarken Balzflugs wird die Bekassine gern "Meckervogel" genannt. Grund sich zu beschweren, hat der taubengroße Schnepfenvogel mit dem beige-braunen Felderkleid und dem markanten Schnabel allemal. Denn mit dem Verlust von Mooren und Feuchtwiesen schwindet auch sein Lebensraum.

Die Bekassine (Gallinago gallinago) ist nun vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) und dem Landesbund für Vogelschutz (LBV), NABU- Partner in Bayern, zum "Vogel des Jahres 2013" gekürt. Sie ist akut vom Aussterben bedroht. Denn nur noch 5.500 bis 6.700 Brutpaare leben heute in Deutschland - und das ist etwa die Hälfte des Bestandes von vor 20 Jahren. Die Bekassine soll ihrerseits als Botschafterin für den Erhalt von Mooren und Feuchtwiesen werben.

Laut ADEBAR-Kartierung von 2005-2009 kommen in Thüringen heutzutage zwischen 80 bis 100 Brutpaare vor. "In den achtziger Jahren wurde der Bestand noch auf bis zu 170 Brutpaare geschätzt. Heute findet man die Bekassine hauptsächlich auf den feuchten Wiesen im Thüringer Wald, im Werratal und an wenigen anderen Gewässern mit sich anschließenden Feuchtwiesen", sagt Klaus Lieder, der Vorsitzende des Landesfachausschusses Ornithologie im NABU Thüringen.

"Der Bestandsrückgang ist vor allem durch den Verlust von Feuchtwiesen zu erklären. Flächen werden entwässert, Grünland wird umgepflügt und darauf Ackerkulturen, wie zum Beispiel Mais, angebaut," zeigt sich Lieder besorgt.

Lieder führt weiter aus: "Positive Entwicklungen für den Bestand der Bekassine sind vor allem dort zu verzeichnen, wo Wiesenflächen vernässt werden und gleichzeitig extensive ganzjährige Beweidung betrieben wird. Beispiele hierfür sind die Teichwiesen bei Stressenhausen oder die Weidelandschaft bei Crawinkel. In Stressenhausen konnten mittlerweile 5 Brutpaare festgestellt werden und in Crawinkel 3 Paare. Ein weiteres positives Beispiel ist die Sanierung des Frießnitzer Sees im Landkreis Greiz. Um den Bestand der Bekassine dort zu fördern, möchte der NABU die angrenzenden Feuchtwiesen zukünftig mit Wasserbüffeln beweiden. Der Bestand von momentan nur einem Brutpaar soll wieder wie früher auf 3 bis 4 Brutpaare angehoben werden."

Der landwirtschaftlich verursachte Biotopschwund, der laut NABU für das allmähliche Aussterben der Bekassine verantwortlich ist, trifft auch viele weitere Vogelarten, darunter nahe Verwandte wie den Großen Brachvogel oder die Uferschnepfe. Von der Politik erwartet der NABU daher einen konsequenten Schutz für alle Arten von Feuchtwiesen und Mooren.

Wiesen und Weiden zu erhalten und wieder zu vernässen sei zudem ein sehr effizienter Beitrag zum Klimaschutz. Der NABU bemängelt, dass heute 95 Prozent der heimischen Moore zerstört sind und 90 Prozent des Grünlandes in Deutschland intensiv bewirtschaftet werden. Auch die Jagd macht dem Schnepfenvogel zu schaffen. Allein in der Europäischen Union werden jährlich über eine halbe Million Bekassinen geschossen. Damit müsse endlich Schluss sein. Die Art gehört in der gesamten Europäischen Union dringend ganzjährig unter Schutz gestellt.

NABU und LBV verfolgen seit Jahren die Strategie des Flächenkaufs für den Naturschutz und übernehmen die fachkundige Betreuung von Schutzgebieten. Dadurch konnten bereits viele Gebiete als Lebensräume für den Vogel des Jahres 2013 gerettet werden. Darüber hinaus kann aber auch jeder Einzelne zum Schutz der Bekassine beitragen, indem er torffreie Blumenerde verwendet - so die Verbände.

Zusatzinfo:
In Deutschland ist die Bekassine am häufigsten noch in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg anzutreffen. Ursprünglich war sie in ganz Mitteleuropa vom Tiefland bis in mittlere Höhen in größerer Zahl vertreten. Seit einigen Jahrzehnten gehen die Bestände aber fast überall dramatisch zurück. Für Europa schwanken aktuelle Schätzungen zwischen 930.000 und 1,9 Millionen Brutpaaren. Zwei Drittel des mitteleuropäischen Bestandes von etwa 24.000 bis 45.000 Paaren leben in Polen. Die meisten in Deutschland heimischen Brutvögel sind Kurzstreckenzieher. Sie verbringen den Winter in Südfrankreich, Spanien und Portugal.

Ein zentrales Merkmal der Bekassine ist der spektakuläre Balzflug der Männchen mit einem lautstarken "Wummern", das wie Meckern klingt. Der Laut entsteht während des Sturzflugs durch den Wind, wenn der Vogel seine beiden äußeren Schwanzfedern abspreizt. Die Männchen steigen auf meist 50 Meter Höhe in scharfem Zickzack steil auf, um dann jäh zur Seite abzukippen. Dieser Kunstflug ist besonders gut von März bis Mai zu beobachten. Der mit sieben Zentimetern überproportional lange und gerade Schnabel ist ihr auffälligstes äußeres Kennzeichen. Mit ihm stochern Bekassinen tief im weichen Boden herum, um Kleintiere zu orten und zu ertasten. Neben Würmern, Schnecken und Insekten stehen auch Sämereien und Beeren auf ihrem Speiseplan.

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Quelle:
Pressemitteilung, 11.10.2012
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Thüringen
Leutra 15, 07751 Jena
Tel. 0 36 41/60 57 04, Fax 0 36 41/21 54 11
E-Mail: LGS@NABU-Thueringen.de
Internet: www.NABU-Thueringen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Oktober 2012