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AKTION/617: Über 300 Organisationen fordern sofortige Stilllegung von AKW und Brennelementefabrik Lingen (BBU)


Gemeinsame Pressemitteilung
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU)
Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges - Ärzte in sozialer Verantwortung (IPPNW)
Elternverein Restrisiko Emsland
Arbeitskreis Umwelt (AKU) Schüttorf
Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen
Arbeitskreis Umwelt (AKU) Gronau
AntiAtomBonn
Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg
Contratom
Robin Wood

Lingen/Münster/Bonn/Berlin, 2. Februar 2018

Mehr als 300 Initiativen, Verbände und Parteien fordern:
"AKW und Brennelementefabrik Lingen sofort stilllegen" - Brennelementexporte müssen gestoppt werden


304 Initiativen, Verbände und Parteigliederungen unterstützen mittlerweile die Resolution "Atomstandort Lingen nicht länger tolerieren - AKW "Emsland" und Brennelementefabrik Lingen sofort stilllegen". Angesichts der grenznahen Lage des Atomkraftwerks sowie der heftig umstrittenen Brennelementexporte zu Pannenreaktoren in Belgien und Frankreich unterstützen auch Initiativen aus den Niederlanden, Belgien und Frankreich die Ende 2014 gestartete Resolution. Die Unterstützer erwarten, dass die neue Bundesregierung und die niedersächsische Landesregierung sowohl das altersschwache Atomkraftwerk wie auch die Brennelementefabrik umgehend stilllegen. Zwei Gutachten für das Bundesumweltministerium bestätigten vor kurzem, dass auch die Brennelementefabrik rechtssicher stillgelegt werden kann. Die Lingen-Resolution findet sich im Anhang dieser PM.

"Das AKW Emsland ist nun fast 30 Jahre am Netz und damit ziemlich in die Jahre gekommen, die Brennelementefabrik beliefert immer wieder Atomkraftwerke wie Tihange, Doel, Cattenom und Fessenheim, die vor allem für schwerwiegende Pannen und gravierende Sicherheitsmängel bekannt sind - es gibt keinen Grund, warum diese beiden Atomanlagen weiter betrieben werden sollten. Der Atomausstieg muss jetzt auch im Emsland unverzüglich umgesetzt werden," forderte Christina Burchert vom Arbeitskreis Umwelt (AKU) Schüttorf.

Am nächsten Dienstag, 6. Februar, findet um 16 Uhr eine Mahnwache vor der Düsseldorfer Staatskanzlei statt, weil NRW-Ministerpräsident Armin Laschet für die CDU in den Koalitionsverhandlungen die zukünftige Atompolitik in Deutschland - also auch in Lingen - maßgeblich mitbestimmt. Noch letzten Sommer hatte Laschet dabei einen Exportstopp für Brennelemente von Lingen nach Tihange und Doel gefordert, dies aber bis jetzt in die Koalitionsverhandlungen mit der SPD nicht eingebracht. Von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ist zur Atompolitik gar nichts zu hören.

Kritik an Brennelementexporten von Lingen nach Belgien, Frankreich und Finnland

Zugleich kritisieren die Initiativen und Verbände scharf, dass Deutschland in den letzten Monaten nicht nur Pannenreaktoren in Belgien und Frankreich beliefert hat, sondern nun auch den neuen finnischen Reaktor Olkiluoto 3 aus Lingen mit frischen Brennelementen zur Inbetriebnahme versorgt. Schon jetzt ist das AKW durch gravierende Baupannen und finanzielle Schwierigkeiten ein Skandalreaktor und sollte auf keinen Fall ans Netz gehen. Mit den entsprechenden Exportgenehmigungen für Olkiluoto 3 hat die Bundesregierung erneut das Gefahrenpotenzial eines schweren Reaktorunglücks in Europa erhöht. Zudem befürchten Atomkraftgegner, dass schon bald wieder neue Exportgenehmigungen für Tihange, Doel, Cattenom und Fessenheim erteilt werden könnten. Erst gestern waren neue schwere Sicherheitsmängel beim AKW Tihange 1 bekannt geworden.

Brennelementefabrik Lingen hat neuen Besitzer: EDF - Framatome

Zum Jahreswechsel haben sich in Lingen auch die Besitzverhältnisse an der Brennelementefabrik geändert: Das französische Staatsunternehmen AREVA wurde aufgrund zahlreicher Skandale und finanzieller Schwierigkeiten aufgelöst. Die Brennelementefabrik gehört jetzt zur wiederbelebten französischen Atomfirma Framatome, die zu 75,5% dem staatlichen französischen AKW-Betreiber EDF (Fessenheim, Cattenom, ...) gehört. Den Rest teilen sich Mitsubishi Heavy Industries sowie Assystem. Auch mit der neuen Besitzerstruktur bleibt die Brennelementefabrik also primär ein französisches Staatsunternehmen, das sich - geduldet und unterstützt von der deutschen Politik -voll und ganz einer atomaren Zukunft für Europa widmet.

Raute


Lingen-Resolution
Atomstandort Lingen nicht länger tolerieren!
AKW "Emsland" und Brennelementefabrik Lingen sofort stilllegen

Lingen ist ein international bedeutender Atomstandort im Emsland. Noch bis 2022 soll das AKW Lingen II ("Emsland") weiterlaufen, die benachbarte Brennelementefabrik von Areva sogar zeitlich unbefristet. Von Atomausstieg ist in Lingen keine Spur. Doch beide Atomanlagen sind inzwischen altersschwach, die Brennelementefabrik musste 2014 wegen altersbedingter Materialermüdung sogar teilweise stillgelegt werden. Atomanlagen gefährden die Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar - das gilt erst recht, wenn sie altersschwach sind!

In Lingen wird zudem ständig neuer Atommüll produziert - darunter abgebrannte hochradioaktive Brennelemente. Doch eine sichere Entsorgung steht in den Sternen. Zudem gefährden die internationalen Urantransporte von und zur Brennelementefabrik die Menschen an den Transportwegen. Erschreckend waren auch die Ergebnisse einer völlig fehlgeschlagenen und geheim gehaltenen Katastrophenschutzübung in Lingen 2013, bei der Bund und Länder einen Super-GAU im AKW Emsland simuliert haben. Dabei wurde erneut deutlich, dass eine Reaktorkatastrophe verwaltungstechnisch nicht beherrschbar ist. Die Bevölkerung wäre vor der radioaktiven Wolke nicht rechtzeitig gewarnt worden. Schwere gesundheitliche Schäden, zahlreiche Todesfälle und generationsübergreifende Gesundheits- und Umweltschäden wären die Folge gewesen.

Was muss noch passieren? In Lingen wird mehr als deutlich, wie gefährlich die Atomenergie ist. Eine weitere Nutzung wäre völlig unverantwortlich, offensichtliche Sicherheitsprobleme dürfen nicht länger kleingeredet werden. Die Altersprobleme der Atomanlagen in Lingen werden sich in Zukunft naturbedingt verstärken. Das wollen wir nicht hinnehmen. Wir kommen ohne Atomstrom aus und wollen nicht, dass aus Deutschland auch in Zukunft Brenn-elemente für den Betrieb von Atomkraftwerken in anderen Ländern exportiert werden. Wer aus der Atomenergie in Deutschland aussteigen will, muss auch die Brennelementeproduktion stoppen. Dass das möglich ist, wurde bereits vor 25 Jahren mit der Stilllegung der hessischen Brennelementefabriken in Hanau bewiesen. Wir fordern deshalb von der niedersächsischen Landesregierung und der Bundesregierung die sofortige Stilllegung des AKW Emsland sowie der Brennelementefabrik Lingen.

Die Zeit für einen echten Atomausstieg ist auch im Emsland mehr als reif!

Anmerkung: Mehrere belgische Organisationen unterstützen seit Ende 2017 die Lingen Resolution, wobei sie ergänzend betonen, dass eine Versorgung durch 100% erneuerbare Energien realisiert werden soll. Dabei weisen sie auf die Notwendigkeit eines sozialverträglichen Wechsels hin. Neue Arbeitsplätze für alle Arbeiter[innen] der Nuklear-Betriebe in Lingen, Gronau und der anderen Nuklearanlagen sind zu schaffen. Die entsprechenden belgischen Organisationen sind hinter dem Namen der Organisation mit (XXX) gekennzeichnet. (Vermutlich hätten auch die anderen UnterstützerInnen der Lingen-Resolution diese Forderungen mitgetragen, wenn sie von Anfang an Gegenstand der Lingen-Resolution gewesen wären. Nachträglich ist es nicht möglich, den Text der Resolution (aus dem Jahr 2014) zu verändern.

Die Resolution wurde am 26. November 2014 (unterzeichnet von 59 Organisationen) an den nie-dersächsischen Umweltminister Stefan Wenzel und an Bundesumweltministerin Barbara Hendricks gesendet. Am selben Tag erhielt der Oberbürgermeister von Lingen (Dieter Krone) eine Kopie und die Presse wurde über die Resolution informiert. Am 2. März 2016 wurde die Resolution erneut Umweltminister Wenzel übermittelt. Weitere Initiativen und Verbände sind gebeten, sich der Resolution anzuschließen. Seit der Initiierung dieser Resolution kam es in Lingen immer wieder zu Störfällen. Bekannt wurden u. a. "meldepflichtige Ereignisse" beim AKW Lingen 2 am 3. April 2015, am 18. November 2015 und am 4. Januar 2018, sowie in der Brennelementefabrik am 3. Februar 2016 und am 10. Mai 2017.

Kontakt für Informationen und weitere Unterstützungserklärungen:
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), Vorstandsmitglied Udo Buchholz, Siedlerweg 7, 48599 Gronau, 02562-23125, udo.buchholz@bbu-bonn.de



Weitere Infos:
www.ippnw.de, www.sofa-ms.de,
www.antiatombonn.de, www.bbu-online.de,
www.urantransport.de

Den jeweils aktuellen Stand der UnterstützerInnenliste findet man unter http://bbu-online.de
Direktlink: http://bbu-online.de/AK%20Energie/Aktuelles%20AK%20Energie/Lingen-Resolution%202018.pdf

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Quelle:
BBU-Pressemitteilung, 02.02.2018
Herausgeber:
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) e.V.
Prinz-Albert-Str. 55, 53113 Bonn
Tel. 0228/21 40 32, Fax.: 0228/21 40 33
Internet: www.bbu-online.de
Facebook: www.facebook.com/BBU72


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Februar 2018

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