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STADT/227: Der Protest gegen das Projekt Mediaspree zur Bebauung des Spreeufers (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 153 - Dezember 2009 / Januar 2010
Die Berliner Umweltzeitung

Mediaspree - Ruhe vor dem Sturm?
Stadtentwicklung mit dem Taschenrechner

Von Martin Sprenger


Der Protest gegen die Bebauung des Spreeufers (Projekt Mediaspree) kam in den letzten zwei Jahren so gut wie nie zur Ruhe. Zuletzt herrschte jedoch eher Flaute, sodass man sich schon zu fragen begann: Wie jetzt? Geben Investoren und Senat schlussendlich doch klein bei und überlassen das wirtschaftlich so attraktive Flussufer im Berliner Stadtzentrum nun doch den Bürgern? Mitnichten!

Doch vorab eine kurze Zusammenfassung der Sache für diejenigen, die nicht mehr oder noch nicht im Bilde sind.

Wasser ist schön, Wasser ist Prestige

Mediaspree ist ein Zusammenschluss von Investoren, die mit ihren jeweiligen Vorhaben das derzeit wohl ehrgeizigste Bauprojekt in Berlin verfolgen.

Geplant ist die großflächige Bebauung des Spreeufers der Stadtteile Friedrichshain, Kreuzberg und Alt-Treptow. Neben der Ansiedlung von Kommunikations- und Medienunternehmen sollen hier künftig Hotels, Bürogebäude und Eigentumswohnungen entstehen - das alles mit Spreeblick und für zahlungskräftige Kunden. Die Pläne dafür existieren schon seit den 90er-Jahren, wurden aber erst zum Teil umgesetzt. Prominente Beispiele für eine erfolgreiche Umsetzung sind die Megaveranstaltungshalle O2-World, die Deutschlandzentrale von Universal Music, MTV Central Europe, die Treptowers und die ver.di-Bundeszentrale.

Laut Investoren ist das Projekt eine wirtschaftliche und kulturelle Chance für den Osten Berlins. Kritikwürdig? Aber hallo! Jedenfalls für die Gegner von Mediaspree.

Aushängeschild und Wortführer ist hierbei die Bürgerinitiative Mediaspree Versenken!. Sie definiert die Hauptkritikpunkte wie folgt: Durch Privatisierungen werde das Spreeufer für die Öffentlichkeit unzugänglich gemacht. Alternative Kulturprojekte müssten den Neubebauungen weichen. Das natürliche Spreeufer werde infolge der Umstrukturierungen verschwinden. Und im Zuge der sogenannten Gentrifizierung würden Anwohner durch steigende Miet- und Unterhaltskosten vertrieben.

Gefordert wird hingegen eine nichtkommerzielle, alternative und für jeden frei zugängliche Nutzung des Flussufers.

Rechnung ohne den Wirt

Auf Flaute folgt ja bekanntlich Wind. Auf der offiziellen Homepage von Mediaspree versenken! wird vermeldet: Der Ausverkauf der Spreeufer geht in die nächste Runde!

So verhandelt zum Beispiel Stefan Sihler, Modeunternehmer und Sprecher der Interessengemeinschaft Mediaspree, bereits mit dem Senat über den Verkauf zweier Grundstücke auf dem Behala-Gelände im Osthafen. Dies geschieht unter komplettem Ausschluss der Öffentlichkeit. Am 13. Juli 2008 zeigte diese ja ihre Meinung sehr deutlich, als bei einem Bürgerentscheid in Friedrichshain-Kreuzberg 87 Prozent der Wähler gegen die Hochhausbebauung eines 50 Meter langen Uferstreifens stimmten. Laut Mediaspree versenken! betreibe der Senat weiterhin "Stadtentwicklung mit dem Taschenrechner."

Doch mache man die Rechnung bitteschön nicht ohne den Wirt. Also Ring frei für die nächste Runde, wenn es mal wieder heißt: Mediaspree versenken! und Spreeufer für alle!

www.ms-versenken.org
www.spreeufer-fuer-alle.de


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Quelle:
DER RABE RALF - 20. Jahrgang, Nr. 153, Dezember 2009/Januar 2010, S. 6
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 230, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
Tel.: 030/44 33 91-47, Fax: 030/44 33 91-33
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Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de

Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
Abonnement: 10 Euro/halbes Jahr


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Januar 2010