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ATOM/1125: EU-Wettbewerbskommissar Almunia soll AKW-Laufzeitverlängerung stoppen (Dt. Umweltstiftung)


Deutsche Umweltstiftung - Donnerstag, 4. November 2010

EU-Wettbewerbskommissar Almunia soll AKW-Laufzeitverlängerung stoppen


Germersheim, 04.11.10: Der Deutsche Bundestag hat am 28. Oktober 2010 mit der Mehrheit der Regierungskoalition das so genannte Energiekonzept einschließlich der Verlängerung der Laufzeiten der 17 Atomkraftwerksblöcke verabschiedet.

Die Deutsche Umweltstiftung hat das aktuelle Gesetzgebungsverfahren geprüft und festgestellt, dass die zugrundeliegende Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den vier großen Energiekonzernen - ENBW, E.ON, RWE und Vattenfall - eklatant gegen EU-Wettbewerbsrecht verstößt. Zudem hat die Bundesregierung ihre Vorab-Informationspflicht gegenüber der EU verletzt.

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Umweltstiftung, Jörg Sommer, hat sich daher heute an den zuständigen EU-Kommissar Joaquín Almunia gewandt und ihn gebeten, nicht nur ein formelles Kartellverfahren einzuleiten, sondern auch unmittelbar auf die Bundesregierung Einfluss zu nehmen, um das laufende Gesetzgebungsverfahren bis zu dessen Abschluss auszusetzen.


Beteiligung des Bundesrates unabdingbar

Dazu Jörg Sommer: "Nicht nur nach Auffassung der Deutschen Umweltstiftung ist das Energiekonzept mit Ökofonds und Laufzeitverlängerung in sich nicht schlüssig. Diese Meinung vertritt auch der zweithöchste Repräsentant der Bundesrepublik, Norbert Lammers. Die neuen Laufzeiten sind - das sagt sogar der Parlamentspräsident, nicht sachlich begründet, sondern schlicht ausgehandelt worden. Er hält auch die Auffassung der Regierung für falsch, dass der Bundesrat der AKW-Laufzeitverlängerung nicht zustimmen muss. Diese Meinung des zweiten Mannes im Staat kann nicht so einfach vom Tisch gefegt werden. "

Laut Sommer ignoriere die schwarz-gelbe Koalition nicht nur die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung, sondern mit ihrer Vorgehensweise und der Verabschiedung des Energiekonzepts auch wichtige Grundrechte, wie sie im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert sind, wie z. B.:

"Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."
"Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit."
"Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung."

Die Herbeiführung eines Beschlusses des Bundesrates ist nach Auffassung der Deutschen Umweltstiftung schon deshalb erforderlich, weil bei größeren Stör- und Unfällen die Menschen in den Bundesländern, in denen Atomkraftwerke in Betrieb sind, ernsthaft gefährdet sind. Aktuell sind in folgenden Bundesländern AKWs in Betrieb:

Baden-Württemberg: 3 (Neckarwestheim, Philippsburg)
Bayern: 3 (Grafenrheinfeld, Gundremmingen, Isar/Essenbach)
Hessen: 1 (Biblis)
Niedersachsen: 3 (Lingen, Unterweser, Grohnde-Emmerthal)
Schleswig-Holstein: 3 (Brokdorf, Brunsbüttel, Krümmel)

Neben diesen fünf Bundesländern wären die Nachbarländer entlang der Achse von Schleswig-Holstein bis Bayern ebenfalls betroffen.

Bremen durch sechs Atomkraftwerke (AKWs) Lingen, Krümmel, Brokdorf, Brunsbüttel, Grohnde, Unterweser
Hamburg durch vier AKWs Brunsbüttel, Brokdorf, Krümmel, Unterweser
Nordrhein-Westfalen durch die AKWs Lingen, Grohnde, Unterweser
Rheinland-Pfalz durch drei AKWs Biblis, Neckarwestheim, Philippsburg
Saarland durch zwei AKWs Biblis, Philippsburg
Thüringen durch die AKWs Grafenrheinfeld und Grohnde.

Dazu Hans Günter Schmuacher, Geschäftsführer der Deutschen Umweltstiftung:

"Die von CDU bzw. CSU geführten fünf Bundesländer, in denen Atomkraftwerke in Betrieb sind, sollten sich sehr genau überlegen, ob sie sich - wie schon die Bundesregierung - dem Diktat der vier großen Energiekonzerne unterwerfen oder den Begehrlichkeiten der Energielobbyisten widerstehen. "


AKW-Gefährdungsatlas zeigt konkrete Bedrohungslage

Besonders deutlich wird die flächendeckende Bedrohung durch den von der Deutschen Umweltstiftung erarbeiteten AKW-Gefährdungsatlas, der die AKW-Standorte und ihre unmittelbaren Gefahrenzonen plastisch aufzeigt. Der AKW-Gefährdungsatlas kann über die Internetseite der Deutschen Umweltstiftung oder den Buchhandel bezogen werden.


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Quelle:
Pressemitteilung, 04.11.2010
Deutsche Umweltstiftung
Postfach 1355, 76713 Germersheim
Tel: 07274/4767, Fax: 07274/77302
E-Mail: presse@deutscheumweltstiftung.org
Internet: www.presse.deutscheumweltstiftung.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. November 2010