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DEBATTE/031: Umwelttagung der Uni Hohenheim - "Energiepflanzen müssen nachhaltig angebaut werden" (idw)


Universität Hohenheim - 16.02.2012

38. Umwelttagung der Universität Hohenheim: "Energiepflanzen müssen nachhaltig angebaut werden"

Pressekonferenz Akademie für Natur- und Umweltschutz & Universität Hohenheim veröffentlicht Diskussionspapier / Detailinfo unter www.uni-hohenheim.de/presse


Der aktuelle Boom von Energiepflanzen darf nicht zulasten von Ernährungssicherung und Umwelt gehen: So lautete das Credo auf der Pressekonferenz zur heutigen Umwelttagung von Universität Hohenheim und Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg. Bis zum frühen Abend diskutieren über 130 Experten aus Wissenschaft, Politik und NGOs verschiedene Wege dorthin und offene Fragen mit weiterem Forschungsbedarf. Das Motto der Fachtagung: "Im Spannungsfeld zwischen Energie, Ernährung, Klimaschutz und Biodiversität: Biomasseerzeugung nachhaltig entwickeln". Detailergebnisse werden auf der Homepage der Universität und der Umweltakademie publiziert.

In Baden-Württemberg nimmt Biomasse mit 71,7% Anteil am Endenergiebeitrag aller erneuerbaren Energien (Jahr 2010) noch eine führende Stellung unter den Erneuerbaren Energien ein. Nicht nur Wind- und Sonnenenergie sowie Wasserkraft sind vielversprechende Methoden zur umwelt- und klimafreundlichen Energieversorgung, auch Biomasse ist heutzutage ein wichtiger und vielseitiger Energieträger. Doch: die momentanen Anbausysteme für Energiepflanzen - vor allem Mais - verursachen eine Reihe von Nachteilen, unter anderem die Auslaugung der Böden und negativen Einfluss auf die Artenvielfalt.

Gleichzeitig stehe der zunehmende Anbau von Energiepflanzen immer mehr in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion, bekräftigen Referenten auf dem Umwelttag. Dies gelte vor allem in Entwicklungsländern. Die Lage verschärfe sich, da der Import von Biomasse aus solchen Ländern aufgrund geringerer Umweltstandards und der Übernutzung humaner und ökologischer Ressourcen meist ökonomisch günstiger als der Biomasseanbau in der EU sei. Spätestens seit der Ernährungskrise 2008 mit über 1 Mrd. hungernder Menschen sei deutlich geworden, dass sich die Hoffnungen in den Agrarrohstoffsektor nicht bestätigen und die rasante Entwicklung Kehrseiten hat, die uns vor große Herausforderungen stellt. Allein 2007 wurden fast 100 Mio. Tonnen Getreide (5% der weltweiten Nachfrage) vom Lebensmittelmarkt abgezogen und für den Energiebedarf verwendet.


Universität Hohenheim besitzt besonders hohes Potential zur Problemlösung

"Die Herausforderung ist hoch", erklärte Claus-Peter Hutter, Leiter der Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg. Allerdings biete gerade die Universität Hohenheim die besondere Chance, die Forschungsergebnisse und Erfahrungen im Konfliktfeld Landnutzung für die Ernährungssicherung einerseits und der Energievorsorge anderseits auszutauschen. Eine besondere Aufgabe stellt nach Hutter dabei die Ausrichtung auf eine nachhaltige Produktion und die dafür nötige Wissensvermittlung dar.

"Es ist gerade diese Herausforderung, der wir uns in besonderem Maße stellen wollen", pflichtete der Rektor der Universität Hohenheim, Prof. Dr. Hans-Peter Liebig bei. Dank ihrem besonderen Forschungsprofil sei die Universität Hohenheim bundesweit dafür am besten aufgestellt: "Die Schwerpunkte Nachhaltigkeit, Ernährungssicherung, Bioenergie und Klimawandel gehören zu den traditionellen Säulen der Forschung an der Universität Hohenheim. Ausdruck finden sie unter anderem in drei wissenschaftlichen Zentren: dem Tropenzentrum, dem Food Security Center und dem Zentrum für Bioenergie und Nachwachsende Rohstoffe, an denen sich insgesamt rund 70 Professoren engagieren."


Forderung nach effizienten Anlagen, alternativen Energiepflanzen und zertifiziertem Import

Nach wie vor besitze Biomasse ein ausbaufähiges Potential. Um die Nachhaltigkeit zu erhöhen sei es allerdings notwendig, die Effizienz der Anlagen zu verstärken, heißt es im Diskussionspapier der Umwelttagung.

Hier leisten die Forschungsbiogasanlage der Universität Hohenheim und das Zentrum für Bioenergie und nachwachsende Rohstoffe Pionierarbeit. Nach Hohenheimer Forschung können sowohl die direkte Stromgewinnung aus Biogas in Kraft-Wärme-Kopplungs (KWK)-Anlagen als auch die Nutzung von Biogas, das zu Biomethan aufbereitet wird, zur Reduktion des Treibhauspotenzials beitragen. Die Biogaserzeugung in Gülleanlagen besitzt die Zusatzvorteile, dass so eine mögliche Eutrophierung oder Versauerung von Boden und Gewässern durch Gülle verringert wird. Hierbei ist insbesondere die Sonderstellung der Biogasproduktion in kleinen Gülleanlagen zu beachten, die - bei geschlossenen Gärrestlagern - erhebliche Mengen an klimarelevanten Emissionen aus der konventionellen Güllelagerung (in offenen Lagerbehältern) vermeidet und deshalb im Vergleich zu anderen NawaRo-Anlagen ein deutlich erhöhtes Einsparpotenzial zeigt.

Ein Ansatz für eine nachhaltige Biomasseproduktion in Baden-Württemberg seien zum Beispiel Wildpflanzenmischungen, welche die bisher vor allem durch Mais geprägte Biogasproduktion ergänzen. Durch solche Wildpflanzenmischungen ließen sich Mais-Monokulturen vermeiden und die Artenvielfalt fördern. Um die Barriereeffekte für Wildtiere bei großflächigen Monokulturen zu minimieren, gilt es Schneisen anzulegen, welche auch einen neuen Lebensraum für etwa Feldlerchen und eine Durchgängigkeit für viele wandernde Säugetiere wie Feldhasen bieten.

Mit Blick auf den globalen Handel seien verbindliche Standards für importierte Biokraftstoffe und flüssige Brennstoffe und entsprechende Zertifikate erforderlich, um das Spannungsfeld zwischen ausreichender Nahrungsmittelproduktion mit der zunehmenden Nachfrage nach Energie zu entschärfen, so eine weitere Forderung, welche die Wissenschaftler und Praktiker bei der Tagung gefasst haben.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-hohenheim.de/uploads/media/Diskussionspapier_Hohenheimer_Umwelttagung_2012.pdf "Diskussionspapier"

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news463835

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution234


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Hohenheim, Florian Klebs, 16.02.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Februar 2012