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ENERGIE/1318: Planungs-Chaos in Stade - e.on-Kraftwerk vor dem Aus? (BUND NI)


BUND Niedersachsen - Gemeinsame Pressemitteilung mit der klima allianz und der Deutschen Umwelthilfe

Stade / Hannover / Berlin, 18. August 2009

Planungs-Chaos in Stade - e.on-Kraftwerk vor dem Aus?


Der Energiekonzern e.on plant in Stade eines von drei Steinkohlekraftwerken, die bis 2014 ans Netz gehen sollen. Bisher vertraten e.on und die Stadt Stade hartnäckig die Auffassung, dass das Kraftwerk auf dem Stadersand bereits auf Basis des bestehenden Flächennutzungsplanes bauplanerisch zulässig sei.

Der BUND Stade und die örtlichen Bürgerinitiativen fordern seit langem einen Bebauungsplan (B-Plan), mit dem die Stadt die Planung für eine zukünftige Energieerzeugung aktiv mitgestaltet. Von Seiten der Kommunalpolitik, allen voran Bürgermeister Rieckhof, wurde die Notwendigkeit bisher vehement zurückwiesen. Erst jetzt, da auch e.on nach einem Bebauungsplan ruft, fühlt sich die Stadt zum Handeln aufgefordert.

Stefan Ott, stellv. Landesgeschäftsführer des BUND Niedersachsen, ist überzeugt, dass e.on zwischenzeitlich erkannt hat, dass die derzeitige Plansituation die Voraussetzungen für den Bau eines Kohlekraftwerkes nicht erfüllen. Mit dem Bebauungsplan soll für mehr Rechtssicherheit gesorgt werden. Ott hält dem entgegen: "Wir sind guter Dinge, dass auch ein förmlicher Bebauungsplan die Voraussetzungen für eine Kraftwerksgenehmigung nicht wesentlich verbessern kann, da allein schon die mit dem Kraftwerksbetrieb erforderliche Entnahme und Wiedereinleitung großer Mengen Kühlwasser die Belastungsgrenze der Elbe überschreiten und daher nicht genehmigt werden dürfen." An warmen Sommertagen erreicht die Wassertemperatur der Elbe schon heute die Grenze dessen, was noch verkraftet werden kann. Jedes zusätzliche Einleiten von erwärmtem Kühlwasser würde den Sauerstoffgehalt des Gewässers weiter reduzieren und damit vielen Fischarten die Existenzgrundlage entziehen. Die Umweltauswirkungen eines Kraftwerksbetriebs müssen bereits in der Umweltprüfung zum B-Plan berücksichtigt werden. Schädigende Auswirkungen einer Gewässerbenutzung sind daher schon auf dieser Ebene näher zu untersuchen.

Die Umweltverbände sind überzeugt, dass sich die schädlichen Auswirkungen des Kraftwerks auch auf besonders geschützte Fischarten der Elbe nicht bewältigen lassen. "Stattdessen könnte e.on der Versuch durch einen Bebauungsplan mehr Rechtssicherheit zu bekommen auf die Füße fallen", so Jürgen Quentin, Umweltjurist bei der Deutschen Umwelthilfe. Schon im Genehmigungsverfahren für ein Kohlekraftwerk in Brunsbüttel hätten die Umweltverbände dargelegt, dass die Kühlwasserentnahme den Fortbestand unter anderem der Finte massiv bedrohe, unterstrich Quentin. Es sei zu befürchten, dass mit dem Ansaugen großer Mengen Kühlwasser ein Großteil des Bestandes an Jungfischen vernichtet würde. Die Finte ist eine sehr seltene Fischart und konnte bisher in nennenswertem Umfang an der Unterelbe nachgewiesen werden, weshalb der Fisch auch unter dem besonderen Schutz der europäischen Artenschutzrechts steht. "Die massenhafte Vernichtung der seltenen Fische lässt sich auch nicht durch technische Maßnahmen an den Entnahmebauwerken im erforderlichen Maße verhindern," betonte Quentin. Jede zusätzliche Wasserentnahme würde daher den Fortbestand der Art gefährden und geltendem EU-Recht entgegenstehen.

Wie sensibel Eingriffe in den Wasserhaushalt der Tideelbe sind, musste auch Vattenfall mit seinem Kohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg erfahren. Die Stadt Hamburg kürzte die von Vattenfall beantragte Wasserentnahmemenge drastisch, um die Überwärmung des Gewässers zu vermeiden. Auch bei anderen Kraftwerksprojekten entlang der Elbe dürfte die Gewässernutzung zur Achillesferse werden. Der Energieversorger Gdf Suez, der in Stade ebenfalls den Bau eines Steinkohlekraftwerks plant, hat bisher noch gar kein wasserrechtliches Verfahren in die Wege geleitet. Stattdessen überarbeite man das Wassernutzungskonzept für Stade, wie ein Vertreter von GdF Suez eingestanden hat. Auch Eleas Parebo von der klima allianz appelliert an die Verantwortlichen in der Stadt Stade: "Die Stadt soll endlich den Forderungen ihrer Bürgerinnen und Bürger nach mehr Gesundheitsschutz nachzukommen und im Planverfahren für den Stadersand eine Energieerzeugung vorsehen, die den Gesundheits- und Umweltbelangen der Bürger gerecht wird. Mit einem neuen Kohlekraftwerke ist dies nicht zu erreichen!"


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Quelle:
Presseinformation vom 18.08.2009
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Landesverband Niedersachsen
Goebenstr. 3a, 30161 Hannover
Tel.: 0511/965 69-0, Fax: 0511/662 536
E-Mail: presse.nds@bund.net
Internet: www.bund-niedersachsen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. August 2009