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STADT/285: Berlins Grüne Lungen, Teil 9 - Parkanlagen in Tempelhof-Schöneberg (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 158 - Oktober/November 2010
Die Berliner Umweltzeitung

Berlins Grüne Lungen
Teil 9: Parkanlagen in Tempelhof-Schöneberg

Von Christoph Vinz


Heute sollen drei sehr unterschiedliche, gleichzeitig aber ähnliche Parkanlagen im Bezirk vorgestellt werden. Während zwei der Grünanlagen schon älteren Datums sind, ist der Naturpark auf dem Schöneberger Südgelände ein Projekt der Expo 2000. Alle hier beschriebenen Anlagen besitzen neben ihren grünen Schönheiten kleinere und größere Zeugnisse der Vergangenheit, die es zu entdecken gilt.


Heinrich-von-Kleist-Park

Schon vor mehr als 200 Jahren gab es an diesem Ort in Schöneberg einen botanischen Garten, der ab 1801 nach damals gültigen Prinzipien gestaltet wurde. In unmittelbarer Nachbarschaft entstand das Königliche Botanische Museum, und der als Dichter mehr bekannte Adelbert von Chamisso ging hier 1819/39 seiner Tätigkeit als "Pflanzenaufseher" nach. Als der Grünraum schließlich nicht mehr ausreichte, entschloss man sich, 1899-1910 einen neuen botanischen Garten in Dahlem anzulegen.

Dennoch konnte in Schöneberg trotz voranschreitender Bebauung etwa die Hälfte des einstigen Gartens erhalten werden. Anlässlich des 100. Todestages Kleists wurde am 21. November 1911 der alte botanische Garten in "Heinrich-von-Kleist-Park" umbenannt. Noch heute besitzt dieser Park einige wertvolle Baumbestände aus jener Zeit. Seit 2007 wurde die Anlage denkmalgerecht instandgesetzt und ist jetzt eine kleine Perle an der Potsdamer Straße.

1910 wurden die historischen Königskolonnaden (1780) vom Alexanderplatz an den Parkzugang Potsdamer Straße versetzt. Bei genauer Betrachtung können noch heute Einschusslöcher von 1848 entdeckt werden. Die Kolonnaden stehen in Sichtbeziehung zum 1909/13 errichteten früheren Preußischen Kammergericht. 1944 verurteilte hier der sogenannte Volksgerichtshof den Hitler-Attentäter Graf Stauffenberg zum Tode. Das Gebäude war nach 1945 Sitz des Alliierten Kontrollrats, 1971 Ort der Unterzeichnung des Viermächteabkommens und beherbergt heute den Berliner Verfassungsgerichtshof und die Berliner Generalstaatsanwaltschaft.

Im recht überschaubaren Park (7,5 Hektar) mit seinen langgestreckten Rasenflächen und Rabatten stehen zwei Skulpturen von Wilhelm Christian Meyer (1770/80) und der monumentale "Rossebändiger", der einst vor dem Berliner Schloss seinen Standort hatte.

An der Südseite des Parks erhebt sich bis heute das eingangs erwähnte "Haus am Kleistpark". Nach dem Umzug des früheren Museums nach Dahlem wurde hier die "Staatliche Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen" eingerichtet. Noch immer ist wenig bekannt, dass eigentlich an diesem Ort die Keimzelle des deutschen Naturschutzes war.

Potsdamer Straße, Ecke Elßholzstraße, 10781 Berlin
Verkehrsanbindung:
U7 Haltestelle Kleistpark
Bus 106 Haltestelle Lindenhof
Bus 204, M48/85, Haltestelle U Kleistpark,
Bus 187, Haltestelle Halbauer Weg


Rudolf-Wilde-Park

Inmitten einer großbürgerlichen, gediegenen Wohngegend wurde um 1900 ein Park als passende grüne Ergänzung zum gehobenen Ambiente des Umfelds angelegt.

Der nach dem früheren Oberbürgermeister Wilde benannte Park erstreckt sich über sieben Hektar vom Rathaus Schöneberg auf mehr als 650 Meter Länge. Dort, direkt an der Bezirksgrenze, geht das Areal in den Volkspark Wilmersdorf über.

Der schöne Baumbestand stammt teilweise aus den Anfängen des Grünzugs, dazu erfreuen den Besucher gepflegte Blumenbeete und Liegewiesen. Im östlichen Teil dieser sehenswerten Anlage entsteht regelrechtes "Kurpark-Feeling": Am Milchhäuschen lädt ein beliebter Biergarten ein - in Berlin durchaus kein Widerspruch!

Inmitten der repräsentativen Brunnenanlage mit ihren Fontänen erhebt sich mit 8,80 Metern Höhe eine Säule, die von einem vergoldeten Hirsch gekrönt wird, der auch das Wappen des Bezirks ziert.

Die gesamte Parkanlage wurde in einer eiszeitlichen Rinne errichtet, deren letztes Überbleibsel der Ententeich am U-Bahnhof Rathaus Schöneberg ist. Auch der teilweise oberirdisch erbaute Bahnhof mit der darüber verlaufenden Carl-Zuckmayer-Brücke gilt aufgrund seiner besonderen Lage und der Sicht auf den Park als einer der schönsten Bauten im Berliner U-Bahnnetz.

Freiherr-vom-Stein-Straße / Fritz-Elsas-Straße, 10825 Berlin

Verkehrsanbindung:
U 4, Haltestelle Rathaus Schöneberg
S 41, 42, 46 Haltestelle Innsbrucker Platz


Naturpark Schöneberger Südgelände

Jüngster Grünzug des Bezirks ist das frühere Areal der Deutschen Reichsbahn, das immerhin 18 Hektar umfasst. Nach Stilllegung der einstigen Strecken von Anhalter- und Dresdener Bahn sowie eines riesigen Rangierbahnhofs hatte sich auf dem Gelände in Jahrzehnten ein regelrechter kleiner "Urwald" von Ruderalvegetation mit der dazugehörigen Fauna entwickelt. Naturfreunde konnten auf dem Gelände unter anderem fast fünfzig Vogelarten bestimmen.

Bald gewann die Idee einer Synthese von Landschaft, Industriegeschichte und Kunst immer mehr Anhänger, und so wurde das gesamte Areal zum "weltweiten Projekt" der Expo 2000.

Aufgrund der besonderen "grünen Verhältnisse" ist inzwischen ein Teil des Areals unter Naturschutz gestellt worden. Hier läuft der Besucher in einer manchmal verwunschen wirkenden Welt über Stahlgitterwege, die teils auf alten Gleisen verankert sind. Darunter können die hier lebenden Tiere problemlos ihre Räume durchqueren.

Immer wieder stößt der Besucher auf Relikte des einstigen Dampflok-Zeitalters. Plötzlich "hält" mitten im Wald eine historische Lokomotive oder man entdeckt einen alten Lokschuppen, in dem Kunstprojekte verwirklicht werden.

In der ehemaligen Brückenmeisterei wurde eine Dauerausstellung zur Geschichte des Geländes eingerichtet, und es gibt im Park sogar einen Aussichtsturm. Den Wünschen vieler Besucher folgend, bietet die alte Brückenmeisterei seit 2009 auch Kaffee und Kuchen an.

Wahrzeichen des Naturparks ist der alte Wasserturm, dessen Inhalt einst der Bevorratung hier entlang dampfender Loks diente.

Eingang S-Bahnhof Priesterweg,
12157 Berlin
Eintritt: 1 Euro
Verkehrsanbindung:
S 2, 25, Haltestelle Priesterweg
Bus 170, M 76, X 76, Haltestelle Bhf. Priesterweg

Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Rudolf-Wilde-Park mit "Schöneberger Hirsch"


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Quelle:
DER RABE RALF - 21. Jahrgang, Nr. 158, Oktober/November 2010, S. 13
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 230, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
Tel.: 030/44 33 91-47, Fax: 030/44 33 91-33
E-mail: raberalf@grueneliga.de
Internet: www.raberalf.grueneliga-berlin.de

Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
Abonnement: 10 Euro/halbes Jahr


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Dezember 2010