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STADT/497: Braunschweig will Wildbienenhauptstadt Deutschlands werden (idw)


Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen - 10.04.2019

Braunschweig will Wildbienenhauptstadt Deutschlands werden


Die Stadt Braunschweig und das Julius Kühn-Institut (JKI) starten das Vorreiterprojekt "Bienenstadt Braunschweig", bei dem über 16 Hektar im gesamten Stadtgebiet wildbienengerecht umgestaltet werden. Das JKI-Institut für Bienenschutz begleitet die Maßnahmen wissenschaftlich. In Gänze investieren Bund, Land Niedersachsen und die Stadt selbst knapp 6 Mio. Euro in das Vorhaben.

(Braunschweig) Oft bleiben die Zimmer der Insektenhotels leer, obwohl diese Nisthilfen für Insekten mit besten Absichten aufgestellt wurden. Auch wohlmeinend ausgebrachte Blühmischungen erfüllen ihren Zweck nicht immer, nämlich bedrohten Insektenarten eine neue Heimat, Schutz und Nahrung zu bieten. "Leider werden etliche Maßnahmen - ohne es zu wissen -an den Bedürfnissen der Insekten vorbei geplant", weiß Henri Greil, Wissenschaftler am Julius Kühn-Institut (JKI) Braunschweig. Der Fachbereich Stadtgrün und Sport und das JKI-Fachinstitut für Bienenschutz sind die Wegbereiter eines neuen einzigartigen Projekts, das bundesweit Schule machen dürfte. "Ziel ist es, Braunschweig in ein Refugium für verschiedene Wildbienenarten zu verwandeln, in dem sie Nahrung und Lebensraum finden", sagt der Erste Stadtrat Christian Geiger, der auch für den Fachbereich Stadtgrün und Sport zuständig ist. Das Projekt "Bienenstadt Braunschweig" wird aus Mitteln des Niedersächsischen Umweltministeriums sowie des Bundesumweltministeriums umgesetzt. Insgesamt wurden etwa 4,6 Millionen Euro Fördermittel von der Stadt eingeworben. Die Stadt steuert Eigenmittel von anteilig 1,2 Mio. bei.

Auf dem Weg Braunschweigs zur "Bienenstadt" sollen auf einer Fläche von rund 100.000 Quadratmetern artenreiche Wiesen entstehen. Das entspricht einer Größe von rund 14 üblichen Fußballfeldern. Auf ca. 30.000 Quadratmetern sind mehrjährige Blühstreifen, sowie artenreiche Staudenpflanzungen geplant. Weiterhin vorgesehen sind sechs Streuobstwiesen und die Pflanzung von 500 Kopfweiden sowie 650 weiterer Bäume als Klimaschutzmaßnahmen. Das Geld aus dem Förderbescheid des Bundesumweltministeriums "Integrierter Klimaschutz mit urbanem Grün" soll mehrfach nützlich sein. Denn die Begrünung von 7.000 Quadratmetern Dachfläche und 7.500 Quadratmetern Fassaden städtischer Gebäude soll nicht nur das Stadtklima verbessern, sondern gleichzeitig den Bedürfnissen der Wildbienen Rechnung tragen.

Bei allen angestrebten Maßnahmen wollen die Experten konsequent durch die "Wildbienenbrille" auf die Stadt und ihre vorhandenen Grünflächen, wie z. B. das straßenbegleitende Grün blicken, um herauszufinden, welche Pflanzenarten für welche Wildbienenarten attraktiv sind. "In Deutschland leben über 560 Wildbienenarten mit unterschiedlichen Ansprüchen. Daher ist es wichtig, die jeweils richtigen Nahrungspflanzen in Kombination mit den bevorzugten Nistmöglichkeiten anzubieten. Zudem muss das Netz der Blühflächen eng genug gewebt sein, sodass sich die Arten innerhalb der Stadt verbreiten und auch ins Umland gelangen können, erklärt Henri Greil vom JKI die Vorgehensweise. "Soweit uns bekannt ist, wird ein derartig ganzheitlicher Ansatz erstmalig in einer deutschen Großstadt verfolgt", sagt Michael Loose. "Jeder bringt seine Kompetenzen ein und wir wollen natürlich auch zur Nachahmung anregen", ergänzt der Fachbereichsleiter für Stadtgrün und Sport.

Um das Ziel der "Bienenstadt Braunschweig" zu erreichen, werden weitere Partner gesucht, die ihre Flächen wildbienenfreundlich gestalten oder das Projekt unterstützen möchten. Unter anderem will die Wohnungsgesellschaft Nibelungen-Wohnbau-GmbH mit Maßnahmen auf eigenen Flächen das Gesamtkonzept ergänzen und das inhabergeführte Braunschweiger Familien-Unternehmen BIHOPHAR das Projekt unterstützen. Die Förderung der Wildbienen soll einen Dominoeffekt für andere Bestäuber wie Schmetterlinge und Schwebfliegen auslösen. Auch andere Tiere wie z. B. Vögel und Fledermäuse profitieren direkt oder indirekt von einem blühenden Pflanzenumfeld. Nicht zuletzt steigt für die Bürgerinnen und Bürger die Lebensqualität in ihrer Bienenstadt Braunschweig.

Aus wissenschaftlicher Sicht ist das Projekt ebenfalls wegweisend. Es wird daher von Partnern aus ganz Deutschland fachlich begleitet, etwa vom Tübinger Wildbienen-Experten Dr. Paul Westrich, der im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) die "Rote Liste der Wildbienen Deutschlands" erstellt hat. Darüber hinaus sind die Kreisgruppe des BUND und Ortsgruppe des NABU durch regelmäßige Arbeitstreffen mit dem Fachbereich Stadtgrün und Sport und dem JKI in der "Projektgruppe Biodiversität" eingebunden.

Hintergrundinfo:
Das JKI und die Stadt Braunschweig haben vor kurzem eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen.

Die Kompetenzen der Partner:
• Institut für Bienenschutz des Julius Kühn-Instituts, Standort Braunschweig: Artspezifische, wildbienengerechte Konzeption sowie die Erhebung und Auswertung von Daten zur Wildbienenfauna
• Fachbereich Stadtgrün und Sport der Stadt Braunschweig: Planung und Umsetzung der oben genannten Maßnahmen, sowie deren Pflege.
• Die Klimaschutzmaßnahmen werden durch das Institut für Geoökologie der TU Braunschweig wissenschaftlich begleitet.

Details zur Förderung:
Teilmaßnahmen innerhalb der Förderbescheide
1) "Förderung der biologischen Vielfalt in der Stadt Braunschweig" mit Mitteln des Niedersächsischen Umweltministeriums (rund 3,4 Mio. Euro).
2) Das Bundesumweltministerium fördert über den Förderbescheid "Braunschweig - integrierter Klimaschutz mit urbanem Grün. Makroklimatische Regulierung durch Pflanzen" im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) (rund 2,4 Mio. Euro).
3) Eigenmittel der Stadt Braunschweig (etwa 1,2 Mio. Euro)

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder unter:
http://idw-online.de/de/news713854
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution248

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen - 10.04.2019
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. April 2019

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